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Der Stadtchef, der noch im Hotel Mama wohnt

Von Erik Famler   28.Oktober 2015

Dieser wirkt etwas älter, als es seine 22 Jahre vermuten lassen. Das neue Eferdinger Stadtoberhaupt wohnt noch bei Mama und Papa. Das Reihenhaus seiner Eltern liegt an einem kleinen Bach. "Das sprichwörtliche Hotel Mama erzeugt ein falsches Bild. Besser gefällt mir politische WG", sagt Vater Karl Mair-Kastner, der als Bürgermeisterkandidat für die Grünen antrat. Ein junger Schwarzer und ein Alt-Grüner unter einem Dach? "In unserer Familie wurde schon immer heftig diskutiert, ohne dass man später aufeinander böse war", sagen beide.

Ein hochpolitischer Mensch sei auch Mama Franziska, eine leitende Caritas-Angestellte, und nicht selten ganz anderer Meinung als ihre zwei Männer. Franziska Mair verbrachte einige Jahre als Entwicklungshelferin in Brasilien. Der bekannte Regenwald-Bischof Erwin Kräutler gratulierte noch am Wahltag per SMS.

Kurz ist politisches Vorbild

Obwohl er bald Bürgermeister ist, muss Severin im Haushalt weiterhin mithelfen. Da kann es schon vorkommen, dass ihm die Mama zum Bügeln einen Stoß Wäsche in die Hand drückt. Über Kostgeld wird noch verhandelt: "Ein regelmäßiger Beitrag an die Caritas wäre ein kreativer Zugang", sagt der Vater. Der Sohn sträubt sich noch: "Man muss ja nicht alles befolgen, was einem die Eltern sagen", erklärt er schmunzelnd.

Für sein Alter wirkt der 22-Jährige Jus-Student ungewohnt strukturiert: "Ich will auf jeden Fall weiterstudieren und noch in dieser Funktionsperiode meinen Abschluss machen." Um den Kopf freizubekommen, schlüpft Mair mehrmals pro Woche ins Lauftrikot und schnürt die Jogging-Schuhe. "Ich war in der Jugend ein guter Orientierungsläufer und habe auch internationale Wettbewerbe bestritten." Noch heute lachen Vater und Sohn Mair über einen ersten Preis, den der Junior als Klassensieger in Tschechien gewann: Ein riesiger, noch lebendiger Karpfen war’s: Beim Küssen des Fisches wurden lustige Fotos gemacht.

Sein politisches Vorbild ist keineswegs überraschend Außenminister Sebastian Kurz. "Er hat mir lange vor der Wahl seine Entwicklung geschildert. Dieses Gespräch beeinflusste meine Entscheidung, Spitzenkandidat zu werden."

Familiärer Polit-Clinch

Seit Mair nach dem überraschenden Ausscheiden des amtierenden Bürgermeisters Hans Stadelmayr (SP) im zweiten Wahlgang gewählt wurde, reißen die Medienanfragen nicht ab. Der Benjamin unter Österreichs Bürgermeistern ist ein begehrter Interviewpartner. In ruhigem Tonfall beantwortet er geduldig alle Journalistenfragen. Seine Ausdrucksweise ist überlegt. Rhetorik-Seminare zeigen ihre Wirkung. Seinen eigenen Stil wird Mair noch finden müssen.

Die Aussicht, bald der Chef von 80 Gemeindebediensteten zu sein, kommentiert das junge Stadtoberhaupt gelassen: "Ich bin voller Vorfreude. Man kann mitgestalten und Ideen einbringen." Bei allen Erfordernissen zur Zusammenarbeit bleiben Vater und Sohn politische Konkurrenten. Auf ihre enge persönliche Bindung habe dies keinen Einfluss, sagen beide.

Eine Geschichte beschreibt dieses besondere Verhältnis am besten. "Ich war Severins Hebamme", erinnert Mair-Kastner an jenen schneereichen und kalten Wintertag, als sein einziger Sohn etwas früher als errechnet geboren wurde: Bei einer Hausgeburt in Abwesenheit der Geburtshelferin, die nicht so schnell kommen konnte. Am Telefon holte sich der werdende Vater noch hektisch Ratschläge von der Hebamme. Dieser besondere Moment berührt den Spitalsseelsorger bis heute: "Ich war der erste Mensch, der dem Buben in die Augen sah."

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