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"Nehmen Sie sich selbst aus der Bedeutung"

Von Susanna Sailer   20.Oktober 2018

LINZ. "Wer Menschen verstehen will, muss sie in Krisensituationen beobachten. Da tritt ihr wahrer Kern zum Vorschein", ist Thomas Müller überzeugt. Der Kriminalpsychologe, Profiler und Buchautor nahm diese Woche die OÖN-Wirtschaftsakademie im Linzer Brucknerhaus zum Anlass, um beim Publikum "das Samenkorn der Resilienz zu säen". Damit meint er innere Stärke und Widerstandsfähigkeit, um kritische Situationen zu meistern.

Müller: "In schwierigen Lagen können Sie die Kontrolle wiedererlangen, wenn Sie sich selbst weiterentwickeln. Probieren Sie etwas anderes aus oder betrachten Sie einen anderen Aspekt." Es brauche dazu die Bereitschaft, einen Perspektivenwechsel vorzunehmen und sich als Persönlichkeit nicht wichtig zu nehmen. "Nehmen Sie sich selbst aus der Bedeutung", rät Müller.

Angst sei zwar für Menschen lebensnotwendig, aber wenn sie lähme, gelte es, etwas dagegen zu tun. Ein Perspektivenwechsel ermögliche, die Ängste der Kunden, Mitarbeiter und Partner zu verstehen.

Es brauche Kenntnis über das eigene Selbstwertgefühl. Diesem käme man mit zwei Fragen auf die Spur: "Was ist meine Bedeutung in Zusammenhang mit anderen Menschen, und was brauche ich, damit es mir gut geht?"

Drei elementare Bereiche

Das Privatleben könne auf Dauer nicht kompensieren, was im beruflichen Umfeld passiere. Wer nur für den Beruf lebe, könne abstürzen. Müller nennt ein Beispiel: "Die Finanzkrise führte allein in Japan zu 21.000 Selbstmorden." Es brauche ein einigermaßen ausgewogenes Verhältnis zwischen Beruf, privater Interaktion mit Menschen und Entscheidungen, die wir ausnahmslos für uns selbst treffen. Müller: "Gefährlich wird es, wenn ein Bereich wichtiger ist als die Summe der beiden anderen." In einem stillen Moment sollte sich jeder fragen, wie er wohl reagieren würde, wenn sein eigenes Selbstwertgefühl zusammenbreche. Denn in guten Phasen sei Zeit, sich selbst zu erkennen und gegenzusteuern. Die gängigste Form einer Reaktion sei, sich eine veritable Neurose zuzulegen, beispielsweise Kaufsucht. Die zweite Möglichkeit wäre, sich in eine "Krankheit der Unfreiheit", etwa in Alkohol- und Drogensucht, zu flüchten. Es sei aber das Dümmste, zu glauben, dass damit alles besser werde. Die gefährlichste Variante, wie Menschen reagieren, wenn es ihnen nicht gut geht, sei bösartiger Narzissmus. "Solche Menschen steigen auf andere drauf. Bei Führungsverantwortung gilt es zu hinterfragen, ob diese Personen in der Lage sind, mit anderen ein Ziel zu erreichen oder ob sie auf Kosten anderer sich selbst nach oben bringen."

Ehrlich kommunizieren und loben

Eine weitere Säule der Resilienz sei eine offene, ehrliche und zeitnahe Kommunikation – und zwar auf persönlichem statt elektronischem Weg. "Lob verändert jeden positiv", sagt Müller. "Wir brauchen es alle, aber wir gehen extrem sparsam damit um."

Müllers Rat: "Fangen Sie mit der Analyse bei sich selber an. Erkennen Sie etwas an sich, werden Sie es auch bei anderen können."

 

Die nächste OÖN-Wirtschaftsakademie findet am Dienstag, 20. November, im Linzer Brucknerhaus statt. Der deutsche Psychiater, Psychologe und Bestsellerautor Manfred Spitzer wird sich dem Thema "Risiken und Nebenwirkungen digitaler Medien" widmen. Beginn: 18.30 Uhr. Informationen und Kartenbestellung

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