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Als Lesbe bei der Polizei: „Tabuthema“

Von Von Herbert Schorn   25.Juni 2010

OÖN: Wissen Ihre Kollegen von Ihrer Homosexualität?

A.: Diejenigen, die mich darauf ansprechen, wissen es. In der Gruppe ist das ein absolutes Tabuthema. Aber wenn man über Stunden zu zweit auf Streife fährt, kommt auch das Privatleben zur Sprache.

OÖN: Sprechen Sie es da an?

A.: Nein, da sehe ich keinen Anlass. Das hat ja mit der Arbeit nichts zu tun. Aber natürlich rutscht mir manchmal etwas heraus, wenn ich eine Frau sehe, die mir gefällt – genauso wie den männlichen Kollegen. Dann denk ich mir „Ups, jetzt weiß er’s.“

OÖN: Und? Wie reagieren die Kollegen?

A.: Manche interessiert es, die meisten nehmen es unberührt zur Kenntnis. Da hab’ ich selbst immer viel mehr Bammel. Anscheinend habe ich selbst viel mehr Vorurteile, wie die Kollegen reagieren könnten. Das war bisher unbegründet. Ich habe noch keine einzige negative Reaktion erhalten.

OÖN: „Unberührt“ heißt für Sie positiv?

A.: Ja. Sie werten nicht. Sie nehmen es einfach zur Kenntnis. Sie sind vielleicht überrascht, aber es kommt nichts Negatives. Das ist das, wovor ich Angst habe. Ich finde traurig, dass es so ist. Weil ich ein Gefühl von Liebe verheimlichen muss.

OÖN: Sie sind also vorsichtig.

A.: Ja, weil ich von Kollegen weiß, dass es auch anders sein kann. Es gibt Kollegen, die richtig gemobbt werden. Ich will nicht auf meine sexuelle Orientierung reduziert werden. Da hab ich mehr zu bieten.

OÖN: Was ist den Kollegen passiert?

A.: Sie wurden zum Beispiel versetzt. Wenn man will, kann man immer einen Grund finden, um jemanden zu versetzen – und jeder weiß, dass es wegen der Homosexualität war.

OÖN: Wurden Sie selbst schon diskriminiert?

A.: Im Dienst nicht. Aber wenn ich mit meiner Freundin auf der Straße Hand in Hand gehe, werden wir oft gemustert. Wir hören auch Meldungen wie „Scheißlesben“.

OÖN: Wie viel Mut erfordert es, sich zu outen?

A.: Man braucht schon Mut. Man geht das Risiko ein, dass man sich emotional einem Angriff aussetzt. Man hat Angst vor Ablehnung. Wenn ich weiß, jemand hat ein Problem damit, vermeide ich es. Aber die, die mir wichtig sind, wissen’s.

OÖN: Haben Sie dadurch Nachteile in der Arbeit?

A.: Nein. Einmal hat mich meine Freundin vom Dienststellenausflug abgeholt, noch ein Glas mitgetrunken, das war kein Problem. Manche sagen: „Es sollte mehr von dir geben.“ Dann sage ich: „Du weißt ja gar nicht, wie viele es gibt.“

OÖN: Sind es viele, die sich nicht outen?

A.: Ich glaube, die meisten. Ich kenne in Oberösterreich 14 homosexuelle Kollegen, aber nur zwei sind geoutet. Eine lebt sogar bei ihrem „Freund“, die führt ein Doppelleben.

OÖN: Was befürchten die Kollegen, die sich nicht outen?

A.: Es ist Unsicherheit, Angst vor Diskriminierung, Mobbing. Da erwische ich mich selbst auch dabei. Man braucht ja nur hören, wie manche Kollegen über Schwule schimpfen. Da tun sich Abgründe auf.

OÖN: Gibt es Kollegen, die mit Ihnen nicht mehr Dienst machen wollen?

A.: Nein. Aber manche Kollegen würden nie mit einem Schwulen ins Auto steigen. Sie befürchten Übergriffe. Sie wissen es halt nicht besser.

OÖN: Nehmen die Kollegen Lesben und Schwule unterschiedlich wahr?

A.: Ja. Schwule sind bedrohlich, Lesben nicht. Lesben sind der kumpelhafte Typ oder die Schade-dass-sie-der-Männerwelt-vorenthalten-bleibt-Frau. Nach dem fünften Bier hört man dann die Männerphantasien: „Zwei Frauen, das finde ich erotisch.“

OÖN: Ist die Polizei homophober als andere Gruppen?

A.: Aufgrund der Aufgaben und Strukturen würde ich sagen, dass es hier viele konservative, geradlinige Menschen gibt. Aber homophob? Nein.

OÖN: Sie wohnen mit Ihrer Freundin in Rohrbach. Wie lebt man im Mühlviertel als Lesbe?

A.: Ich stamme aus Weitersfelden, habe sechs Jahre in Linz gelebt und wohne jetzt seit eineinhalb Jahren in Rohrbach. Ich kenne also Stadt und Land. Gerade am Land hat sich für mich bestätigt: Man hat viel mehr Angst und Vorurteile als begründet. In Weitersfelden weiß jeder, wie ich bin. Und wenn nicht, dann kann er es daraus schließen, wie ich mit meiner Freundin auftrete.

OÖN: Wie denn?

A.: Wir gehen Hand in Hand, ich drücke sie, geb ihr ein Busserl auf die Wange. So wie man eben eine Partnerschaft führt. Ungezwungen, herzlich.

OÖN: Schwierigkeiten hatten Sie in Rohrbach noch nie?

A.: Nein. Ich glaube, die Nachbarn wissen, dass wir zusammengehören. Ich kriege mit, wie geredet wird, wie wir gemustert werden. Aber es wird kommentarlos hingenommen. Das finde ich klass.

OÖN: Was wünschen Sie sich?

A.: Dass ich nicht mehr darüber nachdenken muss, ob ich es sagen kann oder nicht.

OÖN: Und bei der Polizei?

A.: Die Polizei setzt sich aus Einzelpersonen zusammen. Wenn jeder seine Einstellung der Zeit angleicht, gibt es keine Diskussionen mehr. In den letzten Jahren hat sich viel verändert. Es gibt eine gute Tendenz.

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