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Gmundens Angst vor den Urlaubern

Von Edmund Brandner   08.Juni 2011

Die Geschichte des Tourismus in Gmunden ist eine Geschichte vergeudeter Chancen. Kaum eine andere Stadt in Österreich hat aus so guten Voraussetzungen so wenig gemacht.

Im Jahr 1971 verzeichnete Gmunden noch 224.500 Jahresnächtigungen. Heute, 40 Jahre danach, sind es 90.500.

Zum Vergleich: In Bad Ischl sind pro Jahr 344.000 Betten belegt. In Bad Schallerbach sind es 417.000.

Vor diesem Hintergrund überrascht es, dass in der OÖN-Umfrage fast jeder zweite in Gmunden den Bau des Seehotels „Lacus Felix“ ablehnt. Nur 57 Prozent wollen das Hotel errichtet sehen. „Ich habe den Eindruck, dass Gmunden den Tourismus eigentlich gar nicht will“, sagte Helmut Peter, pensionierter Rösslwirt in St. Wolfgang, dazu diese Woche im OÖN-Interview.

Peters kritische Außenansicht kommt in Gmunden nicht bei allen gut an. „St. Wolfgang wäre ohne Tourismus ein Bauerndorf“, kontert Siegfried John, Hacklwirt in Gmunden. „Gmunden hat als Salzhandelsmetropole und Verwaltungsstadt eine andere Tradition. Peter kann diese beiden Orte nicht miteinander vergleichen.“

Dass die Gmundner Bevölkerung dem Tourismus kritisch gegenübersteht, hat aus der Sicht Johns historische Gründe. „Nach dem Krieg war Gmunden ein riesiges Flüchtlingslager. In der 10.000-Einwohner-Stadt lebten plötzlich 30.000 Menschen, und viele von ihnen blieben hier“, so John. „Das wirkte sich verheerend auf den Wohnungsmarkt aus. Seither werden Gäste bei uns von vielen als potentielle Bedrohung gesehen. Menschen, für die man etwas aufgeben oder opfern muss. Und sei es ein Stück Ufergrund, auf dem ein Hotel geplant ist.“

Dazu kommt, dass in Gmunden kaum jemand unmittelbar vom Tourismus profitiert. Der Arbeitsmarkt im nördlichen Salzkammergut ist von Industrie- und Dienstleistungsbetrieben geprägt. Dass indirekt alle vom Tourismus profitieren, ist schwer vermittelbar. Und dass der Niedergang der Gmundner Innenstadt auch viel mit dem Ausbleiben von Gästen zu tun hat, nehmen viele nicht wahr. Stattdessen werden diffuse Befürchtungen vorgebracht. Das Hotel sei zu hoch, vernichte oder überschatte Badeplätze, habe zu viele (kaufbare) Apartments, werde zu hoch subventioniert und sei kein ökologisch nachhaltiges Projekt. Die Ablehnung geht quer durch alle Bevölkerungsschichten, politisch bewirtschaftet wird sie von den Grünen in der Stadt.

Vertrauen schaffen

Aufgabe der Verantwortlichen wäre in den vergangenen Jahren gewesen, Vertrauen in das Hotelprojekt zu schaffen. Doch das gelang weder der Investorenfamilie Asamer noch dem Rathaus. Im Gegenteil: Das alte Parkhotel wurde genau einen Tag vor einer angekündigten Begutachtung durch Experten des Denkmalamts abgerissen. „Versehentlich“, wie Hans Asamer treuherzig erklärte. Später beklagte die Volksanwaltschaft, dass die Politik versuche, bei der Denkmalbehörde zu intervenieren, um auch den Abriss des geschützten Seebahnhofs zu ermöglichen. Dass die Stadtgemeinde für das Hotel Seegrund in bester Lage für 128 Euro pro Quadratmeter hergab, machte ebenfalls böses Blut – auch wenn diese Art der Subventionierung für Insider nachvollziehbar ist. Dass VP-Stadtrat Wolfgang Ortner – bis dahin mit der Hotelcausa betraut – einen Job im Asamerkonzern erhielt, war für viele ein Hinweis darauf, dass politische und persönliche Interessen in Gmunden nicht immer sauber getrennt werden. Zu diesem Bild passt auch, dass VP-Bürgermeister Heinz Köppl neuerdings ein gern gesehener Jagdgast der Familie Asamer ist.

Vertrauensbildung sieht aber anders aus.

Der Ball liegt inzwischen bei den Errichtern. Der Flächenwidmungsplan wurde von der Landesregierung genehmigt, jetzt ist vor allem noch die Ausfinanzierung offen. „Ich bin sehr optimistisch, dass das Seehotel kommt“, sagt VP-Tourismusstadtrat Gerhard Meingast. „Aber eigentlich bräuchten wir noch ein paar Hotels mehr.“

 

OÖN-Podiumsdiskussion am 15. Juni, 19 Uhr, Stadttheater

Wie kann der touristische Niedergang Gmundens gestoppt werden? Warum ist es in Gmunden so schwierig, Hotelprojekte zu verwirklichen? Was hat der Gästeschwund mit dem Aussterben der Innenstadt zu tun? Und welche Rolle spielt in der ganzen Sache die unbefriedigende Verkehrssituation in Gmunden?
Antworten auf diese Fragen soll eine OÖN-Podiumsdiskussion bringen, die am Mittwoch, 15. Juni, um 19 Uhr im Gmundner Stadttheater stattfindet. Am Podium sitzen VP-Bürgermeister Heinz Köppl, Tourismusdirektor Andreas Murray, der Grüne Hotelstandort-Kritiker Otto Kienesberger, der Gmundner Verkehrsplaner Helmut Koch sowie Rösslwirt Helmut Peter aus St. Wolfgang. Erbeten sind aber auch kritische Fragen aus dem Publikum.
Die Diskussion wird von den beiden OÖN-Lokalredakteuren Gary Sperrer und Edmund Brandner geleitet. Der Eintritt ist frei.

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26. April 2024