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Bauen und planen: Warum Orte zu "sehr großen Bauernkrapfen" werden

Von Alexander Zens   12.Jänner 2019

Welche Rolle spielt Architektur in Oberösterreich? Wie können Projektentwicklung und Raumordnung verbessert werden? Wie kann Bauen und Wohnen leistbar bleiben? Diesen Fragen widmete sich der Runde Tisch, den die OÖNachrichten anlässlich des oberösterreichischen Architekturpreises Daidalos veranstalteten.

Baukultur habe immer die Menschen und Regionen geprägt, sagte Max Hiegelsberger, Landesrat für Landwirtschaft und Gemeinden. Früher sei die Bewertung vor allem an der Funktionalität und der Verfügbarkeit von Materialien ausgerichtet gewesen. Was er heute vielfach sehe, seien "offene Bauten und interessante Eingangsportale", auch bei öffentlichen Bauten.

Man könne es aber auch übertreiben mit der Öffnung nach außen, sagte Rudolf Wernly, Präsident der Ziviltechnikerkammer für Oberösterreich und Salzburg. Er sprach große Glasflächen an, deren Nutzung bei manchen Gebäuden nicht mehr sinnvoll sei.

Die Linzer Architektin Anna Moser, Daidalos-Preisträgerin 2017, merkte an, dass es im "Erscheinungsbild" in Oberösterreich "Potenzial nach oben" gebe. Das Feld jener, die bei Ausschreibungen einreichen, sei zu groß. "In anderen Ländern muss die Ausbildung in Gestaltung, Entwurf und Städtebau fundierter sein, um Projekte entwickeln zu dürfen."

Tobias Hagleitner, OÖNachrichten-Architekturkritiker und Daidalos-Jury-Mitglied, sieht einen positiven Wandel im Architekturbegriff: Star-Allüren und Eitelkeit um das eigene Objekt würden zusehends aufgegeben. "Das ist ein Trend, den es auch in Oberösterreich gibt, vor allem in der jungen Generation der Architekturschaffenden." Heinz Plöderl, Sektionsvorsitzender der Architekten in der Ziviltechnikerkammer, sagte zur Entwicklung des Baus im Land: "Spitzenleistungen sind besser geworden, der Durchschnitt ist aber um ein Vielfaches schlechter geworden." Das spiegle sich in der mannigfaltigen Zersiedelung des Landes. Zersiedelung, aussterbende Ortszentren, Flächenfraß und Raumordnung nahmen viel Raum in der Diskussion ein.

Plöderl verglich Dörfer mit "sehr großen Bauernkrapfen". "Ein dicker, geschmackiger Rand, und in der Mitte ganz dünn." Das sei in den vergangenen zehn Jahren stark fortgeschritten, Substanz werde zerstört. Es gebe kein Bewusstsein für baukulturellen Bestand. "Aber die Diskussion um ein neues Raumordnungs-Gesetz heuer in Oberösterreich ist eine Riesenchance."

"Instrumente nutzen"

Moser betonte, dass "alte Strukturen in der Öffentlichkeit geschätzt" werden müssten. "Man darf nicht versuchen, eine Renovierung in einen Neubau umzugestalten." Bewohnern und Besitzern müsse bewusst gemacht werden, welch ressourcenschonendes und funktionales Potenzial alte Gebäude hätten. Das sei wichtiger als Schiebetüren oder Doppelgaragen, so Moser.

Wernly sieht als Hauptproblem, dass beinahe vor jedem Ort schon ein Einkaufs- oder Fachmarktzentrum stehe. "Die Kerne sterben."

Hagleitner sagte, dass es in der Raumordnung schon In

strumente, Regelwerke, und Sanktionierungs-Möglichkeiten gebe, um Zersiedelung und Flächenfraß einzudämmen, nur würden sie nicht genug eingesetzt. "Es braucht einen Kulturwandel, vor allem in Bezug auf die Ressource Boden." Für Bürgermeister und Gemeinden seien gewisse Kompetenzen auch eine Bürde. "Es entsteht ein Konkurrenzkampf um Betriebe und Fachmarktzentren, Verlierer sind Landschaft, Boden und Siedlungsstruktur", sagte Hagleitner.

Plöderl kann sich eine neue Beirats-Struktur in der Raumplanung vorstellen, etwa mit einem Landesbeirat ganz oben. Und Moser schlug ein Sachverständigen-Gremium für Gestaltung und Städtebau vor. Derzeit gebe es Sachverständige für baurechtliche und technische Überprüfungen von Projekten, hier werde auch hervorragende Arbeit geleistet.

Hiegelsberger sagte, dass man gemeinsam mit dem neuen Raumordnungslandesrat Markus Achleitner an Änderungen arbeite: "Künftig wird sich ein Ortsbildbeirat schon vor Projektbeginn mit einem Vorhaben beschäftigen, nicht erst nach Fertigstellung wie derzeit." Auch entwickle das Land ein überregionales Programm, das Achleitners Vorgänger Michael Strugl angestoßen habe. "Künftig wollen wir klar definieren, wo es Betriebsbaugebiete geben kann, wo Wohnbau, und welche Flächen absolut frei gehalten werden sollen", sagte Hiegelsberger.

"Unmoralische Angebote"

Der Landesrat wies auch auf schwierige Aspekte hin, etwa den Finanzausgleich zwischen Bund, Ländern und Gemeinden, der Bewohnern in Städten einen höheren Wert als auf dem Land beimesse. "Auch gibt es unmoralische Angebote gegenüber Bauern", sagte Hiegelsberger. Es würden hohe Preise für Nutzflächen geboten, die Ertragskraft der Landwirtschaft sei geringer. Da würden natürlich viele verkaufen, besonders bei einem Generationswechsel.

Was viele Leute massiv beschäftigt, ist, wie Bauen und Wohnen in Zukunft leistbar bleiben kann. Hiegelsberger und Wernly wiesen vor allem auf den Anstieg bei der Zahl der Normen und die Verrechtlichung hin. Hier müsse man gegensteuern. Wernly betonte auch die stark gestiegenen Grundstückskosten.

Plöderl forderte, dass "Neubauten nicht in Investments, sondern über den Lebenszyklus gedacht werden müssen." Für Moser ist auch hier über Sanierung, Bauen im Bestand und Verdichten viel möglich. Hagleitner sagte, die geschätzt 40.000 Hektar brach liegenden Gewerbe-, Industrie- und Wohnflächen in Österreich müssten genutzt, Leerstandsabgaben, Anreize und mögliche Rückwidmungen eingesetzt werden.

 

Architekturpreis Daidalos – längere Einreichfrist

Der oberösterreichische Architekturpreis Daidalos wird in den Kategorien „Wertvolle Substanz“ (Sanierung) und „Innovative Lösung“ (Neubau) vergeben. Sonderpreis: „Bewährte Bauten“ (ältere bestehende Objekte). Die Einreichfrist wurde um eine Woche verlängert, um den vielen Interessenten etwas mehr Zeit zu geben – von 18. auf Freitag, 25. Jänner 2019.

Zur Einreichung zum Daidalos sind Architektur- und Zivilingenieurbüros sowie interdisziplinäre Projektteams eingeladen.

Es werden nur Projekte zugelassen, die zum Zeitpunkt der Einreichung bereits fertiggestellt sind. Die Projekte dürfen nicht älter als vier Jahre sein (Fertigstellung nach 1. 1. 2015), mit Ausnahme des Sonderpreises „Bewährte Bauten“: Hier müssen die Objekte mindestens zehn Jahre in Betrieb sein und dürfen bis zu 25 Jahre alt sein (Fertigstellung 1993–2008).

Zur Einreichung sind bis zu fünf Abbildungen, bis zu fünf Plandarstellungen sowie ein Erläuterungstext mit maximal 1500 Zeichen zulässig. Es sind nur tatsächliche Abbildungen der Objekte erwünscht. Fotorechte sind für jede Abbildung anzugeben.

Nähere Informationen zur Einreichung und zum Upload der Unterlagen über das digitale Formular auf www.nachrichten.at/daidalos. Bei Fragen zum Daidalos schreiben Sie bitte an folgende E-Mail-Adresse: daidalos@nachrichten.at

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26. April 2024