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"Der Mensch ist das höhere Gut als die Labormaus"

23.Mai 2020

Derzeit gibt es weder einen Antrag auf Genehmigung von Tierversuchen beim Wissenschaftsministerium, noch hat die Medizinfakultät der Johannes Kepler Universität gar ein Labor, wo Tierversuche stattfinden. Dennoch will sich die Forschungseinrichtung mittelfristig dieser Methode nicht verschließen.

"Aber nur dort, wo es einen klaren Nutzen für die Gesellschaft gibt. Wir wollen einen eigenen Linzer Weg gehen", betonte Rektor Meinhard Lukas gestern bei einer online auf Youtube übertragenen Diskussionsrunde der JKU zum Thema "Tierversuche – Ethik der Mensch-Tier-Beziehung".

Eingeladen waren Professor Clemens Schmitt, Vorstand für internistische Onkologie an der Linzer Universitätsklinik, und Madeleine Petrovic, die Leiterin des Wiener Tierschutzvereins. "Als Kliniker und Arzt sage ich, der Mensch ist das höhere Gut als die Labormaus", so die Position des Mediziners. Es dürfe sich dabei aber nicht um einen bloßen Erkenntnisgewinn "um des Wissen-Wollens" handeln. Tierversuchsfreie Forschungen müssten forciert werden, es gehe aber um die Erforschung der "besseren Therapien von morgen", sagte Schmitt, der zum Thema Tierversuche so wie Rektor Lukas die Position "Nein, aber" vertritt.

"Dass wir Tierversuche brauchen, weil Krebs eine schreckliche Diagnose ist, höre ich seit Jahrzehnten. Aber den Durchbruch haben wir bisher nicht", konterte Petrovic, die zu Tierversuchen "Nein, ohne Aber" sagt. Die Schäden durch aufgrund von Tierversuchen zugelassenen Arzneien seien "enorm". Als Beispiel nannte Petrovic den Contergan-Skandal in den 60er Jahren, als ein Mittel gegen Schwangerschaftsübelkeit zu schweren Missbildungen bei Neugeborenen führte.

"Ohne chemische Keule"

"Diese Steilvorlage nehme ich gerne an", sagte der Onkologe. "Hätte die Firma mehr in Tierversuche investiert, hätte man gelernt, was die Substanz Thalidomid tut." Die jüngsten Erfolge bei Immuntherapien für Krebspatienten – "ohne chemische Keule" – seien "alle nur mit Tierversuchen möglich gewesen". Zudem seien etwa Mikroorganchips, die Blutkreislauf und Organe simulieren können, als Alternative zu Tierversuchen aufwendig und teuer, sagte Schmitt.

Bei Tierversuchen wolle sich die JKU künftig eine strenge "Selbstbindung" auferlegen, die über die gesetzlichen Vorschriften hinausgehe, sagte Lukas. Die Zivilgesellschaft müsse eingebunden werden. "Kann man Laien zumuten, sich ein Bild zu machen, ob ein Tierversuch ethisch gerechtfertigt und zielführend ist? Ja, das traue ich ihnen zu." Lukas denkt an "Laienbeteiligungsmodelle wie bei den Gerichten". In Schweden gebe es etwa paritätische Kommissionen aus Laien und Experten, die gemeinsam entscheiden. (staro)

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