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General triumphiert, Minister ramponiert

Von Jasmin Bürger   08.November 2011

Nach mehr als neun Monaten Zwangspause meldet sich Edmund Entacher heute wieder zum Dienst als Generalstabschef. Ein Dienstantritt, den Verteidigungsminister Darabos zähneknirschend hinnehmen muss: Er hatte Entacher im Jänner abberufen, nachdem dieser den ministeriellen Schwenk zum Berufsheer kritisiert hatte.

Entacher wehrte sich gegen seine Strafversetzung, gestern entschied die Berufungskommission im Bundeskanzleramt für den General: Die von Darabos angeführten Gründe für einen angeblichen Vertrauensverlust wurden von der Kommission nicht anerkannt. Damit ist Entachers Versetzung „rechtlich nicht möglich“, entschied die Kommission. „Ich nehme die Entscheidung selbstverständlich zur Kenntnis. Aus rechtlicher Sicht waren meine Argumente für den Vertrauensverlust offenbar nicht ausreichend“, hieß es gestern in einer Stellungnahme des Ministers.

Die Vertrauensbasis dürfte diese Entscheidung freilich nicht wieder hergestellt haben: Immerhin kämpfte Darabos mit harten Bandagen um die Rechtswirksamkeit der Absetzung des SP-nahen Generals, der vor dem Zerwürfnis zu den engsten Vertrauten des Heeresministers gezählt hatte.

So hatte Darabos ein 90-seitiges Konvolut mit angeblichen Verfehlungen Entachers anfertigen lassen, das etwa jeden nicht auf den Tag genau fristgerecht gelieferten Akt Entachers enthielt. Auch inhaltlich trennt den Minister und seinen General Wesentliches: Entacher steht den Plänen für ein Berufsheer weiterhin skeptisch gegenüber (siehe Interview unten).

Sowohl der Koalitionspartner wie auch die Opposition reagierten mit Häme und Kritik auf die Entscheidung in der Causa. Die „rechtswidrige Abberufung“ des Generals sei die „Krönung der Pannenserie“ von Darabos, höhnte VP-Generalsekretär Hannes Rauch.

Rücktrittsforderungen

Für VP-Wehrsprecher Oswald Klikovits ist der Minister gar „rücktrittsreif“. Er erwarte eine Entschuldigung von Darabos bei Entacher. „Völlig untragbar“ ist der Minister für FP-Chef Heinz-Christian Strache, auch das BZÖ fordert den Rücktritt. Die Offiziersgesellschaft schloss sich den Rücktrittsforderungen an und sprach von einem „Sieg des Rechtsstaats“ in der Causa Entacher.

Die SPÖ machte ihrem Minister dagegen die Mauer: Während Bundesgeschäftsführerin Laura Rudas auch die Absetzung Entachers als „sachlich richtig“ verteidigte, blieb Klubchef Josef Cap zur Causa an sich schweigsam: Darabos dürfe sich von seinem Reformweg nicht abbringen lassen, so Caps knapper Kommentar.

Beim Koalitionspartner hat Darabos nun freilich noch schlechtere Karten: Die ÖVP sei „allzeit bereit“ über eine „grundlegende Reform des Bundesheeres zu verhandeln“, sagte Rauch. Die Abschaffung der Wehrpflicht sei aber weiterhin kein Thema.

Zum Thema könnte Darabos nun aber ohnehin auch die schon länger geplante Umstrukturierung in seinem Ressort machen. Diese soll, wie kolportiert wird, auch einen Umbau und damit eine Entmachtung des Generalstabs bringen. Als interimistischer Leiter fungierte seit Entachers Ablöse dessen früherer Stellvertreter, Othmar Commenda.

Entacher will seinen Vertrag bis 2013 erfüllen. Um ihn vorher loszuwerden, bliebe Darabos nur ein Weg: Seit 30. September ist Entacher pensionsberechtigt.

 

Causa Entacher: Chronologie

Oktober 2010: Wiens Bürgermeister Michael Häupl leitet kurz vor den Landtagswahlen den SP-Schwenk zur Wehrpflicht ein. Seine Idee für eine Volksbefragung zur Abschaffung findet bei Verteidigungsminister Norbert Darabos, bisher Wehrpflicht-Verteidiger, sofort Anklang.

Dezember: Darabos beauftragt den Generalstab unter Edmund Entacher mit der Ausarbeitung verschiedener Modelle für eine Reform des Bundesheeres.

12. Jänner 2011: Die SPÖ legt sich bei einem Parteipräsidium endgültig auf die Abschaffung der Wehrpflicht fest. Darabos soll ein Konzept erstellen.

15. Jänner: Entacher warnt öffentlich vor einer Umstellung: Ein Berufsheer würde entweder mehr kosten oder weniger leisten als das bisherige System.

17. Jänner: Darabos stellt sein Modell für eine Mischung aus Berufs- und Freiwilligenheer vor.

22. Jänner: Entacher legt in einem „profil“-Interview nach: „Warum soll ich ein neues System einführen, das voller Risiken steckt und bei dem es kein Zurück mehr gibt? Kein vernünftiger Mensch würde das tun.“

24. Jänner: Nach einem Gespräch beruft Darabos seinen General ab. Tags darauf kritisiert Bundespräsident Heinz Fischer die Absetzung. Entacher zieht vor die Berufungskommission im Bundeskanzleramt.

27. September: Eine erste Entscheidung der Kommission lässt keine genauen Schlüsse zu. Beide Seiten sehen sich im Recht.

7. November: Die Berufungskommission hebt den Versetzungsbescheid auf.

 

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