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Der Streit der USA mit der Türkei bedroht die NATO

Von Thomas Spang aus Washington   04.August 2018

Plötzlich scheint in der diplomatischen Krise zwischen den NATO-Verbündeten alles denkbar; inklusive eines Austritts der Türkei aus dem Verteidigungsbündnis, dem das Land seit 66 Jahren angehört. Experten halten das für möglich, falls US-Präsident Donald Trump und der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan verbal nicht abrüsten.

Dies hätte für die strategisch wichtige Südostflanke Konsequenzen. Die Türkei ist nicht nur zweitgrößter Truppensteller des Bündnisses, sie erlaubt den Amerikanern auch, von den Luftwaffenstützpunkten in Incirlik und Izmir ihre militärische Macht im Mittleren Osten zu projizieren.

In dem Streit geht es nur vordergründig um den evangelikalen Pastor Andrew Brunson, der seit mehr als zwei Jahrzehnten in Izmir lebt und dort eine winzige Hauskirche führt. Aber das Tauziehen um Brunson hilft beiden Präsidenten, innenpolitisch ihre Anhänger zu mobilisieren. Es erlaubt ihnen, die nationalistisch-religiöse Karte zu spielen.

Die US-Strafmaßnahmen sind dem "Magnitsky-Gesetz" nachempfunden, das der Regierung erlaubt, nach Belieben Personen und Institutionen zu sanktionieren. Im Fall der Türkei haben die USA nur Vergeltungsmaßnahmen gegen zwei Minister verhängt, die am Vorgehen gegen den Missionar beteiligt waren.

Diesem hält Ankara vor, mit den Kurden gemeinsame Sache zu machen und den Putsch gegen Erdogan unterstützt zu haben. Dafür habe er Kontakte zu Anhängern des Ex-Erdogan-Gefolgsmanns, dem Prediger Fettulah Gülen, unterhalten.

Gülen lebt im selbst gewählten Exil in Pennsylvania. Seine Auslieferung an die Türkei ist ein zentraler Belastungspunkt in den Beziehungen. Ein anderer sind die drohenden Strafen gegen das Kredithaus "Halbank" wegen Unterlaufen der Sanktionen gegen Iran. Bankmanager Mehmet Hakan Atilla verbüßt in den USA eine Gefängnisstrafe.

Schließlich gibt es strategisch unterschiedliche Interessen im Mittleren Osten, die sich im Streit um das Vorgehen in Syrien manifestieren. Als sich beide Präsidenten am Rande des NATO-Gipfels in Brüssel mit einem lockeren Fauststoß begrüßten, wurde dies als Signal der Entspannung gewertet. Die Wende kam mit dem Scheitern eines Deals, der Brunsons Freiheit mit der Überstellung des türkischen Bankers und einer in Israel einsitzenden Aktivistin erkauft hätte.

Noch bleibt Zeit für Diplomatie

"Die strategische Geduld Trumps und im Kongress neigt sich dem Ende", sagt die Türkei-Expertin Amanda Sloat von der Brookings Institution in Washington. Noch bleibe Zeit für einen diplomatischen Durchbruch. "Aber beide Seiten müssen dafür ihre zornige Rhetorik gegen ruhige Gespräche eintauschen."

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26. April 2024