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Hohe Mieten, teurer Grund: Wird Wohnen zum Luxus?

Von Hermann Neumüller   29.April 2019

Die Fakten sind bekannt: Sowohl Mieten als auch Grundstückspreise sind in den vergangenen Jahren deutlich stärker gestiegen als die allgemeine Teuerung (siehe Grafiken auf dieser Seite). Aber warum ist das so? Wer ist schuld? Böse Immobilienhaie, die den Hals nicht vollkriegen? Die Politik, die das Problem zu lange negiert hat? Der Fachkräftemangel, der die Baukosten nach oben treibt? Mario Draghi, weil er mit seiner Nullzinspolitik Anleger ins "Betongold" getrieben hat?

Die OÖNachrichten wollen in einer Kurzserie diesen Fragen nachgehen – und auch wissen, was Sie über die Situation denken und wie man der Misere beikommen kann. Ihre Vorschläge sind gefragt.

 

Fakt ist, dass beispielsweise die Mieten inklusive Betriebskosten in Oberösterreich zwischen 2007 und 2017 von 5,24 Euro pro Quadratmeter auf 7,15 Euro im Jahr 2017 gestiegen sind (neuere Daten hat die Statistik Austria nicht). Das sind im Durchschnitt 3,2 Prozent pro Jahr bei einer Inflationsrate im selben Zeitraum von 1,9 Prozent pro Jahr.

Das sind Mittelwerte, Ausreißer nach oben sind vor allem im oberösterreichischen Zentralraum sicher keine Seltenheit. Eigentumswohnungen wurden seit 2010 um gut die Hälfte teurer, auch das ist ein Durchschnittswert, der glättet.

Auffällig ist, dass dieser rasante Preisanstieg rund ums Wohnen ausgerechnet in der Finanz- und Schuldenkrise begann, in einer Zeit also, in der die Wirtschaft wenig bis gar nicht wuchs, die Realeinkommen kaum stiegen und sich die Zinsen durch die Politik der Europäischen Zentralbank praktisch gegen null bewegten.

 

"Betongold" als Auslöser?

Ist also Mario Draghi schuld, der die Geldanleger in die Immobilien trieb, wo sich noch Renditen erwirtschaften ließen? "Das Geld von Investoren spielt bei den Neubauten eine gewichtige Rolle", sagt Mario Zoidl, Fachgruppenobmann der Immobilien- und Vermögenstreuhänder in der Wirtschaftskammer Oberösterreich.

Die "Betongold"-Anleger sind es aber sicher nicht allein, die die Immobilienpreise nach oben getrieben haben. Eine ebenso große Rollen spielt, dass Wohnen in der Stadt wieder "in" ist. Das haben vor allem Mieter und potenzielle Käufer von Wohnungen im Zentralraum zu spüren bekommen. Das gilt auch für Wels und Steyr, aber auch für besonders gefragte Wohngegenden, etwa im Salzkammergut.

Worauf Zoidl und auch Bernhard Reikersdorfer, Geschäftsführer des Maklerringes Remax, hinweisen, ist die Rolle der öffentlichen Hand. Hohe Betriebskosten bei Wohnungen rührten auch daher, dass Kanalgebühren oder die Müllabfuhr in den vergangenen Jahren quasi im "Windschatten" der steigenden Immobilienpreise im Vergleich zur Inflationsrate teilweise deutlich gestiegen sind.

Vor allem in den vergangenen zwei, drei Jahren ist ein weiterer Faktor dazugekommen, der die Immobilienpreise nach oben treibt: Kapazitätsprobleme in der Bauwirtschaft. Die produziert derzeit "am Anschlag". Das treibt die Preise, teilweise so stark, dass gemeinnützige Bauträger Projekte verschieben müssen.

Aber die wären es, die den Anstieg der Preise für Eigentumswohnungen bremsen sollen. Der Bauboom wird jedoch eher von den frei finanzierten Wohnungen ausgelöst, die für Jüngere und Einkommensschwächere kaum leistbar sind. Daran wird sich so schnell nichts ändern, befürchten Experten. Eine Entwarnung bei den Wohnkosten ist so schnell nicht in Sicht.

Wie und wo leben die Oberösterreicher?

  • 43,2 % der Wohnimmobilien Oberösterreichs sind Ein- und Zweifamilienhäuser
  • 33.9 % sind Mietwohnungen - Mit 21 % machen Genossenschaftswohnungen dabei den größten Anteil der Mietwohnungen aus.
  • 8,2 % der Wohnimmobilien sind Eigentumswohnungen

Nachgefragt

Die OÖNachrichten haben nachgefragt, woran es liegt, dass Wohnen in jüngster Vergangenheit so teuer geworden ist.

„In Oberösterreich wird genug gebaut. Wir leisten unseren Beitrag zur Schaffung kostengünstigen Wohnraums.“ - Manfred Haimbuchner, Landeshauptmann-Stv.

„Viele Konsumenten sind nicht bereit, Abstriche bei der Wohnausstattung zu machen.“ - Mario Zoidl, Wirtschaftskammer

„Wohnen ist leistbar. Die Frage ist, ob man sich dort niederlassen kann, wo man es ursprünglich geplant hat.“ - Bernhard Reikersdorfer, Remax

„Die Kapazitätsprobleme in der Bauwirtschaft führen auch im gemeinnützigen Sektor zu Verzögerungen.“ - Karl Wurm, GBV-Obmann

„Auch wenn die Zinsen niedrig sind, bei den Eigenmitteln für Immobilien sollte man keine Abstriche machen.“ - Ulrike Weiß, AK-Konsumentenschutz

Spar-Tipps bei der Wohnungssuche

  • Weniger Wohnfläche: Bei steigenden Quadratmeterpreisen liegt es nahe, bei der Wohnungsfläche Abstriche zu machen.
  • Billiger wohnen auf dem Land: Preise für Wohnungen und die Höhe der Mieten sind in Oberösterreich höchst unterschiedlich. In kleineren Gemeinden lässt es sich deutlich günstiger wohnen. Man sollte auf eine gute Verkehrsanbindung achten.
  • Genau recherchieren: Auch wenn es mühsam ist, sollten Wohnungssuchende oder potenzielle Häuslbauer die Angebote genau prüfen und nichts übers Knie brechen.
  • Gemeinsam bauen: Private können sich zu Baugruppen bzw. zu „Wohn-Konsortien“ zusammenschließen und etwa Reihenhäuser gemeinsam errichten. Das kann sowohl die Baukosten als auch die künftigen Betriebskosten senken.

Mehr bauen gegen die Wohnungsnot: Wo hapert es?

Bauen, bauen, bauen. So müsste auf den ersten Blick die Antwort auf knappen Wohnraum lauten. Aber so einfach ist es nicht. Bauindustrie und -gewerbe arbeiten „am Anschlag“. Mehr sei derzeit nicht möglich, heißt es aus der Branche.

„In Oberösterreich wird genug gebaut“, sagt hingegen Wohnbau-Landesrat Manfred Haimbuchner. 4044 Wohnungen und Eigenheime hat das Land im Vorjahr gefördert. Das entspreche rund der Hälfte der errichteten Bauwerke. Sowohl was die Bauleistung als auch das Fördervolumen angehe, liege man damit im langjährigen Durchschnitt.

Aber werden die richtigen Bauwerke errichtet? „Beim sozialen Wohnbau ist zu wenig auf dem Markt“, sagt Bernhard Reikersdorfer, Geschäftsführer des Makler-Ringes Remax.

Bei den gemeinnützigen Wohnbauträgern (GBV) sieht man eine Lücke von 24.000 geförderten Mietwohnungen. Man würde dort auch mehr bauen, gäbe es nicht Kapazitätsprobleme in der Bauwirtschaft. Deshalb habe man im gemeinnützigen Sektor im Vorjahr auch weniger Fertigstellungen geschafft, sagte GBV-Obmann Karl Wurm beim Jahrespressegespräch. Bei Ausschreibungen seien die Preise der Bauunternehmen schlicht zu hoch, viele Projekte müssten daher neu ausgeschrieben werden, sagt Wurm. Illusionen macht er sich keine: Auch in den nächsten beiden Jahren würden die Preise hoch bleiben.

> Lesen Sie hierzu auch den OÖN-Leitartikel von Dietmar Mascher

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