Lade Inhalte...
  • NEWSLETTER
  • ABO / EPAPER
  • Lade Login-Box ...
    Anmeldung
    Bitte E-Mail-Adresse eingeben
    Bitte geben Sie Ihre E-Mail-Adresse oder Ihren nachrichten.at Benutzernamen ein.

gemerkt
merken
teilen

Musiktheater Linz: "Die Fledermaus" als rauschendes Fest der Dekadenz

Von Michael Wruss, 22. Oktober 2023, 15:45 Uhr
Im Traumsalon adeligen Überflusses: Fenja Lukas als brillante Adele Bild: Foto: Barbara Pálffy

Thomas Enzinger inszeniert Johann Strauss’ Operette gelungen - der Reinerlös der Vorstellung am 25.  November kommt der OÖN-Christkindlaktion für Menschen in Not zugute

Nicht schon wieder …, aber von Johann Strauss’ "Fledermaus", die am Samstag im Musiktheater nach erst zehn Jahren Pause erneut Premiere hatte, kann man nicht genug bekommen. Ist es doch ein Unterhaltungswerk der Firma Strauss, das in seiner Kritik an der dekadenten Amoral der bürgerlichen Gesellschaft bis heute Gültigkeit hat. Jeder mag sich in einer oder mehreren Rollen wiederfinden. So lässt auch Regisseur Thomas Enzinger Einladungskarten ans Publikum verteilen, alle sind beim Fest des Prinzen Orlofsky dabei.

Daher braucht man nicht allzu viel herumzudoktern, um der Fledermaus ein neues Kostüm anzuziehen, sie passt schon, ohne deswegen dem Fundus eines Museums entrissen zu wirken, genau in jene Zeit, wo alles – auch die Moral – zu zerbröckeln begann. Rauschende Kostüme (Götz Lanzelot Fischer) in einer liebevoll detaillierten Bühne (Bernd Franke), die die Maschinerie voll ausnutzt und nahtlos von der Enge des Eisenstein’schen Wohnzimmers mit elastisch durchlässigen Wänden, die die Freizügigkeit nach draußen dringen lassen, in den Traumsalon adligen Überflusses wechseln. Alles, nicht nur Champagner, in Hülle und Fülle.

Hier tobt sich Thomas Enzinger, der für viel Komik im sonst oft verstaubt trockenen ersten Akt gesorgt hat, vollends aus. So preisen bunt zusammengewürfelte goldglänzende antike Helden den König aller Weine, im Sinne der im 19. Jahrhundert beliebten Tableaux vivants, und Enzinger lässt die High Society, die eigentlich keine ist, so richtig schillern und glänzen. Hier bekommt – neben der spritzig gelungenen Choreografie der Ouvertüre – das Ballettensemble unter der Leitung von Evamaria Mayer seine Spielwiese und "begleitet" gekonnt fast jede Nummer. Mittendrin ein trashig androgyner Orlofsky, ein wenig Conchita Wurst, ein wenig larmoyanter Conférencier.

Die Pause im zweiten Akt verwundert, ist musikalisch nicht optimal, aber ermöglicht den direkten szenischen Übergang zum "schönen, großen Vogelhaus" des dritten Akts. Unter Verwendung originaler Bonmots darf Gefängniswärter Frosch, vielleicht ein wenig zu ausladend, über die aktuelle Dekadenz "grasser" und "kurzer" Prozesse, Inflation und die Ungerechtigkeit der Welt herziehen.

Auch musikalisch hat diese Fledermaus viel zu bieten. Auf der einen Seite viel Schwung und dennoch viel Gefühl bei den Arien, die neu überdacht erklingen. Andererseits ein stilsicherer und mit musikantischem Eifer aufspielendes Bruckner Orchester unter Marc Reibel, das ein feines Fundament für die Solisten legt. Allen voran Fenja Lukas, die eine brillante Adele spielt und sängerisch interpretiert. Gelungen ist auch die Rosalinde von Carina Tybjerg Madsen, die als moderne emanzipierte Frau im Haus Eisenstein die Hosen anhat. Famos: SeungJick Kim als ihr Liebhaber Alfred, höhensicher und tenoral zartschmelzend. Manuela Leonhartsberger geht in der Rolle des Drag-Orlowsky auf und darf bei ihrer großen Arie auf Queens "We Will Rock You" zurückgreifen. Feiner Spielmacher und rächende Fledermaus war Martin Achrainer als Dr. Falke, gekonnt Tomaz Kovacic als Gefängnisdirektor Frank. Ebenso ideal besetzt Jonathan Hartzendorf (Blind) und Tina Josephine Jaeger (Ida). Thomas Mraz war ein vorbildlicher österreichischer Beamter und als Frosch eine Klasse für sich.

Restlos begeisternd: Der für den erkrankten Matjaz Stopinsek eingesprungene Herbert Lippert, einer der wahrscheinlich besten Eisensteins unserer Zeit, der stimmlich beeindruckte und jeden Gag servierte. Bleiben noch der in allen Belangen perfekt agierende Chor, die Statisterie und das brillante Tanzensemble.

Fazit: Operette, wie sie sein soll – kurzweilig, anregend und doch gesellschaftskritisch frivol-pikant.

OÖN-Christkindl: Der Reinerlös der Vorstellung am 25. 11. geht an die OÖN-Benefizaktion, Karten: 0732/7611-400, landestheater-linz.at

mehr aus Kultur

"Briefgeheimnisse" in Gmunden: "Danke, dass Sie nicht entrümpelt haben"

Wenn Kunst zum Mittel der Unterdrückung wird

"Zauberflöte": Welser-Möst dirigiert die Neuinszenierung an der Staatsoper

Kreuzhubers starke Begegnungen mit Bruckner

Autor
Michael Wruss

Interessieren Sie sich für dieses Thema?

Mit einem Klick auf das “Merken”-Symbol fügen Sie ein Thema zu Ihrer Merkliste hinzu. Klicken Sie auf den Begriff, um alle Artikel zu einem Thema zu sehen.

Lädt

info Mit dem Klick auf das Icon fügen Sie das Schlagwort zu Ihren Themen hinzu.

info Mit dem Klick auf das Icon öffnen Sie Ihre "meine Themen" Seite. Sie haben von 15 Schlagworten gespeichert und müssten Schlagworte entfernen.

info Mit dem Klick auf das Icon entfernen Sie das Schlagwort aus Ihren Themen.

Fügen Sie das Thema zu Ihren Themen hinzu.

0  Kommentare
0  Kommentare
Die Kommentarfunktion steht von 22 bis 6 Uhr nicht zur Verfügung.
Zu diesem Thema wurden noch keine Kommentare geschrieben.
Neueste zuerst Älteste zuerst Beste Bewertung
Aktuelle Meldungen