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Doping: Die Staatsanwaltschaft auf der Kriechspur

Von Von Marlies Czerny und Christoph Zöpfl   17.November 2009

Stephanie Graf: Sehr unterschiedlich fielen die Reaktionen auf das „Outing“ der Leichtathletin, sie sei im Herbst 2003 Kundin der Wiener Blutdoping-Zentrale gewesen, aus. Vor allem ihr Hinweis, sie habe den gelagerten Blutbeutel nie verwendet und sei dann vom aktiven Sport zurückgetreten, weil sie „den Wahnsinn nicht mehr ausgehalten hat“, wird von Insidern belächelt. Das „Hoppala“ der Humanplasma-Kundin bei der Hallen-WM 2003 in Paris erscheint nun noch dubioser: Graf hatte auf ein Antreten im Finale verzichten müssen, weil sie sich eine Schnittverletzung am Fuß zugezogen hatte. Sie sei auf eine Mineralwasserflasche gestiegen, sagte sie damals an der Seite ihres Trainers Helmut Stechemesser. Der aus der Ex-DDR stammende Wahl-Innviertler wollte gestern zu Grafs Seitensprung zur Wiener Blutbank keinen Kommentar abgeben.

Stefan Matschiner: An der Gerüchteküche wird gemauschelt, dass der Laakirchener Sport-Manager (übrigens ein ehemaliger Schützling von Trainer Stechemesser) bei einigen selbständigen Tests von Graf seine Hand im Spiel gehabt hat. Das streitet dieser gar nicht ab. Allerdings soll es nicht um eine Blutprobe, sondern eine Urinprobe gegangen sein.

Ex-Untersuchungshäftling und Ex-Bernhard-Kohl-Manager Matschiner selbst wartet derzeit auf einen Prozess-Termin. „Ich habe das Gefühl, dass die Dinge ins Stocken geraten sind. Nicht einmal die Anklageschrift ist fertig“, sagte er den OÖN. Dass die Staatsanwaltschaft nach den dynamischen Ermittlungen der „SOKO Doping“ offenbar auf die Kriechspur abgebogen ist, stört ihn nur deshalb, weil sein Enthüllungsbuch, das fertig in der Schublade liegen soll, vor dem Prozess nicht veröffentlicht werden kann. Den Job hat der 34-jährige Familienvater bereits gewechselt. Matschiner will von den USA aus tonnenweise getrocknete Pilze vertreiben. Diese sollen nicht die Leistung steigern, sondern ausschließlich den Genuss.

Walter Mayer: Offiziell muss Ex-ÖSV-Langlauftrainer Walter Mayer Däumchen drehen. Auch er wartet auf eine Anklage und hat seit seiner Untersuchungshaft im Frühjahr nach Eigenangaben keinen Ton von den Behörden gehört.

Inzwischen ließ er sich drei Wochen in der Psychiatrie behandeln. Seine Lebensgefährtin und Marathon-Läuferin Eva Maria Gradwohl, die Mayer Ende Oktober bei ihrem EM-Limitversuch in Casablanca (freilich: in seinem Urlaub) begleitete, weiß nicht wirklich weiter: „Der Walter ist ein körperliches und mentales Wrack. Auch der Arzt sagt, er gehört längst in die Pension.“ Mayer ist noch beim Bundesheer beschäftigt – allerdings seit längerer Zeit im Krankenstand. Nun hätte Mayer doch Zeit, die 290.000 Euro, die er von Erwin Roth für die Rechte an seiner Lebensgeschichte erhalten hatte, in Buchform zu gießen? „Der Walter ist geheilt von allen Büchern. Die waren doch der Anfang vom Ende“, kommentiert Gradwohl.

Bernhard Kohl: Der geständige Dopingsünder will nun als Saubermann Tempo machen, hat für die „Neupositionierung der Marke Kohl“ Markenexperten Hans Bachinger verpflichtet. „Dopingaufklärung ohne Wenn und Aber“, schreibt der gefallene Radprofi auf seiner Homepage, „denn mein Wissen ist unbestritten.“

Das stimmt. Doch ob sein Fachwissen in Schulen richtig aufgehoben ist? Kohls derzeitiger Tagesablauf beschäftige sich größtenteils mit der Abarbeitung weltweiter Medienanfragen, erzählt der Niederösterreicher. Zudem will er wieder mit dem Radsport Kohle machen: Im Februar 2010 eröffnet er den größten Fahrrad-Fachladen in Wien. Dort will er selbst täglich zwölf Stunden im Geschäft stehen.

Norbert Darabos: Der Verteidigungs- und Sportminister präsentierte gestern in Wien ein verschärftes Anti-Doping-Gesetz, das unsaubere Sportler ins Gefängnis bringen könnte. Die Gesetzesnovelle, die bereits per 1. Jänner 2010 in Kraft treten könnte, stuft Doping als „schweren Betrug“ ein. Der Strafrahmen kann bis zu zehn Jahre betragen. Minister Darabos und Stephanie Graf sind übrigens Kollegen im Vorstand der Österreichischen Sporthilfe.

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