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Mikl-Leitner: „So gesehen bin ich gern eine Feministin“

Von Markus Staudinger und Wolfgang Braun   31.Oktober 2011

OÖN: Frau Ministerin, Kanzler Werner Faymann (SP) tue Ihnen „in der Seele“ weh, haben Sie kürzlich gesagt. Schmerzt Ihre Seele immer noch?

Mikl-Leitner: Angesichts der kritischen Situation in der Welt und Europa bräuchte es einen Kanzler, der die Führungsrolle übernimmt und die Interessen der Republik vor parteipolitische Interessen stellt. Auch wenn die Koalition gemeinsam viel weiterbringt – das vergisst Werner Faymann des Öfteren.

OÖN: Was meinen Sie damit?

Mikl-Leitner: Wenn er etwa aus der Wehrpflicht-Diskussion parteipolitisches Kleingeld schlagen will.

OÖN: Spielt denn das Thema überhaupt noch eine große Rolle? Um die Wehrpflicht-Debatte ist es eher ruhig geworden.

Mikl-Leitner: Für mich spielt das Thema eine große Rolle. Weil das Bundesheer dringend reformiert werden muss – allerdings unter Beibehaltung der Wehrpflicht. Das ist für mich neben dem Sicherheitsaspekt und dem Katastrophenschutz auch eine gesellschaftspolitische Frage. Es wäre falsch, junge Menschen zu einer Nehmergeneration heranzuziehen. Es ist wichtig, dass jede und jeder seine Verantwortung übernimmt.

OÖN: Jede und jeder? Also auch eine Wehrpflicht für Frauen?

Mikl-Leitner: Nein, das ist ein No-go für mich. Die Frauen erfüllen schon längst ihre gesellschaftspolitische Verantwortung. Über eine Wehrpflicht für Frauen können wir dann reden, wenn Männer genauso viel Familienverantwortung übernehmen wie Frauen – also halbe-halbe.

OÖN: Sie klingen ja richtig feministisch.

Mikl-Leitner: Es geht um die Interessen von Frauen und Familien – so gesehen bin ich gern eine Feministin. Das gilt auch für das Schließen der Einkommensschere zwischen Frauen und Männern. Auch da brauchen wir Taten. Deswegen fordere ich, dass etwa im Handel, wo gerade die Kollektivvertragsrunden laufen, künftig auch Karenzzeiten als Vordienstzeiten angerechnet werden – für die Gehaltseinstufung und automatische Gehaltsvorrückungen.

OÖN: Was halten Sie von Überlegungen, das gesetzliche Pensionsantrittsalter der Frauen rascher an jenes der Männer anzugleichen?

Mikl-Leitner: Das ist ein Thema, das man sicher unter Einbeziehung von Experten diskutieren sollte. Schließlich würde ein Mehr an Beitragsjahren auch zu höheren Pensionen für Frauen führen. Für viel wichtiger halte ich es aber, generell das faktische Pensionsantrittsalter endlich dem gesetzlichen anzunähern.

OÖN: Kommen wir zum Innenministerium: Gegen Ihren Kabinettschef Michael Kloibmüller läuft ein Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft. Es geht um den Vorwurf, er habe die Ermittlungen in der Telekom-Affäre beeinflusst und Telekom-Manager unter Druck gesetzt. Sollte er nicht bis zu einer Klärung der Vorwürfe seinen Dienst ruhend stellen?

Mikl-Leitner: Die Staatsanwaltschaft führt auch ein Ermittlungsverfahren gegen Herrn Faymann und Herrn Ostermayer (wegen der ÖBB-Inseratenvergabe, Anm.) – und die sind bekanntlich auch noch im Amt. Für Herrn Kloibmüller gilt wie für jeden anderen die Unschuldsvermutung. Ich erwarte mir, dass die Staatsanwaltschaft so rasch als möglich ermittelt und die Ergebnisse auf den Tisch legt. Dann wird darüber zu befinden sein.

OÖN: Ins Gerede gekommen ist das Innenministerium auch wegen Christoph Ulmer, einst Kabinettschef von Ernst Strasser. Warum hat ausgerechnet Ulmers Werbeagentur gut dotierte Verträge mit dem Innenministerium – noch dazu, wo er weiter karenzierter Beamter des Ministeriums ist?

Mikl-Leitner: Herr Ulmer ist Teilhaber einer Werbeagentur – und das Innenministerium braucht wie andere Institutionen auch Beratung für Werbung und Marketing. Das handhaben andere Ministerien auch so. Eine eigene Werbe- und Marketingabteilung im Innenministerium anzusiedeln, würde ein Vielfaches kosten. Im Übrigen gab es die Zusammenarbeit mit dieser Agentur, schon bevor Herr Ulmer dort war.

OÖN: Es gibt auch einen gesonderten Beratervertrag mit Ulmer. Es ist schon sehr fragwürdig, wenn sich jemand als Beamter karenzieren lässt und dann vom Innenministerium extern bezahlt wird.

Mikl-Leitner: Dieser Beratervertrag ist ohnehin ruhend gestellt. Das habe ich veranlasst. Das wird derzeit rechtlich geprüft.

OÖN: Die ÖVP kommt in den Umfragen nach wie vor nicht vom Fleck. Machen Sie sich eigentlich Sorgen, ob Vizekanzler und Parteichef Michael Spindelegger das Ruder für die ÖVP noch herumreißen kann?

Mikl-Leitner: Wer Michael Spindelegger kennt, weiß, dass er in allen seinen Funktionen immer ein Stück gewachsen ist. Er ist gerade in dieser schwierigen Zeit der richtige Mann. Er ist fern von Populismus, sondern ein Fach- und Sacharbeiter, der mit Kompetenz und Ruhe führt.

OÖN: Manche würden sagen: Mit zu viel Ruhe.

Mikl-Leitner: Es geht nicht darum zu krakeelen, sondern sich auf die Sache zu konzentrieren. Das tut er und man soll ihn dann auch an seinen Taten messen.

Wehrpflicht: Streit um Darabos’ Pilotprojekte

Ein internes Papier der Sektion I des Verteidigungsministeriums hat gestern den Wehrpflicht-Streit kurz wieder aufflackern lassen. Darin äußern Experten Kritik an den von Minister Norbert Darabos (SP) geplanten Pilotprojekten zum Aussetzen der Wehrpflicht. Diese seien weder rechtlich noch finanziell gedeckt. Die ÖVP warf Darabos prompt „gefährliches Treiben“ vor. Darabos’ Sprecher gab zurück: Die Pilotprojekte seien durch das Regierungsprogramm gedeckt, die ÖVP habe nur „Angst, dass die Pilotprojekte funktionieren.“

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