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Die elektrisierende Überraschung

Von Carsten Hebestreit   03.Oktober 2020

Steht ausreichend Strom zur Verfügung? Oder bricht gar das Stromnetz zusammen, wenn 51 E-Autos gleichzeitig geladen werden? Diese und andere Fragen sollen beim Linzer Projekt Urcharge beantwortet werden. Nach vier Monaten zogen der Projektinitiator, die Linz AG, und die Linzer Keba eine erste Zwischenbilanz. "Wir sind selbst überrascht, wie gut unser System die Stromlast verteilt. Wir konnten deshalb den Stromanschlusswert in der großen Tiefgarage drastisch reduzieren", sagt Andreas Wimmer von der Keba.

Extrem hohe Anschlusswerte

In besagter Tiefgarage installierte das Linzer Unternehmen 27 Wallboxen (KE Contact P30). Jeder dieser Ladepunkte hat einen Anschlusswert von 11 Kilowatt – zusammen also 297 Kilowatt. Selbst bei 5,5 kW müssten noch insgesamt 148 kW bereitgestellt werden, bei 2 kW noch 54 kW. Zum Vergleich: Ein Haushalt verfügt über einen Standard-Anschlusswert von vier Kilowatt (25 Ampere).

Um den Stromanschluss effizient und kostengünstig zu halten, installierte die Keba für die sechsmonatige Testphase ein Lademanagement, das die Stromlast intelligent auf die 27 Wallboxen verteilt.

Unklar war freilich, wie das Ladeverhalten der 27 E-Auto-Fahrer sein würde. Laden alle gleichzeitig? Um welche Uhrzeit hängen die Autofahrer ihre Renault Zoe und ihre Nissan Leaf an die Wallboxen?

"Wir haben jetzt die ersten drei Monate ausgewertet", sagt Andreas Wimmer. "Die Wallboxen werden sehr stark genutzt." Denn die Bewohner fahren viel mit den E-Autos, die ihnen zur Verfügung gestellt wurden. "Die Nutzung entspricht dem österreichischen Durchschnitt", so Wimmer.

An die Wallboxen gehängt wurden die E-Autos zumeist zwischen 17 und 19 Uhr – also nach Dienstschluss. Und zwar durchschnittlich alle vier Tage. Im Schnitt luden die E-Autos pro Ladevorgang 19,6 Kilowattstunden (kWh), nach 4,2 Stunden waren die Akkus voll. 14 Prozent der Ladevorgänge wurden vorzeitig beendet. "Weil die Autofahrer offenbar wegfahren mussten", so Wimmer.

Von 35 auf 25 kW reduziert

Überrascht waren die Experten der Linz AG und der Keba von der Arbeit des Lademanagements, das den Strom auf die 27 Wallboxen verteilt. "Wir waren ohnehin zu Testbeginn schon mutig und hatten den Anschlusswert auf niedrige 35 kW begrenzt", sagt Andreas Wimmer. Während der Testphase reduzierte die Keba den Wert auf 25 Kilowatt – trotzdem wurden die E-Autos über Nacht zu 100 Prozent voll geladen.

"Das Ladesystem läuft stabil, wir hatten bisher keinerlei Reparaturen", sagt der Keba-Mann. Die Testphase mit den E-Autos endet mit 31. Oktober, danach wertet die TU Wien sämtliche Daten aus. Im Frühjahr 2021 sollen die endgültigen Ergebnisse vorliegen.

Projekt Urcharge und die Auswirkungen

Die Linz AG initiierte das einzigartige Projekt Urcharge. Knapp die Hälfte der 106 Haushalte der Siedlung am Theresia-Brandl-Weg im Linzer Süden wurde im Mai für ein halbes Jahr mit E-Autos ausgestattet: 40 Renault Zoe und neun Nissan Leaf. Zwei Haushalte machen mit ihren privaten Teslas mit. Jeder Teilnehmer erhielt von der Keba eine eigene Wallbox, die in den beiden Tiefgaragen der Siedlung installiert wurden.
Von den ersten Testergebnissen überrascht ist auch der Projektkoordinator, Gerald Mayrhofer von der Linz AG. „Ich habe nicht gedacht, dass wir einen so geringen Anschlusswert von inzwischen nur noch 25 Kilowatt für 27 Wallboxen benötigen“, sagt der Linzer. Diese erste Erkenntnis sei entscheidend für die gesamte Zukunft der E-Mobilität. Zwar müsse noch da und dort das Stromnetz verstärkt werden, doch weit weniger als befürchtet. „Unser Stromnetz wird die E-Mobilität aushalten!“ Freilich nur, wenn in Ballungszentren Lademanagements zum Einsatz kommen, die die Stromlast verteilen. „Denn selbst bei 3,7-kW-Wallboxen würden ohne Lademanagement bei 300 bis 400 Anschlüssen gigantische Anschlusswerte zusammenkommen.“

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