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Rückkehr der Botschafter vereinbart

Von nachrichten.at/apa   16.Juni 2021

Biden und Putin trafen einander gegen 14.00 Uhr in einer Villa am Genfer See, wo sie sich zu Beginn für Fotografen kurz die Hände schüttelten. Nach rund eineinhalb Stunden war die erste Gesprächsrunde vorbei, an der auch die beiden Außenminister Antony Blinken und Sergej Lawrow sowie Übersetzer teilnahmen.

Es sei immer besser, sich direkt zu treffen, sagte Biden zum Auftakt. Putin hoffte, dass "das Treffen produktiv sein wird". Die Beziehungen zwischen beiden Staaten sind derzeit äußerst angespannt, Vertreter beider Regierungen hatten zuvor die Erwartungen an die Gespräche gedämpft. Biden hatte Putin zu dem Gipfel eingeladen, um dem russischen Präsidenten "rote Linien" aufzuzeigen. Allerdings wollen die Präsidenten der beiden größten Atommächte auch über gemeinsame Interessen sprechen.

Für die erste Gesprächsrunde waren 75 Minuten vorgesehen gewesen. In einer zweiten Runde wollten Biden und Putin nach einer Pause mit einem erweiterten Kreis ihrer Delegationen zusammenkommen. Daran sollten von russischer Seite Lawrow, der Botschafter Anatoli Antonow, Generalstabschef Waleri Gerassimow und der Vizechef der Präsidialverwaltung, Dmitri Kosak, der auch für den Ukraine-Konflikt zuständig ist, teilnehmen. Auch Putins Sonderbeauftragter für Syrien, Alexander Lawrentjew, sollte dabei sein.

Der US-Sender CNN berichtete, auf US-Seite sollten an der zweiten Gesprächsrunde neben Biden und Blinken auch der Nationale Sicherheitsberater Jake Sullivan, die Top-Diplomatin Victoria Nuland, Russland-Berater Eric Green und der US-Botschafter in Moskau, John Sullivan, teilnehmen. Die Gespräche am Mittwoch waren nach Angaben aus dem Weißen Haus und dem Kreml auf insgesamt vier bis fünf Stunden angesetzt. Danach wollten Biden und Putin in Genf getrennt vor Journalisten treten.

Zu Beginn des Treffens in der Villa La Grange hatte der Schweizer Präsident Guy Parmelin beide Staatschefs einzeln begrüßt und dann noch einmal gemeinsam in der "Stadt des Friedens" willkommen geheißen. Er wünsche den Präsidenten einen fruchtbaren Dialog, im Interesse der beiden Länder und der gesamten Welt. "Alles Gute", sagte Parmelin und richtete danach noch kurze Worte auf Russisch und Englisch an Putin und Biden.

Putin bedankte sich zu Beginn

Putin sagte beim Fototermin in der Bibliothek der Villa zu Beginn: "Herr Präsident, ich möchte Ihnen danken für die Initiative zu dem heutigen Treffen." Er hoffe, dass die Gespräche produktiv würden. "Ich weiß, Sie hatten eine weite Reise. Viel Arbeit. Nichtsdestotrotz haben sich in den russisch-amerikanischen Beziehungen viele Fragen angestaut." Biden erwiderte: "Ich denke, es ist immer besser sich von Angesicht zu Angesicht zu treffen." Der US-Präsident versuchte öfter für die Fotografen zu lächeln, Putin schaute zumeist ernst nach unten.

Zur Analyse

Das Verhältnis zwischen Moskau und Washington ist seit längerer Zeit zerrüttet. Der Gipfel mit Putin ist das erste Treffen der beiden Präsidenten seit Bidens Amtsantritt Anfang des Jahres. Mit der Wahl der Villa La Grange bemühte sich die Schweiz als Gastgeberin, beide Teilnehmer gleich zu behandeln. Die Villa aus dem 18. Jahrhundert, die seit dem Jahr 1917 im Besitz der Stadt Genf steht, ist nämlich aufgrund ihrer Architektur exakt in zwei gleiche Teile teilbar. Damit soll sich keiner der beiden Gipfelteilnehmer benachteiligt fühlen.

Was sind die Knackpunkte?

Zu den Knackpunkten in den russisch-amerikanischen Beziehungen gehören die Entwicklungen in der Ukraine sowie der Umgang der russischen Regierung mit dem Oppositionspolitiker Alexej Nawalny, der derzeit in Haft sitzt. Wie die Europäische Union fordern auch die USA ein Ende der Kämpfe in der Ostukraine sowie die Rückgabe der von Russland annektierten Halbinsel Krim. EU und USA setzen sich zudem für die Freilassung Nawalnys ein. Auch die Entwicklungen in Syrien und in Belarus (Weißrussland) sowie der Kampf gegen Cyber-Kriminalität entzweien die USA und Russland.

Geplant sind in der Villa La Grange am Genfersee auch Gespräche über die strategische Stabilität in der Welt. Experten erwarten, dass Putin und Biden neue Verhandlungen für eine atomare Abrüstung und für eine Kontrolle der Waffenarsenale anstoßen könnten. Fortschritte könnte es auch in punkto Gefangenenaustausch und im diplomatischen Dienst geben.

Zum Auftakt des Gipfels meldete sich in Österreich auch SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner zu Wort. Sie wertete das Treffen auf Twitter als wichtigen Schritt, Konflikte zu überwinden. "Deeskalation im Nahen Osten, nukleare Abrüstung, Steuergerechtigkeit, Klimawandel. Die großen Themen der Zukunft brauchen einen Neustart in den internationalen Beziehungen", betonte die Vorsitzende des außenpolitischen Ausschusses im Nationalrat.

Der US-Präsident ist seit dem späten Dienstagnachmittag in Genf, Putin landete am Mittwochmittag. Biden hatte sich in den vergangenen Tagen bei Verbündeten bei der G7-Gruppe wichtiger Industriestaaten, bei der NATO und bei der EU der Unterstützung für sein Treffen mit Putin versichert. "Ich werde Präsident Putin zu verstehen geben, dass es Bereiche gibt, in denen wir zusammenarbeiten können, wenn er sich dafür entscheidet", sagte Biden nach dem NATO-Gipfel in Brüssel. "Und in den Bereichen, in denen wir nicht übereinstimmen, klarmachen, was die roten Linien sind."

Verhältnis für beide Seiten auf Tiefpunkt

Putin und Biden sehen das von zahlreichen Sanktionen überschattete Verhältnis ihrer Länder übereinstimmend auf einem "Tiefpunkt". Putins Sprecher Dmitri Peskow sagte am Mittwoch der Staatsagentur Tass: "Selbst in der Zeit der sowjetischen Geschichte haben wir nie einen solchen Mangel an Kontakten gehabt.". Diesen Mangel an Dialog gebe es nun "vor dem Hintergrund eines wachsenden Konfliktpotenzials in der Welt". Putins Sprecher verwies auf dringende weltweite Themen wie "regionale Konflikte, Abrüstungsprobleme, Probleme im Bereich der strategischen Stabilität, Rüstungskontrolle".

Putin: "Konstruktive und intensive Gespräche"

Wie Putin im Anschluss mitteilte, vereinbarte er mit Biden die Rückkehr der jeweiligen Botschafter nach Washington beziehungsweise Moskau. Darüber hinaus vereinbarte er mit Biden die Rückkehr der jeweiligen Botschafter nach Washington beziehungsweise Moskau. Der Gipfel dauerte offiziell drei Stunden und 21 Minuten, weniger als von beiden Seiten zuvor in Aussicht gestellt.

Putin nannte die Gespräche in seinem Auftritt "konstruktiv" und "intensiv". Es habe "keine Feindseligkeiten" gegeben. so Putin, der sein Gegenüber als "sehr erfahrenen Menschen" lobte. Man habe zwei Stunden lang zu zweit geredet - das sei nicht mit allen Staatsführern so. Der US-Präsident und er hätten "eine gemeinsame Sprache" gesprochen, sagte Putin.

Themen seien unter anderem die strategische Sicherheit in der Welt, Cybersicherheit, der Ukraine-Konflikt und Interessen in der Arktis gewesen. Putin versicherte diesbezüglich, dass die USA keine Angst vor einer russischen Militarisierung der Arktis haben müssten. Bezüglich der Cybersicherheit seien bilaterale Konsultationen zwischen Moskau und Washington vereinbart worden. Ein hochrangiger Vertreter des US-Justizministeriums hatte Russland zeitgleich zum Gipfel vorgeworfen, Hacker nicht nur zu tolerieren, sondern auch "zu schützen".

Biden: "Putin weiß, dass ich handle"

Nach seinem ersten Gipfeltreffen mit Kreml-Chef Wladimir Putin hat US-Präsident Joe Biden seine Entschlossenheit gegenüber Russland bekräftigt. "Putin weiß, dass ich handeln werde", sagte Biden am Mittwochabend vor Journalisten in Genf. Er werde eine russische Einmischung in die US-Demokratie "nicht tolerieren" und auch weiterhin Menschenrechtsverletzungen durch Russland ansprechen, so Biden. Er betonte zugleich, der Ton des Gespräch sei "gut" und "positiv" gewesen.

Nachdem Putin die Rückkehr der jeweiligen Botschafter sowie einen Dialog zur Cybersicherheit angekündigt hatte, konnte auch der US-Präsident ein konkretes Ergebnis des Gipfels präsentieren. "Ich freue mich, dass wir uns heute darauf geeinigt haben, einen bilateralen strategischen Stabilitätsdialog zu starten", sagte Biden. Militärexperten und Diplomaten beider Länder sollten an einem Mechanismus arbeiten, der zu einer Kontrolle neuer und hochentwickelter Waffen führen könne. Die Gespräche über die strategische Stabilität gelten als wichtiges Signal für die globale Sicherheit.

Biden betonte nach dem Treffen, es gehe darum, demokratische Werte zu verteidigen. Kein Präsident der Vereinigten Staaten könnte das Vertrauen des amerikanischen Volkes halten, wenn dies nicht geschehe. "Das ist einfach Teil der DNA unseres Landes. Also werden Menschenrechte immer auf dem Tisch sein, habe ich ihm gesagt", erklärte Biden. Es müsse einige "grundlegende Regeln" geben, an die sich alle halten.

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26. April 2024