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Wahlsieg der Kommunisten in Graz löst internationales Echo aus

Von OÖN   28.September 2021

Österreichische Regionalwahlergebnisse schaffen es nicht oft in die internationalen Schlagzeilen. Doch nach diesem Wahlsonntag war die mediale Aufmerksamkeit eine andere: "In Graz haben die Kommunisten eine rote Festung gebaut", "Impfskeptiker und Kommunisten überraschen bei österreichischen Regionalwahlen", hieß es da. Die Washington Post, Bloomberg, die Neue Zürcher Zeitung, der Spiegel, ein französisches Nachrichtenportal und ein niederländischer TV-Sender berichteten über die Wahl.

In Graz klingelte bereits um 6.30 Uhr das Telefon von KPÖ-Spitzenkandidatin Elke Kahr. Sie hatte am Wahlsonntag 8,6 Prozentpunkte auf 28,9 Prozent zugelegt und damit den seit 18 Jahren amtierenden VP-Bürgermeister Siegfried Nagl von Platz eins verdrängt. Die KPÖ gewann acht der 17 Bezirke, der ÖVP bleiben die bürgerlichen Villenviertel.

Video: Die KPÖ mit Spitzenkandidatin Elke Kahr schaffte in Graz einen historischen Wahlsieg. In der "ZIB 2" spricht die Spitzenkandidatin über den Wunsch der Wählerinnen und Wähler, sie als Bürgermeisterin zu haben, und über die sozialen Errungenschaften der Kommunisten in Graz.

Stimmen von den Nichtwählern

Laut SORA-Wählerstromanalyse konnte die KPÖ von allen Parteien Stimmen holen, am meisten aber aus der Gruppe der früheren Nichtwähler. Betrachtet man die niedrige Wahlbeteiligung (43,76 Prozent ohne Wahlkarten), relativiert sich freilich das Ergebnis.

Kahr absolvierte gestern ihre Termine wie geplant, sie traf grüne und sozialdemokratische Verkehrspolitiker aus Zürich und kümmerte sich um Menschen, die in Wohnungsangelegenheiten ihre Hilfe suchten.

Die kommunistische Spitzenkandidatin hatte nicht mit einem solchen Wahlerfolg gerechnet. Am Sonntag war sie vom Ergebnis vollends überrascht worden, am Montag freundete sie sich allmählich mit ihrer etwaigen neuen Rolle als Grazer Bürgermeisterin an. Sie besprach sich mit Nagl, der nach seinen Verlusten von zwölf Prozentpunkten (ohne Wahlkarten) noch am Wahlabend sein Amt zurückgelegt hatte. Dieser stellte am Montag bereits mit VP-Stadtrat Kurt Hohensinner seinen Nachfolger vor.

Video: Mit 28.8 Prozent hat KPÖ-Chefin Elke Kahr bei der Graz-Wahl die meisten Stimmen bekommen. Am Dienstag startet Kahr in die Gespräche mit den anderen Parteien.

Kahr kündigte an, dass sie zuerst mit der zweitstärksten Partei und dann mit den drittplatzierten Grünen Gespräche führen werde. "Mir geht es um den größtmöglichen Konsens, und wir werden schauen, welche Überlegungen die ÖVP aus den Geschehnissen zieht", sagte Kahr. Es sei Wunsch der Wähler gewesen, die KPÖ zur stärksten Kraft zu machen, dies sei auch für sie ein Auftrag. "Ich habe jedenfalls gute Lust, fortzufahren", sagte Kahr, die Anfang November 60 Jahre alt wird.

Das Bürgermeisteramt sei nie ihr erklärtes Ziel gewesen, räumte Kahr ein. Doch wenn sie Aufgaben übertragen bekomme, dann habe sie sich immer engagiert. "Viele Leute glauben vielleicht, ich möchte das gar nicht – aber dazu muss ich sagen, wir sind ja kaum dazu gekommen, denn bei einem Wahlerfolg wurden wir immer sofort eingedämmt."

Kahrs Themenliste

Kahr hat bereits eine Agenda: In öffentlichen Bereichen wie Sozialamt und in der Pflege will sie mehr Personal anstellen, zudem will sie klare Objektivierungsrichtlinien für Jobs in der Stadt oder im stadtnahen Bereich. Künftig solle der oder die Beste genommen werden, sagte sie. Zudem will sie sich dafür einsetzen, dass niemandem, der die Rechnung nicht zahlen kann, der Strom abgeschaltet wird. Bei Begräbnissen soll es für Bedürftige sofortige finanzielle Unterstützung geben. "Jemand , der trauert, hat keinen Kopf für lange Behördenwege", sagte sie.

Im Verkehrsbereich, den Kahr als Stadträtin zuletzt zu verantworten hatte, will sie den Tramausbau vorantreiben. Die Stadt soll zudem Liegenschaften für leistbares Wohnen, aber auch zur Entsiegelung von betonierten Flächen erwerben.

"Niemand muss Sorge haben. Es ist jetzt nicht so, dass da eine neue Partei kommt und alles ist anders", versicherte Kahr. Als Bürgermeisterin wolle sie auch dorthin gehen, wo bisher noch keiner ihrer Vorgänger war. Repräsentationspflichten könnten auch Stadträte übernehmen, sie wolle weiterhin Zeit für ausführliche Gespräche mit den Bürgern haben.

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