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Die Teller werden wieder bunt

Von Philipp Braun   05.Juni 2021

Mit der Schwarz-Weiß-Malerei ist Schluss. Zwar ist die Pandemie noch nicht zu Ende, aber zumindest sind die Gastgärten wieder offen. Es darf öffentlich geschmaust, gelacht und geherzt werden. Mit dem Hinausstellen der Tische und Stühle blitzt ein fast verloren gegangenes Lebensgefühl hervor. Gleichzeitig mit dem Blitzgewitter an Freude beginnt die süße Saison der Erdbeeren. Die hielten sich zwar an keine Ausgangsbeschränkungen und waren lange vor Corona immer einer der ersten Frühsommerboten. "Wenn die Erdbeersaison beginnt, ist es bis zum Sommer nicht mehr weit. Man merkt es am Verhalten der Gäste. Sie sitzen öfter im Garten, das Gefühl ist ein anderes. Wir verbinden mit Erdbeeren immer den Sommer", sagt Florian Schlöglmann aus Kirchheim im Innkreis.

Der Haubenkoch führt mit seiner Frau Sibylle den Wirt z’Kraxenberg, einen der gastronomischen Vorzeigebetriebe, die den Bund mit dem ehrlichen Kochhandwerk und dem Geschmack eingegangen sind. Statt Krixikraxi auf den Tellern kocht Schlöglmann mit seinem Sous-Chef Sebastian Redinger schnörkellos, traditionell und so beeindruckend, dass Genießer von Linz ins Innviertel fahren. Knappe hundert Kilometer sind es, die in Vorfreude auf die gebotene Küche wie im Flug vergehen.

"Ich koche halt ,old school’. Viele klassische Gerichte. Ich finde Innereien und geschmorte Speisen spannend. Das hat etwas Schönes. Das taugt mir einfach", sagt Schlöglmann. Im Umkehrschluss bedeutet das allerdings, dass der Koch von inszenierter Küche oder modernen Methoden wie Sous-Vide wenig hält. "Ich verschließe mich dem nicht, aber das andere taugt mir einfach mehr. Wenn wer Teller mit Erde und Staub servieren will, hat das seine Berechtigung", sagt der 36-Jährige, schnauft kurz durch und ergänzt: "Die es perfekt können, ist eh kein Thema, nur gibt es viele Nachahmer, und das ist nicht mein Fall."

Schnörkellose feine Küche

Schlöglmann mag zwar "old school" und schnörkellos kochen, seine Gerichte strahlen trotzdem wie reife Erdbeeren auf dem Feld. Er kocht behutsam und nach dem Saisonkalender. Verständlich, denn dann schmecken auch die Lebensmittel am besten.

Freilich gäbe es auch Erdbeeren im Winter zu kaufen. Man kann sich auch im kalten Regen ins Freie setzen und abwascheln lassen. Beides ist möglich, beides macht allerdings keinen Spaß. Wer einmal im Winter Erdbeeren probiert hat (das gilt übrigens auch für Paradeiser), wird zwar von der Farbe animiert sein, der Biss in die Frucht ist aber erschütternd. Nicht einmal der begabteste Sensoriker findet irgendetwas, das entfernt an Geschmack erinnert. Keine Süße, kein Fruchtgeschmack, nur etwas belanglose Säure. Enttäuschend und rufschädigend für jede der über tausend Erdbeersorten, die es gibt. Mieze Schindler, Königin Luise, Schöne Meißnerin – sie alle würden am liebsten wieder im Boden versinken, bevor sie mit diesen geschmacklosen Verwandten verglichen werden.

Erdbeeren sind ein Symbol der Lust und der Sinnlichkeit, die sattgrünen drei- bis fünfteiligen Blätter waren in England ein Zeichen von Rang. Nicht nur deswegen sollte man die zu den Rosengewächsen zählende Frucht dementsprechend würdigen.

"Eine gute Erdbeere muss die richtige Temperatur haben. Sie darf nicht zu kalt aus dem Kühlschrank kommen und muss reif sein. Am besten schmeckt sie warm und direkt gepflückt vom Erdbeerfeld", sagt Schlöglmann. "Viele machen den Fehler und verwenden die Erdbeeren frisch aus dem Kühlschrank. Das ist zu kalt, die Erdbeere verliert ihre Vorzüge." Neben dem Aroma ist die vielseitige Einsetzbarkeit eine weitere gute Eigenschaft. Erdbeeren mit Schlag geht natürlich immer und sind ein Klassiker, der direkt in der Kindheit andockt. Auch Schlöglmann bevorzugt die süße Spielart von Erdbeeren. Als Ragout zum Beispiel. Dazu karamellisiert er Zucker, gießt Erdbeersaft dazu und rührt etwas Puddingpulver ein. Am Ende noch ein paar frische Erdbeeren, Mousse vom Schafsjoghurt und Erdbeereis. Ein Sommer auf dem Gaumen!

Erdbeeren kann man auch anders zubereiten. Schlöglmann probierte für das Hoamatland Reh mit Balsamico-Erdbeeren. "Das schmeckt so gut, das nehmen wir ins Programm auf." Zucker karamellisieren, mit Balsamicoessig ablöschen, Wacholder, Thymian und Ingwer dazu und mit kalter Butter montieren. Dann nicht zu reife Erdbeeren dazugeben, ziehen lassen, mit Reh und Ofensellerie servieren, im Garten Platz nehmen, genießen, lachen und die Vielfalt des Sommers genießen. Schwarz-weiß war gestern. Das Leben ist zu bunt, um ihm die Farbe zu nehmen.

Das Team

Wirt z’Kraxenberg
Das Team

Der Wirt z’Kraxenberg mag zwar unscheinbar neben der Bundesstraße liegen, gilt aber als eines der kulinarischen Glanzlichter des Landes. Seit 1892 gibt es das Wirtshaus, dank Sibylle und Florian Schlöglmann steht es für vorzügliche Hausmannskost: ehrlich gekocht, handwerklich ausgereift und geschmacklich perfekt umgesetzt, ohne sich in Effekthascherei zu verlieren. Unterstützung bekommt das Ehepaar von Souschef Sebastian Redinger (li.).

  • wirtzkraxenberg.at

Rezepte

Seesaibling, Liebstöckel-Graupenrisotto, Erdbeer-Pfeffer-Chutney

Wirt z’Kraxenberg

Zutaten (2 Personen):

Fisch: 200 g Seesaiblingsfilet entgrätet und portioniert,
Olivenöl, 1 Thymian, 1 Knoblauchzehe, Flocke Butter, Mehl

Liebstöckel-Graupenrisotto: 100 g Graupen, ¼ l Gemüsefond, 50 g Parmesan gerieben, 100 g Liebstöckelpaste (Liebstöckel blanchieren und mit etwas Gemüsefond zur Paste mixen), 30 g Butter

Erdbeer-Pfeffer-Chutney: 50 g Zucker, 6 cl Balsamico hell, 2 cl Cognac, 1 EL Pfeffer in Salzlake grün, 100 g Erdbeeren, klein würfelig geschnitten

Zubereitung:

Gebratener Fisch: Olivenöl in der Pfanne erhitzen, die Hautseite des Saiblings mehlieren und mit der Haut nach unten in die Pfanne geben. Butter, Thymian und Knoblauch in die Pfanne dazugeben und mit einem Löffel den Fisch (Fleischseite nach oben) immer wieder übergießen, bis er fertig ist (in der Mitte noch leicht glasig).

Risotto: Graupen in Salzwasser bissfest kochen (zirka 6 Min.) und abkühlen lassen. Die gekochten, abgekühlten Graupen mit der Liebstöckelpaste und Butter erwärmen. Mit Salz und Pfeffer abschmecken. Gemüsefond je nach Bedarf dazugeben; zum Schluss den gerieben Parmesan einrühren.

Chutney: Zucker karamellisieren lassen und mit Cognac und Balsamico aufgießen; Pfefferkörner (ohne Lake) dazugeben und einreduzieren lassen, bis es leicht cremig wird; von der Platte nehmen und die Erdbeeren dazugeben; abkühlen lassen.

Rehrücken, Sellerie, Balsamicoerdbeeren

Wirt z’Kraxenberg

Zutaten:

Sellerieduett: 1 Knollensellerie, 100 g Butter, 100 g Milch, 100 g Obers, Salz, Muskatnuss

Erdbeeren: 100 g nicht zu reife Erdbeeren, 100 ml Balsamico,
je 50 g brauner Zucker und kalte Butter, Wacholder, Thymian, Ingwer
Reh: 300 g Rehrücken, ausgelöst und zugeputzt, Öl, Thymian, Rosmarin, Butter

Sauce: 1 kg Rehknochen, 1 kl. Knollensellerie, 3 gelbe Rüben,
2 Zwiebeln (alles grob gewürfelt), 3 EL Tomatenmark, 0,5 l Rotwein, 1 l Wildfond, Öl, Wacholder, Thymian, Pfefferkörner, Maisstärke, Preiselbeeren

Zubereitung:

Sellerie im Ganzen mit Schale für ca. 60 Minuten bei 180°C ins Backrohr. Im Anschluss schälen und sechs gleichmäßige Würfel (ca. 4 x 4 cm) rausschneiden. Restlichen Sellerie mit Obers, Milch und Butter mixen. Durch ein feines Sieb streichen und mit Salz und Muskat abschmecken.

Zucker karamellisieren, mit Balsamico ablöschen. Gewürze dazugeben, mit kalter Butter montieren. Die Erdbeeren damit übergießen und mind. 1 Stunde ziehen lassen.

Rehrücken in Öl auf allen Seiten anbraten und bei 90°C ins Rohr geben (Kerntemperatur von 56°C). Wenn der Rehrücken die Kerntemperatur erreicht hat, in einer Pfanne etwas Butter schmelzen lassen, die Kräuter dazugeben und den Rehrücken darin noch kurz glacieren, salzen und pfeffern.

Knochen mit Sellerie und Rüben in etwas Öl braun rösten. Zwiebeln mitrösten. Die Hälfte des Tomatenmarks dazugeben und mitrösten. Mit der Hälfte des Weines ablöschen und einreduzieren. Vorgang wiederholen. Mit Wildfond aufgießen. Wacholder, Thymian und Pfefferkörner dazu und

zwei Stunden köcheln lassen und um mindestens die Hälfte reduzieren. Durch ein Sieb (Etamin) abseihen. Mit Maisstärke leicht eindicken, dann gut aufkochen lassen, um den Stärkegeschmack wegzubringen. Nach Geschmack nachwürzen und eventuell mit Preiselbeeren verfeinern.

Mousse vom Schafjoghurt, Erdbeerragout, Erdbeer-Schafmilcheis

Wirt z’Kraxenberg

Zutaten:

Mousse: 200 g Schafjoghurt, 100 ml Obers geschlagen, 1,5 Blatt Gelatine, 20 g Staubzucker, Abrieb und Saft von einer Zitrone, ½ Vanilleschote

Ragout: 350 g Erdbeeren, 125 ml Wasser, 50 g Zucker,
3 EL Zitronensaft, 4 Blätter Minze, 4 cl Holunderblütensirup, 150 g Schafjoghurt

Eis: 100 g Zucker, 200 ml Erdbeersaft, 1 EL Puddingpulver, 20 g Erdbeeren, geschnitten

Zubereitung:

Mousse: Gelatine in kaltem Wasser einweichen, Joghurt mit Staubzucker, Zitronensaft und -abrieb sowie dem Mark der Vanilleschote verrühren. Die Gelatine gut ausdrücken und erwärmen. 4 EL des verrührten Joghurts mit der flüssigen Gelatine verrühren (sollten Klumpen entstehen, noch einmal kurz erwärmen) und dann in das restliche Joghurt einrühren. Das geschlagene Obers unterheben. Entweder in kleine Silikonförmchen abfüllen (welche später gestürzt werden können) oder in eine Form geben, um später Nocken ausstechen zu können. Kalt stellen (mindestens sechs Stunden).

Erdbeer-Schafmilcheis: Wasser und Zucker einmal aufkochen und dann kalt werden lassen. Die Erdbeeren damit mixen, Minze, Zitronensaft und Holunderblütensirup noch kurz mitmixen. Durch ein Sieb passieren und mit dem Schafjoghurt mischen. Diese Masse dann in die Eismaschine geben.

Erdbeerragout: Zucker karamellisieren lassen und mit dem Erdbeersaft aufgießen. Mit dem angerührten Puddingpulver eindicken, gut aufkochen und dann abkühlen lassen. Zum Schluss die geschnittenen Erdbeeren in die abgekühlte Sauce unterheben.

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26. April 2024