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Emmanuel Macrons Kandidatin fällt durch

Von Sylvia Wörgetter, Brüssel   11.Oktober 2019

Sylvie Goulard sollte in der neuen Kommission ein riesiges Ressort verwalten. Der Binnenmarkt gehört dazu, Industriepolitik, eine neue Generaldirektion für Rüstung. Von Anfang an bestanden Zweifel, ob eine einzige Frau diese Machtfülle managen kann. Seit gestern steht fest: Goulard, eigentlich ein politisches Schwergewicht, wird diese Frau nicht sein. Das EU-Parlament lehnt die Vertraute von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron als Kommissarin ab.

Nicht an fachlichen Fragen scheitert die 54-Jährige. Vielmehr kann Goulard die Bedenken vieler Parlamentarier nicht ausräumen, ob sie sich nach ethischen Maßstäben für das Amt eignet. Diese Bedenken stehen im Mittelpunkt, als die Französin befragt wird. Es ist bereits das zweite Mal. In ihrem ersten Hearing hat sie Fragen zu einer Affäre um die Scheinbeschäftigung eines Assistenten und zu einer lukrativen Nebentätigkeit nicht zufriedenstellend beantwortet. Beides fällt in ihre Zeit als EU-Parlamentarierin von 2009 bis 2017.

Viele Abgeordnete, die sie kritisch befragen, kennt sie aus diesen Jahren. Ein Vorwurf dreht sich um die vermutete Scheinbeschäftigung eines Assistenten. Die Betrugsbekämpfungsbehörde OLAF ermittelt noch immer, auch Frankreichs Justiz. Die Untersuchungen richten sich gegen die Partei, nicht gegen Goulard persönlich.

Der zweite Vorwurf geht direkt an sie. Sie hat während ihrer Tätigkeit im Parlament 49.000 Euro für einen Nebenjob kassiert – als Beraterin der Denkfabrik des deutsch-amerikanischen Investors Berggruen. Solche Nebentätigkeiten sind erlaubt. Die Frage ist, ob sie eine gute Optik ergeben. Goulard räumt vor den Abgeordneten ein: Sie "bedauere zutiefst, Zweifel geweckt zu haben" an ihrer persönlichen Integrität. "Ich bitte Sie, meine gesamte Laufbahn zu sehen", appelliert sie. Die kann sich sehen lassen.

Widerspruch nicht auflösbar

Die Mutter dreier Kinder ist glühende Europäerin, hat mehrere Bücher geschrieben, 2009 den Europäischen Buchpreis erhalten. Die Juristin war zuletzt Vizepräsidentin der französischen Zentralbank, zuvor Verteidigungsministerin. Von dem Amt tritt sie 2017 zurück – eben wegen der Untersuchungen im Zusammenhang mit der Assistentenbeschäftigung.

Nun muss sie sich fragen lassen: "Warum hindern Sie diese Untersuchungen daran, Ministerin zu sein, nicht aber daran, Kommissarin zu werden?" Schließlich müssten in der EU dieselben ethischen und moralischen Standards gelten wie in Frankreich. Den Widerspruch kann sie nicht auflösen. Heute sei die Lage viel klarer, sagt sie. Und dass es keine Anklage gegen sie gebe. Aber was, wenn eine Anklage während ihrer Zeit als Kommissarin kommt – tritt sie dann zurück?

Sie gerät ins Schwurbeln. Sie habe mit der designierten Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen darüber gesprochen. Und dass es sich im Falle des Falles um eine politische Frage handle. Davon getrennt müsse man die juristische sehen. Es dürfe keinen Automatismus zwischen Anklage und Rücktritt geben, ansonsten würde die Kommission erpressbar.

Den Abgeordneten reicht das nicht. Goulard erhält nur 29 Stimmen. 82 der Abgeordneten stimmen gegen die Liberale, einer oder eine enthält sich.

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