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Kurz: "Sollte ich Kanzler werden, wird Kickl nicht Innenminister"

Von Heinz Steinbock   24.August 2019

Was er anders machen würde, wenn er noch einmal Kanzler wird? "Versuchen, bei Druck gelassener zu sein", sagte Sebastian Kurz auf eine Publikumsfrage im OÖNachrichten-Forum. Der ÖVP- Obmann und Ex-Bundeskanzler war am Freitagnachmittag der erste in der OÖN-Diskussionsreihe "60 Minuten mit den Spitzenkandidaten" in den Linzer Promenaden Galerien. Kurz stellte sich den Fragen von OÖN-Politikchef Wolfgang Braun und OÖN-Wien-Korrespondent Christoph Kotanko sowie Fragen des Publikums.

Das Ibiza-Video als Auslöser des Platzens der türkis-blauen Koalition stand am Anfang. Habe er die Koalition zuvor als "korrekte und professionelle Zusammenarbeit" erlebt, so sei nach dem Auftauchen des Videos "von heute auf morgen alles anders" gewesen, schilderte Kurz. Er habe auszuloten versucht, ob die Koalition fortgesetzt werden könne. "Es war relativ schnell klar: Wir brauchen über eine Fortsetzung nicht nachzudenken", sagte Kurz – was am Beharren der FPÖ und Norbert Hofers auf Innenminister Herbert Kickl gelegen sei. Und Kurz machte eine klare Ansage: "Sollte ich Bundeskanzler werden, wird Kickl nicht Innenminister." Ihn in diesem Amt anzugeloben, habe auch Bundespräsident Alexander Van der Bellen ausgeschlossen.

Zum Nachsehen: „60 Minuten mit Sebastian Kurz“

Das Gespräch mit VP-Spitzenkandidat Sebastian Kurz in voller Länge:

Eine ÖVP zu "kaufen"?

Ob eine Neuauflage von Türkis-Blau möglich wäre? Kurz ließ sich nicht festnageln. Erst entscheide der Wähler am 29. September, er schließe keine Partei aus. Auch eine Dreierkoalition wolle er nicht ausschließen.

Durch die sogenannte "Schredder-Affäre" und großzügige Parteispenden kam die ÖVP unter Druck, so wurde etwa bekannt, dass der im Mai bestellte OMV-Aufsichtsratschef Wolfgang C. Berndt VP-Großspender war. Ob man die Politik der ÖVP "kaufen" könne – diese Frage musste sich Kurz gefallen lassen.

"Wir sind auf Spenden nicht angewiesen", sagte Kurz mit Verweis auf die in Österreich hohe Parteienförderung. Die Spenderliste mit rund drei Millionen Euro jährlich habe die ÖVP selbst veröffentlicht, die Spenden habe man gesetzeskonform immer dem Rechnungshof gemeldet. Er komme sich vor wie jemand, "der kritisiert wird, weil er auf einer Landstraße 100 fährt, wo 100 erlaubt sind".

Das Schreddern von Datenträgern aus dem Kanzleramt ("Druckerfestplatten") stellte Kurz abermals als "normalen Vorgang" dar: Der "Fehler" sei gewesen, dass der Mitarbeiter bei der Firma Reisswolf unter falschem Namen aufgetreten sei – aus "Furcht, dass etwas "in die Löwelstraße (SP-Zentrale, Anm.) wandert". Dass sich auf den Festplatten das Ibiza-Video befunden habe, könne jeder ohne Nachweis behaupten – "genauso, wie ich sagen könnte, es sei auf Ihrem alten Handy gewesen".

Dem Rauchverbot in der Gastronomie stimmte die ÖVP nach dem Koalitionsende zu, als man sich an "Kompromisse" im Koalitionsabkommen nicht mehr gebunden fühlte, sagte Kurz. Er selbst sei "schon lange" für den Nichtraucherschutz gewesen.

Das Thema Asyl und Zuwanderung nahm in Kurz’ Ausführungen nach wie vor breiten Raum ein. Er sei weiter für eine strikte Trennung von Asyl und Zuwanderung, "die politische Frage ist, wie weit machen wir auf". Dass Österreich kein taugliches Einwanderungsgesetz habe, wies Kurz zurück.

Sebastian Kurz
Reger Besuch im OÖN-Forum in den Linzer Promenaden Galerien

Koalitionen, Klimaschutz und Ibiza

Der türkise Spitzenkandidat Sebastian Kurz nahm gestern bei der OÖN-Diskussionsveranstaltung „60 Minuten mit ...“ in Linz Stellung zu vielen Dauerbrennern im Wahlkampf, darunter ...

... Koalitionen
Kurz hält sich, wie erwartet, alle Optionen für mögliche Koalitionsvarianten offen. Jede Partei, die im Parlament sitze, könne auch in der Regierung vertreten sein. „Das kann eine Dreierkoalition genauso sein wie eine Zweierkoalition“, sagte der Ex-Kanzler.

... Klimaschutz
Einer Umweltsteuer auf Emissionen erteilte der ÖVP-Chef eine klare Absage: „Eine CO2-Steuer wäre eine Besteuerung von sozial Schwachen, insbesondere im ländlichen Raum“, so Kurz. Stattdessen möchte er Elektromobilität und Wasserstoff forcieren. „Großer Emittent“ sei der Transitverkehr.

... Greta Thunberg
Grundsätzlich findet es Kurz „gut, wenn junge Leute eine Meinung haben und diese vertreten“. Womit er sich „schwer tue“, sei die „starke mediale Auslage“.

... Pflege
„Das Thema Pflege ist das, wo ich am traurigsten bin, dass die Regierung zerbrochen ist“, sagte Kurz. Jedes Jahr würden Bund und Länder „auf dem Rücken der Betroffenen eine Debatte darüber führen“, wer was zu zahlen habe. Die Lösung sieht der Ex-Kanzler in der Schaffung einer Pflegeversicherung, bei der Arbeitnehmer und Arbeitgeber einzahlen.

... Asylwerber in Lehre
Eine Lösung für die rund 900 Asylwerber in Lehre stellte Kurz in dieser Woche in Aussicht. Ein Kurswechsel, weg von der harten Linie während der Koalition mit der FPÖ? So sieht es Kurz nicht. Nur diese „Altfälle“ sollen ihre Lehre beenden können. Darüber hinaus gelte weiter die Regel, die von der ÖVP-FPÖ-Koalition eingeführt wurde, wonach Asylwerber nun keine Lehre mehr beginnen dürfen. „Zuerst gehört geklärt, ob jemand legal da ist oder nicht. Dann erst kommt der Einstieg in den Arbeitsmarkt für die, die bleiben dürfen“, so Kurz. „Solange es mich politisch gibt, werden wir das auch nicht ändern.“

... Mercosur
Ablehnend äußerte sich Kurz zum Freihandelsabkommen Mercosur. Dieses sehe massive Lebensmittelimporte nach Europa vor. „Das würde Qualität und Preis zerstören, darum sind wir dagegen.“

... die Ibiza-Affäre
Lesen wird Kurz das Buch der Ibiza-Aufdecker eher nicht. „Ich habe anderes zu tun und mir meine Meinung bereits gebildet.“

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