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Beruf Ghostwriter: 12.000 Euro Honorar für eine Diplomarbeit

Von Erik Famler   12.März 2011

Der Unternehmensberater aus dem oö. Zentralraum und Absolvent zweier Studien will anonym bleiben. Das Erstellen von Diplomarbeiten bezeichnet er im Gespräch mit den Oberösterreichischen Nachrichten als zusätzlichen Geschäftszweig, der sich von selbst entwickelt hat.

Die Mehrzahl seiner Auftraggeber gehört zu seinem erweiterten Freundes- und Bekanntenkreis. „Viele studieren neben der Arbeit, stehen deshalb enorm unter Druck und kommen nicht weiter. Neben Familie und Job finden berufstätige Studenten keine Zeit mehr für das Verfassen wissenschaftlicher Arbeiten.“

Seine Abnehmer sind angehende Juristen, aber auch Manager großer Unternehmen. Ohne akademischen Titel stehen sie beruflich an. „Meine Leistungen sind gestaffelt. Ich gebe für eine Diplomarbeit oft nur den Rahmen vor, damit sich meine Kunden beim Schreiben leichter tun. Auf Wunsch schreibe ich auch fixfertige Diplomarbeiten.“

Für eine vollständig verfasste Diplomarbeit stellt der Ghostwriter 80 Euro pro Seite in Rechnung. Seine Auftraggeber zahlen bis zu 12.000 Euro pro Masterthese.

Wie das Plagiat ist auch die erkaufte Masterarbeit ein Fall für den Staatsanwalt. Dass Studenten ihre Universitäten vorsätzlich betrügen, um zu einem akademischen Abschluss zu kommen, lässt den „Phantomschreiber“ unbeeindruckt: „Das müssen sie selbst verantworten.“

Die Ursache des Problems sei die schlechte Betreuungssituation an den Hochschulen: „Die Professoren haben keine Zeit, sich mit den Schwierigkeiten der Studenten auseinanderzusetzen. Man wird dort abgefertigt und bekommt lapidare Kommentare, die den Studenten nicht weiterhelfen.“

Nachfrage habe er mehr als ihm lieb sei, sagt der Ghostwriter: „Ich brauche keine Werbung. Die Leute kommen von selbst.“

Von Fremder Feder: „Bei Dissertanten ist der Schwindel leichter zu enttarnen“

Das „Ghostwriting“ wissenschaftlicher Arbeiten sei viel verbreiteter als Plagiate, schätzt Gerhard Fröhlich, Professor an der Johannes Kepler Universität (JKU). Demnach seien bis zu 20 Prozent der Diplomarbeiten und Dissertationen erkauft. Markus Achatz, Dekan an der juridischen Fakultät, will nicht ausschließen, dass es solche Fälle auch an der JKU gibt. „Ganz so einfach ist es nicht. Wenn jemand eine Diplomarbeit schreibt, muss er diese vorstellen und darüber referieren. Man kann dabei hinterfragen, wie der Inhalt verstanden wurde.“ Bei Dissertationen sei der Schwindel etwas leichter zu enttarnen. Achatz: „Der wissenschaftliche Betreuer erkennt gleich, wie eigenständig und mit welcher wissenschaftlichen Ader vorgegangen wurde.“ Während eine Diplomarbeiten das eigenständige Arbeiten an einem bestimmten Thema voraussetzt, muss der Dissertant neue Erkenntnisse gewinnen. Laut Achatz sind an der JKU Fälle von „Ghostwriting“ nicht bekannt. Ein Plagiatsverdacht wird derzeit untersucht.

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