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Koalitionsbruch: Kurz will bis zur Wahl mit Experten regieren

Von Lucian Mayringer   21.Mai 2019

Tag zwei nach der Neuwahl-Ansage von Sebastian Kurz stand gestern im Zeichen des taktischen Geduldspiels zwischen den scheidenden Partnern. Am Ende kündigte Kurz eine Regierungsumbildung mit Experten in den blauen Ressorts an.

Im Mittelpunkt stand die Forderung des VP-Obmanns nach einem Rücktritt von Innenminister Herbert Kickl (FP) als Voraussetzung für die Fortsetzung der türkis-blauen Regierungsarbeit bis zum Wahltermin im September. Kickl und der neue FP-Obmann Norbert Hofer legten am Vormittag mit einem Konter vor. Hofer stellte klar, dass bei einem Abschuss Kickls die blaue Mannschaft geschlossen die Regierung verlassen werde.

Tatsächlich wurden in den FP-geführten Ministerien über den Tag schon emsig Kisten gepackt. Kickl, der Kurz "kalte und nüchterne Machtbesoffenheit" vorwarf, ging in die Gegenoffensive: Ihm persönlich gehe es nicht um Positionen. Der Kanzler müsse nur einen anderen FP-Kandidaten für das Innenressort akzeptieren. Dessen Bedenken, dass Kickl als ehemaliger FP-Generalsekretär für die Aufklärung der im Ibiza-Video von Heinz-Christian Strache angesprochenen illegalen Parteienförderung zuständig wäre, hätten sich damit erledigt.

Nach Rücksprache mit dem Bundespräsidenten zog Kurz am Abend dennoch die Reißleine: Er werde Alexander Van der Bellen um Kickls Entlassung ersuchen. Dem FP-Chefideologen warf der Kanzler vor, in der Vertrauenskrise nach dem Ibiza-Video "nicht die notwendige Sensibilität" zu haben. Das zeige sich an Kickls Versuch, den höchst umstrittenen Generalsekretär im Innenressort, Peter Goldgruber, als Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit zu bestellen. Eine Rochade, die an Van der Bellen, dessen Zustimmung nötig wäre, gescheitert ist.

Video: FPÖ-Minister treten geschlossen ab

Ein turbulenter Tag

10.30 Uhr: In der FP-Zentrale wird bekräftigt, dass bei einem Rauswurf von Herbert Kickl alle FP-Minister zurücktreten. Kickl bietet Kanzler Kurz an, statt ihm einen anderen FP-Innenminister zu installieren.

12.30 Uhr: Sebastian Kurz kritisiert Kickl nach dem VP-Vorstand zwar für die versuchte Beförderung seines Generalsekretärs Goldgruber scharf. Seinen Rückzug fordert er aber nicht mehr explizit.

14.00 Uhr: Kurz und danach Hofer berichten nacheinander Bundespräsident Alexander Van der Bellen – und verlassen die Hofburg kommentarlos.

18.30 Uhr: Kurz kündigt Kickls Rauswurf und die Nachbesetzung der FP-Minister durch Beamte an.

Video: SPÖ-Chefin Rendi-Wagner fordert Expertenregierung

Experten und Spitzenbeamte

Für die in der FP-Zentrale stundenlang wartenden FP-Spitzen waren die Würfel gefallen: "Wir stellen ab sofort die Ministerien zur Verfügung", sagte Hofer. Damit stand fest, dass Kurz "in den nächsten Tagen" sechs FP-Minister ersetzen muss. Das sind neben Hofer und Kickl Mario Kunasek (Verteidigung), Karin Kneissl (Äußeres), Beate Hartinger-Klein (Soziales) und der zurückgetretene Vizekanzler Strache.

Er werde dem Bundespräsidenten "Experten beziehungsweise Spitzenbeamte" vorschlagen und mit dieser Regierungsmannschaft "bis zum Wahltag Stabilität sowie Mitsprache auf EU-Ebene gewährleisten", erklärte Kurz. Mit diesem Expertenkabinett wird Kurz angreifbar. Bereits für eine Sondersitzung am Montag hat Peter Pilz (Jetzt) einen Misstrauensantrag gegen Kurz angekündigt. Kickl droht nach seinem Rauswurf mit Gleichem: "Der Hausverstand sagt einem, dass es relativ schwer ist, von jemandem das Vertrauen zu verlangen, der einem gerade das Misstrauen ausgesprochen hat."

Ob der Kurs der FP Richtung totale Konfrontation oder staatstragende Zurückhaltung geht, ist unklar. Für Hofer ist es "wirklich noch offen", ob man einen Misstrauensantrag gegen Kurz unterstützen würde. Ihm sei jedenfalls Stabilität "sehr, sehr wichtig".

Nach dem Platzen der Koalition ist Kurz auf die Duldung durch die FPÖ oder die SPÖ angewiesen. Gibt es für einen Misstrauensantrag eine Mehrheit, wäre der Kanzler abgesetzt. Es sei "eine sehr ernste Situation für die Republik", in der jede Partei ihre Verantwortung trage, sagte Kurz.

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