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Aus ihnen wird der Leib Christi

Von Roman Kloibhofer (Text) und Volker Weihbold (Fotos)   07.Dezember 2018

Wollen S’ ein paar Klosterchips?", fragt Schwester Tessy. Über ihr Gesicht huscht ein schelmisches Lächeln, wenn sie mit ihrem indischen Akzent von den "Chips" spricht. Denn so bezeichnen die indischen Schwestern der Missionsordensgemeinschaft "Königin der Apostel" die Reste der Oblaten, die bei der Herstellung von Hostien abfallen. Im Kloster Sankt Anna in Ried im Innkreis werden Hostien für hunderte Pfarren in ganz Österreich hergestellt. Mehr als 300.000 Stück pro Monat produzieren die Schwestern im Innviertler Kloster, das heuer im August in den Besitz des Ordens "Königin der Apostel" übergegangen ist.

"Erst vorhin sind gerade 120.000 Hostien bestellt worden", sagt Schwester Ruth und rückt einen Stapel Schachteln zurecht, in die die Hostien abgepackt werden. Gute, alte Pralinenschachteln der Konfiserie Hofbauer und Lindt oder Kartons des Strumpfherstellers Wolford seien sehr gut dafür geeignet, sagt Ruth. Je nach Größe werden dort 500, 1000 oder 1500 Hostien eingefüllt. Eine eigene Maschine hilft, die Menge der Hostien nach Gewicht einzufüllen. "Das lässt sich alles sehr genau bemessen", erklärt Tessy.

Einmal im Monat wird im Kloster Sankt Anna gebacken. "Die Hostienbäckerei haben wir von den Roten übernommen", sagt Schwester Tessy. "Die Roten" – das sind die Redemptoristinnen mit ihrer roten Ordenstracht. "Wir sind die Blauen", erklärt Ruth und zeigt auf ihr blaues Habit. Fünf "Blaue" aus Indien sind derzeit im Kloster tätig und leben mit sechs "Roten" zusammen. "Wie in einer Familie, aber wir sind eine andere Generation", sagt Tessy. Und die Redemptoristinnen arbeiten auch in der Hostienbäckerei noch mit. 2014 waren die Missionsschwestern bei den Redemptoristinnen in Sankt Anna eingezogen, um den Klosterbetrieb des überalterten Ordens aufrechtzuerhalten. Und damit auch die Hostienbäckerei.

Aus ihnen wird der Leib Christi
Qualitätskontrolle: Hostienbruch oder zu kleine Stücke werden durchgerüttelt.

Reife-Zeit nach dem Backen

Wenn Backtag ist, wird den ganzen Tag – von sechs Uhr früh bis acht Uhr abends – gewerkt. "Ab und zu bekommen wir auch Aushilfe aus Altötting", sagt Schwester Ruth. Denn es gibt viel zu tun, wenn die Oblaten-Platten für hunderttausende Hostien gebacken werden. Wasser und Mehl – das sind die Zutaten für die Oblaten. Verwendet wird reines Weizenmehl, zu gleichen Teilen mit Wasser vermischt. 160 bis 180 Kilogramm Mehl pro Monat werden verarbeitet. Nach dem Mischen des Teiges kommt eine bewährte und altgediente Backmaschine der Firma Haas zum Einsatz. "Die ist schon einige Jahrzehnte alt – aber gut", sagt Schwester Tessy lächelnd. Das Wasser-Mehl-Gemisch wird über einen Schlauch auf die Backeisen aufgetragen und dann etwa 15 Minuten bei 180 bis 200 Grad knusprig gebacken. Dann können die Oblaten-Platten vom Eisen genommen werden.

Was dann folgt, ist ein zweitägiger Reifeprozess, um den Oblaten die richtige Konsistenz zu verleihen. "Die Platten werden zwei Tage in einem eigenen Raum im Keller zur Befeuchtung gelagert. Sie wären sonst zu spröde. Durch die Feuchtigkeit werden sie elastisch", erklärt Schwester Ruth. Nach zwei Tagen im Keller geht es an die eigentliche Hostien-Produktion. An der Stanzmaschine sitzt eine "Rote", Schwester Josepha. Mit geübter Hand führt sie den rotierenden Stanzkolben über den Stapel von 70 Oblaten-Platten, die ausgestanzten Hostien fallen in einen Korb, das Stanzgitter wird zu den eingangs zitierten "Klosterchips". Hostien in drei Größen werden in Ried produziert: die "normalen" Laienhostien mit einem Durchmesser von rund drei Zentimeter, die Priesterhostien mit etwa sieben Zentimeter Durchmesser und die großen Konzelebrationshostien, etwa für die Monstranzen – diese haben einen Durchmesser von etwa 13 Zentimeter.

Aus ihnen wird der Leib Christi
Die "Klosterchips" werden in Säcke verpackt und an Besucher ausgegeben.

Auf die Größe kommt es an

Wenn die Zeit der Erstkommunion kommt, dann häufen sich die Anfragen für Besuche in der Hostienbäckerei. Lehrer mit ihren Schulkindern und Eltern kommen, um die Hostienproduktion mitzuverfolgen. Auch erwachsene Besuchergruppen seien immer wieder zu Gast, erzählt Schwester Ruth.

Währenddessen sitzt Ruth schon an der Sortiermaschine. Die Hostien laufen über ein Rüttelgitter, hier werden der Bruch und die fehlerhaften Hostien ausgeschieden. Was nicht der Größe und Form entspricht, wird durch einen Rost gerüttelt. Auch dieser Ausschuss landet bei den "Klosterchips". Die Hostien, die diese Qualitätskontrolle überstanden haben, werden über die Wiegemaschine zum Portionieren geführt und in Schachteln verpackt: Dann sind Hostien anstatt Pralinen in den Kartons.

Rund 3,6 Millionen Hostien werden jedes Jahr im Kloster Sankt Anna in Ried hergestellt, mit den Einnahmen aus dem Verkauf sowie den Einnahmen von verpachteten Grundstücken wird der Klosterbetrieb und der Erhalt des Klosters, zu dem auch ein großer Garten gehört, finanziert. Die Schwestern aus Indien sind mit viel Elan bei der Sache. "Das Kloster ist bekannt für Ried, und die Leute sind froh, dass es weitergeführt wird", sagt Schwester Tessy. Sie lebt seit 1989 in Österreich, ihre Mitschwester Ruth bereits seit 1972.

Die Hostienbäckerei ist nur ein Bereich, in dem die Missionsschwestern tätig sind. "Wir wollen viel mehr auch nach außen wirken", sagt Tessy. Denn die Redemptoristinnen waren "ein beschaulicher Orden, der nicht nach draußen gehen durfte". Daher hören die indischen Schwestern immer wieder: "Ah, ihr dürfts hinaus!" Das Leben in Österreich haben Tessy, Ruth, Amabel, Emily und Hyacinta, die fünf indischen Schwestern, schätzen gelernt. "Ried ist beschaulich." Auch wenn sie feststellen: "Die Menschen in Indien sind spiritueller."

Video

Ein Film über die Innviertler Hostienbäckerei im Kloster St. Anna in Ried 

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