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Ein Pfarrer mit Tattoos und Piercing

Von Herbert Schorn   28.September 2018

"Ich bin ein Suchender", sagt Samuel Ebner, während er in seinem Büro im Linzer Prunerstift eine Kapsel in die Kaffeemaschine schiebt. Aus dem offenen Fenster tönt eine Geige von der nahen Musikschule herein. Wer in das Pfarrbüro will, muss eine uralte Wendeltreppe erklimmen, die direkt neben der Altkatholischen Kirche in den ersten Stock führt.

Dort hat der Suchende nun eine Heimat gefunden. Der 41-Jährige wird am Sonntag als neuer Pfarrer der Linzer Altkatholischen Gemeinde installiert. Wobei "Linz" in diesem Fall eher weit gefasst ist: Das Gemeindegebiet reicht über Steyr und Wels bis nach Molln. Ganz neu ist der gebürtige Steirer in Linz nicht mehr: Bereits seit Jänner 2017 führt er als Vikar die Geschicke der Gemeinde. Nach einer Art Probezeit wählten ihn die Mitglieder schließlich heuer im Juni zum Pfarrer.

"Irgendetwas hat gefehlt"

Die Wege, die den Pfarrer nach Linz führten, waren verworren. Nur eines war ihm schon früh klar: Dass er sein Leben Gott weihen möchte. Als Kind war das Berufsziel Papst, später das Priesteramt. "Der Pfarrer in meiner Heimatpfarre Fohnsdorf hat mich mit seiner offenen Haltung sehr beeindruckt und geprägt." Doch wie sollte er Gott folgen? Denn alleine zu leben, war seine Sache nicht, so viel wusste er. So ging Ebner nach Tirol, um in Telfs Franziskaner-Mönch zu werden. Er studierte in Salzburg Theologie, arbeitete als Schulseelsorger. Aber: "Irgendetwas hat mir gefehlt." Er wechselte in den Benediktinerorden, wurde Pater im Stift Admont. Er arbeitete während der Woche als Schulseelsorger im Stift und am Wochenende als Priester in fünf Pfarren. Rastlos war er unterwegs, heimlich ließ er sich Kreuze und religiöse Sprüche auf beide Arme tätowieren. Heute trägt er zusätzlich ein Piercing. Angekommen war er noch immer nicht.

Die Liebe zu einer Frau zwang Samuel Ebner schließlich zu einer Entscheidung. Doch was tun? "Ich wollte weiter Priester bleiben." So knüpfte Ebner Kontakte zu Altkatholiken. Im Juli 2016 trat er aus der römisch-katholischen Kirche aus und bei den altkatholischen Kollegen ein. Dort wurde er mit offenen Armen empfangen: "Hier kann ich endlich so leben, wie ich bin." Auch die Bereiche, die ihm in der römisch-katholischen Kirche Unbehagen bereiteten, ist er nun los: den Umgang mit Geschiedenen, die wieder heirateten, mit Frauen, die Priester werden wollen, oder mit Homosexuellen.

"Werde nie aufhören zu suchen"

Nun ist endlich Ruhe in sein Leben eingekehrt. Im August heiratete er seine große Liebe Stefanie, am Sonntag wird er um 10 Uhr als Pfarrer installiert. Doch eines wird er auch jetzt nicht aufgeben: "Ich werde nie aufhören, Gott zu suchen. So bleibe ich immer offen für die Begegnung mit ihm."

 

Altkatholische Kirche

1909 gründete sich die Altkatholische Kirchengemeinde von Linz. Heute hat sie rund 600 Mitglieder und ist neben Ried die zweite Gemeinde in Oberösterreich. Das Gemeindegebiet reicht über den Zentralraum Linz, Wels, Steyr bis nach Molln. Die Kirche liegt direkt im Prunerstift und kann über die Musikschule betreten werden.

Die Altkatholische Kirche spaltete sich nach dem Ersten Vatikanischen Konzil 1870 von der römisch-katholischen Kirche ab, weil sie die Unfehlbarkeit des Papstes nicht anerkannte. Glaubens- und Liturgieverständnis sind dennoch ähnlich. In der Altkatholischen Kirche dürfen Priester aber heiraten, dieses Amt steht auch Frauen offen. Bischöfe werden von der Synode gewählt, Pfarrer von der Kirchengemeinde.

10.000 Altkatholiken gibt es in Österreich, prominente Mitglieder: Hannes Androsch oder der verstorbene Künstler Alfred Hrdlicka. Österreichweit gibt es elf Pfarren. Der Landeskirche steht Heinz Lederleitner als Bischof vor.

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