Koalition: Kogler nimmt Kurz-Richter vor Angriffen aus der ÖVP in Schutz

WIEN. Zum Auftakt eines "Superwahljahres" haben der Presseclub Concordia und die Vereinigung der Parlamentsredakteurinnen und -redakteure mit dem Format "Offen gefragt" ein lang verfolgtes Projekt umgesetzt. Ähnlich der deutschen "Bundespressekonferenz" werden Spitzenpolitiker von Journalisten aufs Podium gebeten, um ohne Einschränkungen deren Fragen Rede und Antwort zu stehen. Erster Gast in der von Christoph Kotanko, Wien-Korrespondent der OÖNachrichten, moderierten Reihe war Vizekanzler Werner Kogler.

Dass die ÖVP nach der Falschaussageverurteilung von Ex-Obmann Sebastian Kurz dem Richter Befangenheit vorwirft und auch Justizministerin Alma Zadic (Grüne) angreift, kritisierte Kogler: Im Berufungsverfahren würden auch derartige Bedenken geprüft. Darauf müsse auch ein VP-Generalsekretär (Christian Stocker, Anm.) "gefälligst warten".

Verteidigen musste der Grünen-Chef auch, dass seine EU-Spitzenkandidatin Lena Schilling die Frage von ORF-Satiriker Peter Klien, ob nun Norwegen ein EU-Mitgliedsstaat sei, nicht beantworten konnte. "Fehler mach ma alle", kommentierte Kogler den Lapsus.

Ein Thema war auch der umstrittene Besuch von Kanzler Karl Nehammer (VP) beim russischen Präsidenten Wladimir Putin vor zwei Jahren – den dieser, "wenn es hilft", wiederholen würde. Auch für den Grünen-Chef "war es einen Versuch wert". Bei den Sanktionen gegen Russland wegen des Angriffs auf die Ukraine "sollten wir eine Schraube anziehen". Dass Österreich EU-Waffenlieferungen an die Ukraine unterstütze, sei kein Bruch der Neutralität.

Der FPÖ von Herbert Kickl wirft der Vizekanzler vor, auch in Österreich die "Orbanisierung" zu verfolgen. Auch in Ungarn gebe es den Verdacht der Korruption, "das passt zu den blauen Brüdern".

Offener Klimaschutz

Beim Streit um den Klimaschutz-Plan zwischen den Ministerinnen Eleonore Gewessler (Grüne) und Karoline Edtstadler (VP) gehe es um einen kleinen offenen Teil der Emissionsreduktionen, die man großteils eingeleitet habe.

Vollständig einig sieht der Vizekanzler die türkis-grüne Bundesregierung beim offenen Projekt Bodenschutz. Demnach wäre die Obergrenze bei der Verbauung von Flächen bei 2,5 Hektar pro Tag. Der Ball liege allein bei Gemeinden und Ländern. Wobei für Kogler ohnehin noch lange ausreichend Bauland vorhanden sei: Allein "in Oberösterreich ist jetzt schon so viel Fläche gewidmet, dass man dorthin alle Gebäude von Wien transferieren könnte".

Bei der kontrollierten Freigabe von Cannabis, wie sie vom deutschen Bundestag beschlossen wurde, will Kogler zunächst beobachten, welche Erfahrungen man im Nachbarland damit macht. Er neige der Position des deutschen Gesundheitsministers Karl Lauterbach (SPD) zu. Das Herauskommen aus dem Schwarzmarkt werde vermutlich die Qualität der Produkte erhöhen und den Umstieg auf härtere Drogen reduzieren.