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Tabor trennen nicht länger 241 Stufen vom Stadtplatz

Von Hannes Fehringer   10.August 2020

Gut, Steyr ist nicht Rom, die Stadt mit den sieben Hügeln. Aber mit den Höhenunterschieden zwischen den Stadtteilen hatte auch die Eisenstadt am Zusammenfluss der Enns und Steyr immer zu kämpfen. Seit Freitag ist die größte Barriere in der Stadt nur noch eine Erinnerung an die 241 Stufen der Taborstiege, die bei Eis und Schnee im Winter sowieso gesperrt war, die hinaufzusteigen die meisten Fußgänger außer Atem brachte, und die für Rollstuhlfahrer und Mütter mit Kinderwägen schlichtweg unüberwindbar war. Bürgermeister Gerald Hackl (SP) sprach von einem "Tag der Stadtgeschichte", bevor er mit Vizebürgermeister Helmut Zöttl (FP) und dem Stadtrat das rote Band an der Rampe durchschnitt und als Erster mit dem Druckknopf den Lift rief.

Zöttl konnte sich dem nur anschließen, was der Bürgermeister schon zuvor gesagt hatte: "ein historischer Tag". Der Vizebürgermeister und Baustadtrat erinnerte daran, dass die Überwindung des Geländeabbruchs vom Tabor zur Altstadt auch schon die Vorväter im Rathaus beschäftigte. Anfang des 20. Jahrhunderts wurden die kühnsten Visionen, wie Steyr sein Verkehrsproblem mit den vielen Höhenunterschieden lösen könnte, auf eine Postkarte gedruckt. "Neben Luftschiffen am Himmel war eine Gondelbahn auf den Tabor dabei", sagte Zöttl.

Vor drei Jahren war man das Problem direkt angegangen, hatte den Stier bei den Hörnern gepackt. Als einziges auch wirtschaftlich vertretbares Projekt wurde rasch ein Lift vom Platz vor der Michaelerkirche durch das Felskonglomerat zum Taborturm ausgesiebt. Der Berg schien etwas gegen seine Durchbohrung zu haben und leistete Widerstand: Der Felsen musste stabilisiert werden, was die Baukosten auf 2,7 Millionen Euro trieb.

Am Eröffnungstag, an dem Pfarrer Ransom Pereira für den Lift sowie für alle, die ihn erbauten, und alle, die ihn benutzen werden, Gottes Segen erbat, waren sich alle einig, dass sich die Mühe gelohnt hat. Architekt Helmut Reitter, wie Vizebürgermeister Wilhelm Hauser (SP) seit der Kindheit ein "Taborianer" (Copyright: Hauser), hat den Wettbewerb unter 17 Einreichungen mit seiner "Maximalen Minimierung" gewonnen: Der Lift ragt mit seiner Plattform in einer schlichten Konstruktion wie ein Baukran aus dem Hang – nur, dass er die Taborstiege darunter überspannt, als wäre er immer schon an diesem Platz gestanden. "Genau das, was ich wollte", sagte Reitter. Die Steyrer nahmen am Wochenende den neuen Lift schon in Besitz, als ob er ihnen immer schon gehört hätte. "Ich habe einen neuen Bewegungsradius", sagte Pamela, eine gehbehinderte Frau aus Steyr, die auf den Rollstuhl angewiesen ist. Ihre Freundin Ursula P. ist nicht weniger begeistert: "Mit dem Kinderwagen unterwegs eröffnen sich neue Möglichkeiten zum Einkaufen."

36 Fahrtsekunden mit dem Panoramalift, für die man sich die Zeit nehmen sollte

Ebene 0: Der Einstieg zum Panoramalift, der übrigens sehr gut beschildert ist, führt durch eine Felsgrotte hinter dem Platz der Michaelerkirche. Architekt Reitter hat sich eine spezielle Beleuchtung ausgedacht, damit die Benutzer nicht das Gefühl bekommen, in ein finsteres Loch gehen zu müssen. Der Schacht befindet sich inmitten eines Bunkersystems, das – wie eine Gedenktafel aufklärt – einst von KZ-Häftlingen gebaut worden war.

Schacht: Die ersten Fahrsekunden durchquert der Lift das Bergmassiv, bevor der Fahrstuhl ins Freie tritt. Mit einer Geschwindigkeit von nur einem Meter pro Sekunde ist dieser Lift ein Langsamfahrer. Weil ein Höhenunterschied von 36 Metern überwunden wird, ist man erst nach einer guten halben Minute oben. Die Kabine misst am Boden 2,20 mal 1,60 Meter und weist eine Höhe von 2,40 Metern auf. Die Tragkraft beträgt 2000 Kilogramm oder 26 Personen.

Über Taborstiege: Der Lift tritt über der Taborstiege mit ihren 241 Stufen ins Freie. Zwei Ersatzsysteme springen ein, sollte es Pannen geben. Zunächst hilft bei Stromausfällen ein Notstromakkumulator aus. Versagt auch das Notstromaggregat, kann die Liftkabine mit einem Handrad nach oben gekurbelt werden. Die Übersetzung des Antriebs ist dabei so konstruiert, dass diese Kurbel von einer Person bedient werden kann.

Aussichtsplattform: Schon während der Aufzugfahrt eröffnet sich ein Panoramablick über den Wehrgraben, die neue Fachhochschule, den Stadtplatz und die Enns. Um den Ausstieg auf „Ebene 1“ wurde eine Aussichtsplattform gebaut, von der man einen sehenswerten Rundumblick über die Dächer der Stadt erhält. Die neue Aussichtswarte eröffnet auch eine Reihe neuer Fotomotive von der Stadt am Zusammenfluss von Steyr und Enns.

36 Fahrtsekunden mit dem Panoramalift, für die man sich die Zeit nehmen sollte
Panoramablick von "Ebene 1"
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27. April 2024