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Österreich im Notbetrieb, Ausgang wird eingeschränkt

Von nachrichten.at/apa   15.März 2020

Die aktuellen Zahlen:

  • Mit Stand 15 Uhr liegen österreichweit 860 Fälle einer COVID-2019-Erkrankung vor (Samstag, 8 Uhr: 602 Fälle). 8167 Tests wurden bisher durchgeführt.
  • In Oberösterreich haben sich 166 Personen mit dem Coronavirus angesteckt. Zur aktuellen Lage in Oberösterreich.
  • Das am Sonntag von Nationalrat und Bundesrat beschlossene "COVID-19 Gesetz" ist am Abend im Bundesgesetzgeblatt veröffentlicht worden. Damit ist der Weg frei für die von der Regierung ab Montag angekündigte Stillegung weiter Teile des Handels und der Gastronomie. Zur Abfederung der Krisenfolgen ist ein 4 Mrd. Euro-Schwerer Fonds vorgesehen. (>> Das "Covid-Gesetz" im Wortlaut)

"Verkehrsbeschränkungen" für ganz Österreich

Das Coronavirus sorgt dafür, dass Österreich ab Montag still steht. Per "Ausgangsbeschränkung" wird die Bewegungsfreiheit im öffentlichen Raum massiv eingeschränkt. Alle Menschen sollen in ihren Wohnungen bleiben. Aufsperren dürfen nur noch Geschäfte, die der Grundversorgung dienen. Die Gastronomie darf noch einmal bis 15.00 Uhr offen haben, Unis, Schulen und Kindergärten werden "geschlossen".

Von der Ausgangsbeschränkung gibt es nur vier Ausnahmen: Berufsarbeit, die nicht aufschiebbar ist, dringend notwendige Besorgungen und Hilfe für andere Menschen. Darüber sind auch Spaziergänge gestattet, sofern diese alleine oder im Familienverbund (Personen, die in einem Haushalt leben), gemacht werden. Die Maßnahmen werden von der Polizei kontrolliert, im Bedarfsfall drohen empfindliche Verwaltungsstrafen.

Schulen und Kindergärten werden zwar nicht zugesperrt. Kinder, für die es keine andere Möglichkeit gibt, werden weiter betreut. Aber der Unterricht bzw. die Kindergartenpflicht sind ausgesetzt. Die Schüler erhalten Übungsaufgaben, wo möglich wird auf Distance Learning umgestellt. Dies ist auch an den Universitäten der Fall, die ab Montag zu sind. Eltern, die für die Betreuung der Kinder daheimbleiben müssen, können beim Arbeitgeber um Sonderbetreuungszeit ansuchen. Gewährt er sie, bekommt er ein Drittel der Lohnkosten vom Bund.

Arbeitnehmer, die aufgrund der Coronakrise nur zum Teil oder nicht mehr im Einsatz sind, können ab Montag die neue Kurzarbeitsregelung nutzen. Zudem werden ehemalige Zivildiener und die Miliz eingezogen.

Weiters wird der Flugverkehr weitgehend eingestellt. Kurz appellierte am Abend an alle Österreicher im Ausland, sich "dringendst auf den Weg" heim zu machen oder das Außenministerium zu kontaktieren, um heimgeholt zu werden. Derzeit werde der Flugverkehr noch auf "Minimalbetrieb" durchgeführt, um Menschen heimzuholen.

Eindringlicher Appell

Kurz hat Sonntagabend in einer Fernsehansprache abermals an die Österreicher appelliert, die am Vormittag verkündeten Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus mitzutragen. Die Einschränkungen der Bewegungsfreiheit samt komplettem Veranstaltungsverbot seien "massiv", aber nötig, um Leben zu retten. "Und je mehr Menschen mittun, umso mehr Leben retten wir", sagte Kurz.

Das Coronavirus treffe Österreich und die EU "mit einer unglaublichen Härte", stellte der Kanzler fest - und schilderte die Lage in Italien in aller Deutlichkeit: Das Gesundheitssystem stehe dort vor dem Zusammenbruch, Sterbende müssten sich wegen der Ansteckungsgefahr von ihren Angehörigkeiten am Handy verabschieden, Ärzte müssten entscheiden, wer eine lebensrettende Behandlung bekommt und wer nicht. Das sage er nicht, um "Angst zu machen", betonte Kurz, sondern weil es immer noch Menschen gebe, die beschwichtigen und "die Dinge schönreden- 

ÖBB dünnen Fahrplan aus

Die ÖBB haben am Sonntag darüber informiert, dass aufgrund der aktuellen Corona-Entwicklungen der Reisezugverkehr innerhalb Österreichs zunehmend ausgedünnt werden wird - ähnlich einem Fahrplan am Wochenende. "Wir werden alle wichtigen Verbindungen, gerade in und um die Ballungszentren aufrechterhalten", so ÖBB-Kommunikationschef Sven Pusswald. Die Mitarbeiter sind angehalten die Züge und Busse nur noch betriebsnotwendig zu führen. (Zu den Details)

Strafen bis 3600 Euro drohen

Die Beschränkungen, die am Sonntag beschlossen wurden, werden laut Bundeskanzleramt ab Montag von der Polizei kontrolliert. Der Nationalrat hat am Sonntag mittels Abänderungsantrag explizit klar gemacht, dass die Sicherheitsbehörden bei Zuwiderhandeln gegen die neuen Gebote zur Bekämpfung des Coronavirus Zwangsmittel anwenden können. Wer sich nicht an die Maßnahmen hält, riskiert empfindliche Verwaltungsstrafen. 

Die Regelungen im Detail: Man kann sich zwar abseits der drei Ausnahmen weiterhin im öffentlichen Raum aufhalten, etwa für Spaziergänge, dies aber nur alleine oder mit Personen, mit denen man zusammenlebt. 

Werden Personen von der Exekutive alleine angetroffen, gibt es laut Auskunft aus dem Kanzleramt keine Maßnahmen. Werden Gruppen angetroffen, werden diese darauf hingewiesen, "dass sie sich auflösen sollen", hieß es im Kanzleramt. Dies soll auch schon am Sonntag erfolgen.

Ab Montag drohen dann bei Zuwiderhandeln Verwaltungsstrafen in Höhe von bis zu 2.180 Euro. Strafen sind auch möglich, wenn man die Platzverbote - etwa für Spielplätze - missachtet: Hier ist mit Verwaltungsstrafen in Höhe von bis zu 3.600 Euro zu rechnen. Die Regierung appelliert aber an die "Vernunft und Eigenverantwortung", wie es hieß.

Flugverkehr wird weitgehend eingestellt

Der Flugverkehr von und nach Österreich werde "fast zum Erliegen kommen", erklärte Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) am Sonntag in der "Sonder-ZiB" zur Coronakrise - und appellierte an alle Österreicher im Ausland, sich "dringendst auf den Weg" heim zu machen oder das Außenministerium zu kontaktieren, um heimgeholt zu werden.

Derzeit werde der Flugverkehr noch auf "Minimalbetrieb" durchgeführt, um Menschen heimzuholen. Aber sobald dies abgeschlossen ist, werden alle Flüge in Corona-gefährliche Gebiete gestoppt, betonte Kurz. Am Sonntag hat die Regierung - nach Schweiz, Spanien und Frankreich - weitere Flugverbote für Russland, Ukraine, Großbritannien und die Niederlande bekanntgegeben.

Verstärkung durch Zivildiener und Miliz

Zivil- und Grundwehrdiener, die derzeit ihren Dienst verrichten, werden dies länger tun müssen. Ihr Dienst wird verlängert. Das kündigten Zivildienstministerin Elisabeth Köstinger und Verteidigungsministerin Klaudia Tanner am Sonntagnachmittag an. Zusätzlich sind ehemalige Zivildiener aufgerufen, sich freiwillig für den Dienst in der Corona-Krise zu melden. Wenn das nicht reicht, werden ehemalige Zivildiener zwangsweise einberufen. (Details dazu hier). 

Kurz: "Versorgung ist gesichert"

Dass die Restaurants ab Dienstag komplett geschlossen werden, also nicht einmal mehr bis 15 Uhr offen haben dürfen, begründete der Kanzler damit, dass die Versorgung über die Supermärkte und Lieferdienste gesichert sei.

Kurz betonte, dass Österreich auf einen Notbetrieb heruntergefahren werden müsse und erinnerte auch daran, dass die Geschäfte ab Montag in nicht alltagsnotwendigen Branchen schließen müssten und auch an den Schulen keine Unterrichtspflicht mehr bestehe. Basis für all dies ist ein großes Sondergesetz, das heute von National- und Bundesrat beschlossen wird.

Anschober: "Jeder Einzelne ist gefragt"

Gesundheitsminister Rudi Anschober (Grüne) hat im Nationalrat zum Zusammenhalten der Österreicher aufgerufen. "Es liegt in unserer Hand, dass wir es schaffen, dieses Virus auszuhungern", sagte er.  Anschober betonte, dass es einerseits um die Einschränkung der sozialen Kontakte, andererseits um Solidarität mit besonders Schutzbedürftigen gehe. Auch die Spitäler müssten für die kommenden großen Herausforderungen geschützt werden. "Jeder Einzelne ist gefragt."

"Wenn wir jetzt alle zusammenhalten", sagte er, "dann können wir das schaffen, dann können wir diese schwere Krise tatsächlich bewältigen."

Innenminister Karl Nehmanner (ÖVP) betonte, dass die Polizei dem Motto verpflichtet sei, zu schützen, zu helfen und gegebenenfalls auch zu sichern. Man werde auch in fordernden Zeiten die Ordnung aufrechterhalten, sagte er. Die Exekutive verfüge über eine "Durchhaltefähigkeit für mehrere Monate". Er könne den Österreichern vermitteln: "Für Ihre Sicherheit ist 24 Stunden, sieben Tage die Woche gesorgt."

Mit Sonntagfrüh liegen in Österreich 800 nachgewiesene Corona-Erkrankungen vor. Damit setzt sich die Steigerung der letzten Tage so wie in allen Ländern Europas auch in Österreich fort. Am vergangenen Mittwoch früh lagen noch 206 Fälle vor, am Donnerstag 302, am Freitag 428, am Samstag waren es 602 Erkrankte. Aktuell befinden sich zehn Patienten in Intensivbetreuung, weitere 98 in Spitalsbehandlung. Mehr als 85 Prozent können in häuslicher Pflege die in ihrem Fall leichte Erkrankung ausheilen. 100 Erkrankte sind älter als 64, weitere 100 zwischen 55 und 64 Jahre, alle anderen Betroffenen sind jünger.

  • Video: Bundeskanzler Sebastian Kurz kündigte im Nationalrat weitere Maßnahmen an:

Kogler mahnt in drastischen Worten zum sozialen Rückzug

Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) hat im Nationalrat in drastischen Worten dazu aufgerufen, alle Sozialkontakte ab sofort extrem einzuschränken. Dass sich weiterhin Menschen in Parks versammelten oder die Einkaufsstraßen bevölkerten, wie ihm zuletzt berichtet worden sei, müsse sofort aufhören. Sportvereinen drohte er mit Subventionsentzug. "Das kann es nicht mehr sein, dass darf es nicht mehr sein", sagte Kogler. Man werde "alles tun, um das zu unterbinden, dass es das nicht mehr gibt". Entsetzt zeigte er sich über Nachrichten, dass Sportvereine noch immer Trainings für Kinder und Jugendliche abhielten.

"Wer es nicht versteht, von den Sportvereinen jetzt, wer ab Montag, ab morgen das nicht einhält, der kann sich einmal jahrelang von Förderungen verabschieden", sagte er, schränkte gleichzeitig aber ein, hier keine Anweisungsbefugnis zu haben. Dennoch: "Ich meine das ernst: Es sollen sich alle daran halten, und die, die sich nicht daran halten, dürfen auch mit Konsequenzen rechen."

"Halten Sie Abstand, das ist das, was am meisten hilft", so der Vizekanzler und Sportminister weiter. Viele hätten das noch nicht genug verstanden. "Bitte halten Sie sich daran, und machen Sie nurmehr die notwendigsten Erledigungen außerhalb Ihrer Wohnung. Treffen Sie sich auf keinen Fall in kleineren oder größeren Gruppen."

Menschen hätten das Problem zu verstehen, was ein exponentieller Zuwachs der Fälle bedeute. Er sprach daher von einer "explodierenden Zunahme". Das Erreichen der 100.000er-Grenze drohe demnächst. Es gehe darum, Verhältnisse wie in der Lombardei oder in Bergamo zu verhindern.

Dank sagte er den Supermarktverkäuferinnen als "Heldinnen des Alltags", aber auch allen anderen Helfern, etwa Lehrern, Pflegern und Ärzten. Es gehe ums Zusammenhalten und Zusammenhelfen, so Kogler.

  • Video: Die emotionale Rede von Vizekanzler Werner Kogler:

"Größte Herausforderung seit dem Zweiten Weltkrieg"

In einer "ZiB Spezial" am Samstagabend betonte Kurz, man dürfe hier nicht irgendetwas beschönigen und meinen, das Vorgehen gegen die Krankheit sei übertrieben. Er müsse mit aller Deutlichkeit aussprechen, "was da noch auf uns zukommt". 

"Die Krankheit bringt Leid und vielen Menschen den Tod", so Kurz. Der Bundeskanzler erinnerte an die Lage in Italien, wo es "hundert Tote pro Tag" gebe. Angehörige müssten sich von ihren sterbenden Angehörigen am Telefon verabschieden. Ärzte müssten entscheiden, wen sie noch behandeln könnten, weil nicht genügend Kapazitäten vorhanden seien.

  • Video: Bundeskanzler Sebastian Kurz im "ZiB 2 Spezial" über die Maßnahmen der Bundesregierung:

Kurz verwies auch darauf, dass in den Bundesländern Lazarette errichtet würden, sollte in den Spitälern nicht genügend Platz für Corona-Patienten sein. Angesichts dieser dramatischen Lage werde die Republik ab Montag auf Notbetrieb heruntergefahren, es werde nur einen Minimalbetrieb geben. Man müsse aber darauf achten, dass das System handlungsfähig bleibe, und man habe deshalb eine Vorlaufzeit eingeplant.

Der Kanzler appellierte an die Bürger, ihren Beitrag zu leisten, um die Ausbreitung des Virus zu stoppen. Dazu gehöre unter anderem, nur aus dem Haus zu gehen, wenn es unbedingt nötig sei, und Hygieneregeln einzuhalten. Er hoffe, dass man nach Ostern das wirtschaftliche und gesellschaftliche Leben wiederaufleben lassen könne. "Wir stehen vor der größten Herausforderung in Österreich seit dem Zweiten Weltkrieg", so Kurz.

Hinsichtlich des von der Regierung bereitgestellten Soforthilfepakets in der Höhe von vier Milliarden Euro versicherte der Kanzler, es gebe kein Limit, wenn es darum gehe, die Arbeitsplätze und wirtschaftliche Stabilität sicherzustellen.

"Glauben Sie den Beschwichtigungen nicht!"

Kurz (ÖVP) appellierte am Samstagabend zudem an die Bevölkerung, die Lage ernst zu nehmen: "Nehmen Sie die Situation ernst und glauben Sie den Beschwichtigungen nicht!", hieß es in einem Tweet des Bundeskanzlers. "Nur gemeinsam können wir die Ausbreitung des Coronavirus verlangsamen."

 

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27. April 2024