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Wieder drei tote Schafe: Sorge im Grenzgebiet

Von Alfons Krieglsteiner und Michael Polzer   26.September 2018

Knapp 20 Kilometer sind es von Bad Großpertholz im Bezirk Gmünd nach Liebenau im Bezirk Freistadt. Für den Wolf ein "Katzensprung". Kein Wunder, dass die neuen Meldungen von Wolfsrissen in der Waldviertler Gemeinde auch auf Mühlviertler Seite mit Sorge aufgenommen werden. "Das trägt dazu bei, dass der Wolf bei uns ein hoch emotionales Thema bleibt", sagt Vizebürgermeister Manfred Eckl.

Am 26. August hatte eine Wildkamera in einem Waldstück bei Liebenau ein fünfköpfiges Wolfsrudel aufgenommen. Seither darf der Wolf dort mit Vergrämungsmaßnahmen verjagt werden – erstmals in Oberösterreich. Im angrenzenden Niederösterreich geht man einen Schritt weiter: "Problemwölfe" dürfen dort laut neuem Jagdgesetz künftig "bei Gefahr in Verzug" rasch erlegt werden. Doch Johann Prinz, 64-jähriger Schafhalter im Bad Großpertholzer Ortsteil Angelbach, will das "umständliche Behördenverfahren" nicht abwarten: "Würde ich den Wolf sehen, würde ich ihn selber aufs Korn nehmen."

"Mordswut" auf den Wolf

Denn eine "Mordswut" hat sich bei Prinz aufgestaut, nachdem er durch Wolfsattacken bereits neun Schafe verloren hat. "Anfang August hat er auf meiner Weide hundert Meter vom Haus entfernt fünf Schafe gerissen, die Überreste des sechsten haben wir drei Wochen später im Wald gefunden", berichtet Prinz. Und in der Nacht zum vergangenen Montag ist er offenbar zurückgekommen. Die Bilanz diesmal: drei tote Schafe.

"Er hat den ein Meter hohen Gitterzaun übersprungen", sagt Prinz. Zwei Jungschafen hat der Wolf so schwere Wunden zugefügt, dass sie eingeschläfert werden mussten, "und den 20 Monate alten Schafbock hat er bis auf die Knochen aufgefressen." Prinz wird die Schafhaltung aufgeben, "auch wenn die Landschaft verwildert, denn das hat doch keinen Sinn."

Zwei Experten der Veterinärmedizinischen Uni Wien haben den Wolfsverdacht bestätigt. Ein DNA-Test soll Klarheit schaffen. Erst am vergangenen Freitag dürfte ein Wolf im nahen St. Martin drei Schafe getötet haben, ein weiteres musste notgeschlachtet werden.

Kurt Hofer, Jagdpächter im Raum Bad Großpertholz, ist vergangene Woche ein Wolf begegnet, "als ich in der Früh mit meinem Dackel zum Auto gegangen bin." Er habe den Wolf "angeschrien und angeleuchtet, dann hat er sich langsam zurückgezogen". Die angebliche Scheu des Wolfes vor dem Menschen "stimmt sicher nicht".

Wölfe vergrämen: „Wie soll das funktionieren?“

Der Veranstaltungssaal im Gasthaus Pammer in Mardetschlag (Gemeinde Leopoldschlag) war gut besucht: Montag Abend informierten Experten des Landes dort über den Umgang mit Wölfen. Die fast vollständig versammelte Jägerschaft des Bezirkes Freistadt hörte, dass man als Jäger nur im absoluten Notfall schießen darf, sonst aber nach einer Wolfssichtung die zuständige Behörde zu informieren habe, die dann allenfalls das Vergrämen des Tieres durch Gummigeschosse bewilligt.

„Wie soll das in der Praxis funktionieren“, fragten viele Jäger die Landes-Experten: „Ich sehe im Wald einen Wolf, gehe dann heim, melde mich bei der Behörde, und dann darf ich ihn wieder suchen, um ihm Gummi zu geben?“

Rechtsexperte Helmut Mülleder verwies auf die geltende Fauna-Flora-Habitat-Vereinbarung (FFH) der EU, wonach der Wolf unter Artenschutz steht. Aktuelle Entwicklungen würden jedoch dazu führen, dass man sich in der EU um eine Ausnahmeregelung bemüht, beziehungsweise das Modell des Wolfsmanagements in der Schweiz heranzieht, wo im besiedelten Gebiet durchaus auf den Wolf geschossen werden darf.

Auf einige Fragen besorgter Jäger und Landwirte wussten die Fachreferenten auch keine wirkliche Antwort: So tat ein Jäger seine Sorge kund, dass bei seinen Futterkrippen im Grenzgebiet kein Wild mehr anzutreffen sei, weil der Wolf dort lauere. Frisst das Wild aber nicht bei der Fütterung, dann knabbert es an Jungbäumen, und bei der nächsten Begehung mit dem Bezirksförster wird der Abschussplan in die Höhe geschraubt. „Da kommt es zu einer falschen Zahl im Abschussplan des Reviers“, sagte Wolfgang König aus Windhaag.

Auch Fragen nach der Schulwegssicherung für Kinder blieben ungeklärt. Das Resümee der Experten: Oberösterreich sei bemüht, gemeinsam mit seinen Nachbarn effizientes Wolfsmanagement zu betreiben. Nach jeder Wolfssichtung würden DNA-Proben entnommen, um den Weg und den Verbleib der Tiere nachzuvollziehen. Im Übrigen gelte die aktuelle Gesetzeslage, dass der Wolf unter Artenschutz steht.

Bilanz der Wolfsrisse

Mehr als 40 Schafe und Ziegen haben Wölfe seit August in Niederösterreich schon getötet. Die jüngsten mutmaßlichen Risse ereigneten sich in der Nacht zum Freitag in St. Andrä Wördern (Bez. Tulln), wo zwei Schafe und fünf Ziegen verendeten, und in der Nacht zum Montag in Bad Großpertholz, wo einem Wolf drei Schafe zum Opfer fielen.

Auch in Oberösterreich mussten die Tierhalter heuer schon Verluste durch Wölfe hinnehmen. Am 24. Mai zwei tote Schafe in Weyer, am 8. Juni ein totes Kalb auf einer Weide in Liebenau. Am 30. Juni fielen ebenfalls einem Wolf fünf Schafe auf einer Weide in Weitersfelden zum Opfer, und am 12. Juli wurde in Unterweißenbach ein trächtiges Muttertier tot aufgefunden.

In Niederösterreich dürfen „Problemwölfe“ seit vergangener Woche erlegt werden, in Oberösterreich gelten vorerst nur Vergrämungsmaßnahmen.

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