Lade Inhalte...
  • NEWSLETTER
  • ABO / EPAPER
  • Lade Login-Box ...
    Anmeldung
    Bitte E-Mail-Adresse eingeben
    Bitte geben Sie Ihre E-Mail-Adresse oder Ihren nachrichten.at Benutzernamen ein.

Die ÖVP beendet die Ära Kurz

Von nachrichten.at/apa   03.Dezember 2021

Die Ära Kurz in der ÖVP ist zu Ende. Türkis statt schwarz bleibt zwar Parteifarbe, doch personell machte der Bundesparteivorstand in seiner Sitzung am Freitag alles neu. Der bisherige Innenminister Karl Nehammer wird Parteichef und dem Bundespräsidenten als Kanzler vorgeschlagen, in mehreren Kernressorts kommen neue Köpfe. Bezeichnend: Den Umbau gab als erster nicht Nehammer, sondern der steirische Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer bekannt. Die Opposition fordert Neuwahlen.

Linharts Zukunft noch ungewiss

Alexander Schallenberg kehrt ins Außenministerium zurück. Die Zukunft des derzeitigen Außenministers, Michael Linhart (ÖVP), war unterdessen am Freitag noch ungewiss. Zumindest offiziell.

Intern dürfte es zwar schon konkretere Pläne geben, doch ließ sich das Außenministerium (BMEIA) diesbezüglich vorerst nicht in die Karten blicken. Am Abend wurde jedoch eine Stellungnahme Linharts veröffentlicht: "Ich war diese kurze, intensive Amtszeit sehr gerne Außenminister. Für mein Land habe ich mich immer mit großer Freude eingesetzt und werde das auch weiterhin tun. In diesem Sinne freue ich mich auf die zukünftigen Herausforderungen, die in den kommenden Jahren noch auf mich warten."

Linhart schien von seiner Ablöse überrascht worden zu sein. Noch in der Früh hatte er gesagt, er gehe davon aus, Außenminister zu bleiben. Er wolle Österreich dienen, betonte der langjährige Diplomat und Bruder des früheren Bregenzer Bürgermeisters Markus Linhart (ÖVP). Doch das Außenministerium fällt nun wieder Schallenberg zu, der das Amt des Bundeskanzlers am 11. Oktober von Ex-ÖVP-Chef Sebastian Kurz übernommen hatte.

Im Innenministerium folgt auf Nehammer der Niederösterreicher Gerhard Karner, die Finanzagenden übernimmt der Vorarlberger und derzeitige Staatssekretär im Infrastrukturministerium, Magnus Brunner. Der steirische Uni-Rektor Martin Polaschek löst Bildungsminister Heinz Faßmann ab. Interims-Kanzler Alexander Schallenberg kehrt ins Außenministerium zurück. Als Staatssekretärin holt sich Nehammer die Bundeschefin der Jungen ÖVP, Claudia Plakolm, ins Bundeskanzleramt.

Der im ÖAAB verankerte Nehammer zeigte sich nach den Beratungen in der Politischen Akademie der Partei in Wien-Meidling von der "großen Ehre" beeindruckt, wurde er doch einstimmig für den Spitzenposten designiert. Die ÖVP anzuführen sei ein Privileg, denn sie mache "Politik für die Österreicherinnen und Österreicher und Menschen, die in Österreich leben", strapazierte er eine auch Nicht-Staatsbürger einschließende Formulierung von Bundespräsident Alexander Van der Bellen. Dieser wird die neue Regierungsmannschaft voraussichtlich am Montag angeloben. Über das Wochenende wird das Staatsoberhaupt mit allen nominierten neuen Ministern intensive Einzelgespräche führen. Genaue Termine dazu gibt die Hofburg nicht bekannt. Bereits heute Abend wird sich Van der Bellen via TV-Ansprache einmal mehr an die Bevölkerung wenden.

Nehammer war für seinen Vorgänger Sebastian Kurz, der nach dem Abgang als Bundeskanzler wegen laufender Korruptionsermittlungen am Donnerstag seinen völligen Rückzug aus der Politik angekündigt hatte, voll des Lobes. Dieser habe unglaublich viel geleistet und aus der ÖVP wieder eine Volkspartei gemacht. Das auf Kurz hingeschneiderte Parteistatut mit starkem Durchgriffsrecht für den Bundesparteichef will Nehammer nicht ändern, sehr wohl aber das Kabinett im Bundeskanzleramt umbauen. Wichtig seien ihm die Grundwerte Verantwortung, Solidarität und Freiheit, er wolle aber auch bei Asyl, Migration und Sicherheit die Linie halten, so der künftige ÖVP-Obmann.

Wenig überraschend war der Tenor zu der Personalie unter den schwarzen Landesparteien ein durchwegs freudiger, hatten diese doch ein gewichtiges Wörtchen mitzureden. Durch die Bank wurde Nehammer als die richtige Persönlichkeit für den Job bezeichnet. Freude herrschte auch hinsichtlich der neuen Regierungsmitglieder, denn auch hierbei wurde auf ein gewisses Gleichgewicht unter den Ländern Augenmerk gelegt.

Kogler ist zufrieden und verspricht "Stabilität"

Vizekanzler und Grünen-Chef Werner Kogler zeigte sich mit der ÖVP-Neuaufstellung ebenfalls zufrieden. Er bekräftigte, dass er und andere Grüne eine "sehr gute Gesprächsbasis" mit Nehammer hätten - wenngleich man in Migrationsfragen bekanntermaßen "unterschiedliche Auffassungen" vertrete. Kogler sieht keinen Grund, jetzt das Regierungsprogramm neu zu verhandeln. Die Grünen stünden "zur Verantwortung und für Stabilität in der Regierung".

Opposition will Neuwahlen

Die Opposition verlangte hingegen angesichts der Turbulenzen in der ÖVP und der Regierungsumbildung Neuwahlen. Für FPÖ-Chef Herbert Kickl führt daran "kein Weg mehr vorbei". Die ÖVP versuche nun "in einer Art Notoperation, alle türkisen Zellen aus der Volkspartei zu entfernen", werde aber mit ihrer "breit angelegten Kindesweglegung" nicht durchkommen. NEOS-Parteichef Beate Meinl-Reisinger trat ebenfalls für Neuwahlen im kommenden Jahr ein, und SPÖ-Vizeklubchef Jörg Leichtfried betonte: "Wenn diese Regierung nicht weiter zusammenarbeiten kann und eine Regierungspartei die Koalition beendet, dann ist die SPÖ jedenfalls bereit für Neuwahlen."

copyright  2024
26. April 2024