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Papst-Buch: Wie auch Ochs und Esel an die Krippe kamen

Von Heinz Niederleitner   21.November 2012

Nicht nur Harry-Potter-Erfinderin Joanne Rowling schreibt Bücher, die schon vor Erscheinen als sichere Bestseller gelten. Auch ein 85-jähriger deutscher Theologe versetzt wiederholt die Bücherwelt in Aufregung: Papst Benedikt XVI.

Wenn heute die deutschsprachige Ausgabe des dritten und letzten Bandes von Joseph Ratzingers Jesus-Buch erscheint (Erstauflage 100.000 Stück), ist dem Papst die zuletzt oft fehlende positive Aufmerksamkeit gewiss. Gestern wurde das Werk in Rom vorgestellt. In dem Buch, das in 20 Sprachen übersetzt wird, geht es um den Glauben an Jesus Christus. Nachdem der erste Band (erschienen 2007) dem Leben Jesu in den Evangelien von der Taufe bis zur Verklärung folgte und der zweite Band (2011) Passion und Auferstehung gewidmet war, geht es jetzt um die Kindheitsgeschichten. Da auch Jesu Geburt Thema ist, dürfte es dem Interesse am Buch nützen, dass sich Weihnachten nähert.

Sprachgewandter Schriftsteller

Konkret geht es in dem Band, in dem sich der Papst als sprachgewandter, klar formulierender Autor zeigt, um die Herkunft Jesu, die Ankündigung der Geburt von Johannes dem Täufer und Jesus, die Geburt Jesu, die Weisen aus dem Morgenland („Heilige Drei Könige“), die Flucht nach Ägypten und den zwölfjährigen Jesus im Tempel.

Für die Auslegung der Bibeltexte, die der Papst selbst übersetzt hat, verweist er oft auf andere Stellen der Bibel (was schon die Evangelisten nahelegen), insbesondere auf „wartende Worte“ im Alten Testament. Diese Bibelstellen werden, so der Papst, erst durch die Geburt Jesu als Messias verständlich. In der „kanonischen Exegese“ des Papstes erscheint die Bibel als sich selbst bestätigendes System. Mit Verweisen auf das Alte Testament erklärt Benedikt XVI. aber auch, wie Ochs und Esel in die Krippendarstellungen kamen, obwohl sie im Evangelium nicht zu finden sind.

Auch wenn das neue Buch dem Papst positive Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit bescheren wird, unter Theologen wird es vermutlich wie die beiden Vorgängerbände zu Debatten führen. Denn erwartungsgemäß änderte der Papst den Grundansatz des Werkes nicht, den „historischen Jesus“ zeigen zu wollen, indem er „den Evangelien traut“, wie er im ersten Band geschrieben hatte. Daraus entstehen Gegensätze zu manchen Ansichten in der historisch-kritischen Bibelauslegung (Exegese).

Auch im aktuellen Buch lässt sich das zeigen: Der Papst schreibt: „Bedeutende Vertreter der modernen Exegese sind der Meinung, die Nachricht der beiden Evangelisten Matthäus und Lukas, wonach Jesus in Bethlehem geboren wurde, sei eine theologische, nicht eine historische Aussage. In Wirklichkeit sei Jesus in Nazareth geboren worden.“ Hintergrund: Die angesprochenen Exegeten nehmen an, dass die Evangelisten die Geburt in Bethlehem lokalisieren, weil im Alten Testament der Messias von dort erwartet wird. Aber auf eine lange Diskussion der Argumente lässt sich der Papst hier nicht ein: „Wenn wir uns an die Quellen halten, bleibt klar, dass Jesus in Bethlehem geboren und in Nazareth aufgewachsen ist.“

Während der Papst die Frage, wie viel historischer Kern in der Geschichte von den Weisen aus dem Morgenland steckt, differenziert beantwortet, ist ihm die Jungfrauengeburt sehr wichtig.

„Prüfsteine des Glaubens“

Dass der Papst keinen Zweifel am offiziellen kirchlichen Glauben an Maria als Jungfrau äußert, ist klar. Überraschend ist aber, dass er dies mit dem Glauben an die Auferstehung Jesu verbindet: „Insofern sind diese beiden Punkte – Jungfrauengeburt und wirkliche Auferstehung aus dem Grab – Prüfsteine des Glaubens.“ Da ist zu fragen, ob es sinnvoll ist, einer Gesellschaft, die schon mit dem Auferstehungsglauben Probleme hat, im selben Atemzug die Jungfrauengeburt aufzubürden. Dass der Band, der im Grunde den Glauben schon voraussetzt, in unserer naturwissenschaftlich dominierten Zeit kritische Menschen von der Vernünftigkeit des Christusglaubens zu überzeugen vermag, dürfte wenig wahrscheinlich sein.

Joseph Ratzinger/Benedikt XVI.: Jesus von Nazareth. Prolog. Die Kindheitsgeschichten. Verlag Herder, 172 Seiten, 20,60 Euro

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