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Wie Aschermittwoch im Oktober

Von Roman Kloibhofer   09.Oktober 2017

Sebastian Kurz war am Anfang, Heinz-Christian Strache steht am Ende – der Rieder Hauptplatz war, nach der Kurz-Kundgebung im August, am Samstagabend zum zweiten Mal in diesem Wahlkampf Schauplatz einer Wahl-Großkundgebung. Als vierte Station an diesem Tag steht Ried auf dem Tourprogramm der FPÖ.

Es sind rund 2000 bis 2500 Besucher, die ins Festzelt drängen. Stimmung und Bierkonsum sind hoch – und auch die Sicherheitsmaßnahmen. Polizisten patrouillieren in der Innenstadt, Beamte sind an allen Zugangswegen zum Zelt postiert. Auch 20 Mitarbeiter einer privaten Sicherheitsfirma sind im und um das Zelt im Einsatz. Feuerwehrautos blockieren die Zufahrtsstraßen, aus Sicherheitsgründen, wie ein Feuerwehrmann sagt: "Damit keiner auf die Idee kommt, mit einem Fahrzeug hereinzufahren…"

Als die Weilbacher Musikkapelle "Das Regiment der Rainer…" anstimmt, schäumt die Stimmung über. Es wird lautstark mitgesungen, manche stehen schon auf der Bierbank. Dabei ist das Volksfest noch nicht einmal eröffnet…

Hermann Brückl, Wolfgang Klinger, Elmar Podgorschek – die lokalen FPÖ-Größen dürfen den Anfang machen und als Vorredner auf die Bühne. Ordnung, Sicherheit, die Grenzen, der Islam, Bürokratieabbau und Heimat – das sind die Themen, die sie ansprechen.

Gegen dreiviertel acht ziehen die Gladiatoren ein. Tosender Jubel, Applaus, geschwungene Fahnen begleiten Heinz-Christian Strache und Manfred Haimbuchner auf ihrem Weg durchs Zelt. Mit dabei ist auch Straches Gattin Philippa, und Manfred Haimbuchner verrät: "Es ist heute der erste Hochzeitstag der beiden!"

Haimbuchner gibt sich kämpferisch bei seiner Rede, er teilt – ganz im Stile seines Bundesobmannes – verbale Schläge in alle Richtungen aus. Seine Feindbilder sind rasch definiert: "Die linken Utopisten, die Medien und die linken Journalisten!", ruft Haimbuchner und erklärt seine Werte: "Die Familie mit Vater, Mutter, Kinder." Der ÖVP und SPÖ richtet er nach seiner 25-Minuten-Rede aus: "Hört’s nicht mehr auf eure Spindoktoren, hört’s auf die Leut im Bierzelt!"

Heinz-Christian Strache wirkt gemäßigter, und er vergisst nicht, seiner Frau zu danken, überreicht ihr Blumen, küsst sie und sagt: "Ich bin ja heute praktisch auf Hochzeitsreise im Innviertel!"

Doch dann ist es auch schon vorbei mit Harmonie. Strache schießt sich auf den "rot-schwarzen Proporzkleber" ein, kommentiert das "Dirty Campaigning" der Regierungsparteien und ereifert sich über "Werner Feigmann" und "Ohrwaschlkaktus" Sebastian Kurz ("Der hat ja nicht einmal einen ordentlichen Beruf erlernt") sowie "Menschgott Christian Kern" und dessen Slimfit-Anzüge. "Wer nach Jauche gräbt, darf sich nicht wundern, wenn er nach Scheißdreck stinkt", so die Botschaft Straches an die Bierzelt-Gäste.

Es ist wie Aschermittwoch im Oktober. Straches Reibungspunkte verteilt er auf seine 55-Minuten-Rede: die Handys der Flüchtlinge ("Pass haben s’ eh keinen!"), die Islamisierung, die in Gefahr befindliche Identität Österreichs, die Registrierkassenpflicht, das Bargeld, das in Gefahr sei, das Kreuz in den Schulklassen, die "Bonzenschutzmauer" im Wiener Regierungsviertel und das Rauchverbot in Lokalen. Das Bierzelt-Volk tobt, und Heinz-Christian Strache schließt, gemeinsam mit Manfred Haimbuchner und mit geschwenkter Österreich-Fahne: "Immer wieder Österreich!"

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