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Straffällige Flüchtlinge abschieben? Leicht gesagt, doch rechtlich schwierig

Von OÖN   25.August 2016

Mit der Forderung, dass Flüchtlinge ihren Schutzstatus automatisch verlieren sollen, wenn sie verurteilt werden, ließ Innenminister Wolfgang Sobotka (VP) kürzlich aufhorchen. Juristen bezweifeln, dass dies machbar ist.

 

Unter welchen Voraussetzungen verlieren kriminelle Asylberechtigte ihren Status?

Nicht jedem Asylberechtigten, der gegen das Strafrecht verstoßen hat, droht der Verlust des Schutzstatus oder gar die Abschiebung. Im Gegenteil: Die Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) und das Asylgesetz knüpfen daran strenge Kriterien. Es muss eine rechtskräftige Verurteilung wegen eines "besonders schweren Verbrechens" vorliegen, vom Täter muss eine "Gefahr für die Allgemeinheit" ausgehen. Morde, Vergewaltigungen und Raubüberfälle gelten als Beispiele für "besonders schwere Verbrechen". Diebstähle, Drogendelikte und sogar absichtlich schwere Körperverletzungen sind hingegen "zu wenig".

Wer entscheidet, ob ein "besonders schweres Verbrechen" vorliegt?

Wird ein Flüchtling straffällig, muss Anklage erhoben werden. Daraufhin entscheidet ein Strafgericht über Schuld und Strafe. Wie jeder andere auch, kann ein Flüchtling mit Rechtsmitteln das Urteil bekämpfen. Ist das Urteil rechtskräftig, muss die Justiz die Akten an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) schicken. Dort wird geprüft, ob es sich um ein "schweres Verbrechen" handelt. Sobotka will, dass künftig Richter diese Frage entscheiden.

Bedeutet der Verlust des Asylrechts automatisch die Abschiebung?

Nein. Denn wem im Herkunftsland "Gefahr für Leib und Leben" (Folter oder gar die Todesstrafe) drohen würde, könne trotz eines Verbrechens nicht abgeschoben werden, sagt der Fremdenrechtsexperte Helmut Blum. Dieses "Non-Refoulment-Prinzip" sei ein wesentlicher Eckpfeiler der GFK. Blum kann sich an den Fall eines gewerbsmäßigen Schleppers aus Syrien erinnern, der wegen seiner Taten zwar den Schutzstatus verlor, aber wegen Gefahr im Heimatland nicht abgeschoben werden konnte. Für eine Abschiebung benötigt die Polizei ein so genanntes "Heimreisezertifikat" von der Botschaft des Herkunftsstaates. Dieses sei vor allem von nordafrikanischen Ländern schwer zu bekommen, sagt Ministeriumssprecher Karl-Heinz Grundböck. Ohne dieses ist eine Rückführung nicht möglich.

Wäre eine Reform zur Abschiebung aller straffälligen Flüchtlinge rechtlich umsetzbar?

Nur mit einem "internationalen Gesichtsverlust", sagt der Menschenrechtsexperte Manfred Nowak. Die Schutzkriterien seien in der GFK fixiert. Schutzberechtigten auch wegen kleiner Delikte ihren Status zu entziehen, wäre ein "internationaler Vertragsbruch, den sich eine europäische Demokratie nicht leisten kann." Ein EU-Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich wäre die Folge, sagt der Linzer Europarechtler Franz Leidenmühler. Denn der Inhalt der GFK sei im Wesentlichen auch Bestandteil des EU-Rechts.

Wie viele Abschiebungen werden durchgeführt?

Im Vorjahr seien es knapp 8400 "Rückführungen" gewesen, heuer im ersten Halbjahr circa 5000, sagt Grundböck. Pro Jahr laufe gegen rund 400 Asylberechtigte ein Verfahren zur Aberkennung ihres Status. Bei rechtskräftig verurteilten Asylwerbern gebe es keine Aberkennung des Status, sondern einen negativen Bescheid.

 

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