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"Da hab ich mir gedacht, warum muss das heute sein?"

Von Roman Kloibhofer, 07. September 2023, 00:04 Uhr
"Da hab ich mir gedacht, warum muss das heute sein?"
Dieses Lachen sagt alles: Die Freude bei Michael Hell über den Bundessieg im Pflügen war riesig.

BRUNNENTHAL, SANKT FLORIAN. Der Bezirk Schärding ist ein erfolgreicher Bezirk, wenn es um das Wettbewerbspflügen geht. Mit Michael Hell (27) aus Brunnenthal hat der Bezirk nun auch einen Bundessieger und somit Staatsmeister in der Kategorie Standard-Drehpflüge. Er war beim Bundesbewerb in Nickelsdorf im Burgenland für die Landjugend St. Florian/Inn am Start. Im Interview erzählt er, worauf es bei diesem Bewerb ankommt und wie ihn ein dramatischer Zwischenfall beinahe den Sieg gekostet hätte.

Sie sind Bundessieger und Staatsmeister – wie fühlt sich das an?

Schon ziemlich cool. Es ist davor erst mein zweiter Landesentscheid gewesen, den ich dann gewonnen hab, und ich hab mir gedacht, fährst halt hin und gibst dein Bestes. Aber dass es gleich so gut hinhaut, das hätte ich mir nicht gedacht. Na ja, mich hat schon auch der Ehrgeiz gepackt. Wenn man dann gewinnt, ist das der größte Lohn.

Sind Sie Landwirt?

Nein. Aber ich bin in der Landwirtschaft tätig, ich bin Landmaschinenverkäufer und hab ein kleines landwirtschaftliches Lohnunternehmen, in dem ich Dienstleistungen für andere landwirtschaftliche Unternehmen mache.

Wie kommt man auf die Idee, Wettbewerbspflüger zu werden?

Ich bin seit meiner Kindheit mit der Landwirtschaft vertraut, es haben sich daraus Freundschaften entwickelt, dann bin ich zur Landjugend gekommen, dort als Funktionär tätig geworden, und ich habe die Landjugendbewerbe als Zuschauer kennengelernt. Irgendwann hab ich mir gesagt, ich mache auch einmal bei einem Bewerb mit. Technik und Landwirtschaft haben mich schon immer interessiert – so bin ich zum Pflügen gekommen.

Wann sind Sie zum ersten Mal auf dem Traktor gesessen?

Gelernt hab ich Traktorfahren mit sechs Jahren. Das darf man eigentlich gar nicht sagen (lacht), aber so ist’s halt am Land üblich. Gepflügt hab ich zum ersten Mal … ich glaub, da war ich elf Jahre alt.

Was ist nun ein Drehpflug?

Das ist ein Pflug, wie ihn praktisch fast ein jeder Landwirt verwendet. Das heißt, man fährt in die eine Richtung und pflügt, wendet den Pflug und fährt in der gleichen Furche retour. Früher hat man Beetpflüge verwendet, damit ist man im Kreis gefahren.

Wie bereitet man sich auf so einen Bewerb vor? Gelände, Verhältnisse und Böden sind ja verschieden.

Das ist tatsächlich eine große Herausforderung. Bei uns sind die Böden eher lehmig, im Burgenland eher sandig, krümelig und viel trockener. Du hast vier Tage zur Vorbereitung und am ersten Tag hab ich mir schon gedacht: Ich weiß nicht, was das wird … Der Pflug hat nicht das gemacht, was er daheim macht. Man muss viel probieren und ändern, damit man zurechtkommt.

Reichen dazu vier Tage aus?

Offenbar! (lacht) Wenn man ein paar Jahre ackert, hat man schon eine gewisse Routine. Aber es ist trotzdem eine Herausforderung.

Worauf kommt es bei diesem Bewerb an? Erklären Sie uns die Kriterien.

Der Kriterienkatalog umfasst 135 Punkte. Jeder Teilnehmer hat eine eigene Parzelle und der Bewerb fängt mit dem Pflügen einer sogenannten Spaltfurche auf dem abgedroschenen Feld an. Insgesamt muss ein Keil von 16 auf 24 Meter, 100 Meter lang, gepflügt werden. Ich habe im Bewerb noch nie eine 100-Meter-Parzelle gepflügt, und glauben Sie mir, 100 Meter geradeaus fahren ist schon eine gewaltige Herausforderung. Du musst am Traktor genau in Position sitzen, dich nicht viel bewegen und möglichst gerade fahren. Die zehn Furchen werden bewertet. Dann wird angepflügt. Das heißt, man muss den Spalt, den man nach rechts geworfen hat, wieder zurück in die Furche werfen. Und zwar möglichst genau, alles soll ausgefüllt sein und nichts darüber geworfen werden. Gleichmäßigkeit ist da ganz wichtig, und es muss alles gerade sein. Beim Keilpflügen unterscheidet sich der Standard- vom Spezialpflug gewaltig. Daher sind beide Wertungen separat. Es gibt insgesamt sehr viele Details, die im Bewerb bewertet werden.

Mit welchem Gerät arbeiten Sie? Mit dem eigenen Gerät?

Ja. Ich habe einen Vogel&Noot-Pflug, einen Zwei-Schar-Wendepflug, der gehört mir.

Wie lange dauert der Bewerb?

Ungefähr drei Stunden, ganz genau 170 Minuten. Da ist man hochkonzentriert. Es ist aber schwierig, dass man in dieser Zeit zurechtkommt. Je genauer man arbeitet, umso knapper wird’s. Ich hab zum Beispiel nur noch 1:15 Minuten Restzeit gehabt. Wer länger braucht, bekommt Punkteabzüge. Beim Landesbewerb habe ich einmal zwei Minuten überzogen und bin sechs Plätze nach hinten gerutscht. Daher hab ich beim Bundesbewerb alles darangesetzt, dass mir das nicht mehr passiert.

Was Ihnen ja gelungen ist …

Ja – trotz eines großen technischen Gebrechens.

Was ist passiert?

Die Hydraulik hat gestreikt. Mein Traktor ist 22 Jahre alt und hat am Wettbewerbstag gemeint, er muss Probleme machen. Da fragst dich schon, warum das genau an diesem Tag sein muss. Die Nervenbelastung wird in so einem Moment schon riesig, da bist du knapp am Durchdrehen …

Was haben Sie sich in diesem Moment gedacht?

Warum muss das ausgerechnet heute sein? Daher bin ich umso stolzer auf meine Leistung gewesen, das muss ich schon sagen. Ein anderer hätte vielleicht aufgegeben. Ich pflüge seit sieben Jahren und hab nie ein technisches Problem gehabt.

Wie haben Sie das Problem gelöst?

Bei einem technischen Gebrechen erhält man bis zu einer Stunde Zeit zur Reparatur, da wird sehr genau kontrolliert. Ich hab mir beim Pflügen schon gedacht, irgendwas stimmt nicht, weil etwas nicht zusammengepasst hat. Daraufhin hab ich alles einzeln durchgemessen, und nach einer guten halben Stunde haben wir den Fehler in der Hydraulik gefunden.

Was bringt einem so ein Bewerb für die Praxis?

Ich bin ein Mensch, der sehr genau arbeitet. Das ist auch beim Bewerbspflügen notwendig und spiegelt das wider. Aber auch für die Praxis bringt einem das viel, weil man wirklich weiß, wie man einen Pflug einstellt. Das kann ich auch beruflich nutzen, man hat einen anderen Praxisbezug, den man den Landwirten weitergeben kann. Das Pflugeinstellen ist überhaupt sehr komplex, da wirken viele Kräfte aufeinander, das ist nicht so leicht zu erklären. Auch das Geradeausfahren – etwa beim Maisanbau – ist ein Thema. Seitdem ich mich damit befasse, setze ich das in der Praxis um. Und nicht zuletzt hilft einem auch der Umgang mit dem Druck im Alltag weiter.

Drei Stunden Bewerb verlangen auch körperlich was ab. Ist das Sport?

Am Bewerbstag ist das sicher Sport. Ich hab in vier Tagen drei Kilo abgenommen, also dürfte schon was dran sein. Ich glaub, ich bin 20, 30 Mal im Bewerb die 100 Meter lange Parzelle hin- und hergelaufen, da kommt schon was zusammen – vor allem bei über 35 Grad. Man muss ja am Schluss auf einen Zentimeter genau zusammenpflügen können. Man misst, rennt, misst … und stellt den Pflug in kleinen Schritten ein. Körperlich muss man schon in guter Verfassung sein. Aber man muss vor allem psychisch stark sein und die Nerven bewahren.

Haben Sie mit dem Sieg gerechnet?

Mir war schon klar, dass ich sehr gut unterwegs war und es passen könnte. Aber ich wollte nicht zu euphorisch sein.

Und dann wurde ausgiebig gefeiert?

Ja, die Stimmung war phänomenal. Man tritt im Bundesbewerb ja für Oberösterreich an, und meine Pflügerkollegen haben mich auf den Armen nach vorne getragen. Das ist ein unbeschreibliches Gefühl, wenn man dann gefeiert wird.

Wie trainiert man, gibt’s daheim so viele freie Flächen?

Eine gute Frage – ein guter Freund und Nachbar hat mir die Flächen zur Verfügung gestellt. Der ist mir da sehr entgegengekommen.

Betreiben Sie noch eine andere Sportart?

Ich spiele Tischtennis in Schardenberg. Wir spielen in der Bezirksliga. Da macht viel auch die psychische Stärke aus, das hat mir sicher geholfen, ich kann ganz gut mit Druck umgehen.

Welche Ziele haben Sie jetzt noch als Pflüger?

Es gibt zwei Möglichkeiten: Entweder ich wage den schwierigen Schritt in die Kategorie Drehpflug spezial oder ich belasse es bei dem, was ich erreicht habe. Weil man ja aufhören soll, wenn es am schönsten ist. Angebote, den Drehpflug spezial zu fahren, hab ich aber schon von ehemaligen Pflügern bekommen, die gemeint haben, ich könnte das …

Autor
Roman Kloibhofer
Redaktion Innviertel
Roman Kloibhofer

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