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Kindergärtnerinnen fehlen: "Wir arbeiten am Limit!"

Von Magdalena Lagetar   25.Oktober 2018

"Wir wollen für unsere Kinder nur die Besten, aber es ist schwierig, gutes Personal zu finden, um den hohen Standard bei der Kinderbetreuung zu halten", bringt Mauerkirchens Bürgermeister Horst Gerner (SP) das Problem auf den Punkt. In Burgkirchen habe man zwei Kindergartenpädagogen-Stellen ausgeschrieben, nur eine habe man besetzen können. "Seit drei Wochen inserieren wir für die zweite freie Stelle, beworben hat sich niemand", sagt Bürgermeister Albert Troppmair (VP). Die Situation sei in vielen Gemeinden ähnlich, sagt Uttendorfs Ortschef Josef Leimer (VP). Der Mangel werde in Zukunft nicht kleiner, sondern größer. In Uttendorf habe es vergangenes Jahr 39 Geburten gegeben, sagt er. Die gute wirtschaftliche Lage werde noch mehr junge Familien in die Region locken.

Was aber ist die Ursache für diesen Personalmangel im Kindergarten? Die Rahmenbedingungen: "Wenig Rechtssicherheit, viel Schreibarbeit, keine Jobsicherheit", zählt Roswitha Nollet, Leiterin der zuständigen Caritas-Fachstelle in Linz, auf. Ihr Mauerkirchner Kollege, Bernhard Bogenhuber, verdeutlicht die mangelnde Sicherheit: "Man kann die Pädagogen nicht unbefristet einstellen, die Stunden ändern sich je nach Bedarf. Da kann man sich von einer sicheren Lebensplanung eigentlich verabschieden", sagt er.

Ausbildungsstätten fehlen

Lisa Beinhundner, Leiterin des Kindergartens in Uttendorf, hat sich trotzdem für diese Arbeit entschieden, weil es trotz allem eine schöne Aufgabe sei. Doch auch sie wünscht sich mehr Unterstützung, vor allem vom Land: "Wir jonglieren und versuchen, den Betrieb mit allen Mitteln aufrecht zu erhalten, aber wir arbeiten am Limit", sagt sie. Fatal, sagt Roswitha Nollet, denn schließlich dürfe man gerade in der Kinderbetreuung die Qualität nicht minimieren. "Das ist die Gesellschaft von morgen", mahnt sie. Sie wünscht sich eine Art Imagekampagne, um erstens auf dieses Problem aufmerksam zu machen und zweitens, um die schönen Seiten an der Arbeit mit Kindern hervorzuheben.

Schon bei der Ausbildung müsse angesetzt werden. "Es ist nicht gut, dass die Praxisstunden gekürzt wurden", sagt Nollet. Das dementiert aber der Direktor der BAfEP Ried, Alois Altmann (siehe Bericht unten). Bürgermeister Leimer fordert auch eine Ausbildungsstätte im Bezirk Braunau einzurichten. "Ried ist mit öffentlichen Verkehrsmitteln schwer zu erreichen, Salzburg ist vor allem für den nördlichen Bezirk zu weit. Ich habe mich für das Internat in Ried entschieden", erzählt Pädagogin Lisa Beinhundner. Viele aber wollen mit 14 Jahren nicht von zuhause weggehen, sagt sie. Nicht nur das mangelnde Interesse an den Schulen, vor allem aus umliegenden Bezirken, sei ein Problem, sondern auch, dass weniger als 50 Prozent der Absolventen als Kindergartenpädagogen arbeiten. "Viele entscheiden sich für eine andere Richtung oder gehen studieren", sagt Nollet.

Bernhard Bogenhuber wünscht sich, dass das Thema auch in der Gesellschaft ankommt. Er sagt: "Wir müssen etwas tun, bevor wir irgendwann wirklich nicht mehr können!"

 

Pädagogische Kompetenz wird von Eltern mehr wertgeschätzt
Anna Schwingenschlögl ist seit 2011 Kindergartenpädagogin in Schärding.

Pädagogische Kompetenz wird von Eltern mehr wertgeschätzt

Einen Mangel an Kindergartenpädagoginnen gibt es laut Johanna Reisecker, Leiterin des Stadtkindergartens, in Schärding nicht, „aber wenn wir früher eine Stelle ausgeschrieben haben, dann bekamen wir viel mehr Bewerbungen.“ Acht Gruppen mit insgesamt 130 Kindern gibt es derzeit in Schärding. Eine davon wird von Kindergartenpädagogin Anna Schwingenschlögel geleitet. „Das Schönste an meinem Job ist, die Kinder über Jahre hinweg begleiten zu dürfen. Viele sind ab einem Jahr bei uns und somit ist man lange Zeit ein wichtiger Teil ihres Lebens. Wenn man dann sieht, wie sie sich entwickeln und nicht nur körperlich wachsen, dann erfüllt einem das und man bekommt ganz viel von den Kleinen zurück“, so die 27-Jährige. Nach ihrer Ausbildung an der BAKIP – jetzt BAfEP – in Ried hat die Schärdingerin im Stadtkindergarten ihrer Heimatstadt zu arbeiten begonnen. „Die größte Herausforderung ist sicherlich, dass man immer zu 100 Prozent präsent sein muss.“

Verändert hat sich laut Schwingenschlögl in den letzten Jahren das Bild ihres Berufes in der Öffentlichkeit. „Der Kindergarten wird viel mehr als Bildungseinrichtung wahrgenommen und die pädagogischen Kompetenzen der Betreuer wertgeschätzt. Wir bekommen zum Beispiel viel Rückmeldung von den Eltern der Schulanfänger, die sich bei uns bedanken, wenn der Übergang in die Volksschule bestens funktioniert“, so die 27-Jährige. Eine Herausforderung sei hingegen, die stetig mehr werdenden administrativen Aufgaben. „Der bürokratische Aufwand steigt und das bei gleichbleibender Arbeitszeit. Außerdem dürfen jetzt 25 Kinder in einer Gruppe betreut werden, was natürlich ebenfalls herausfordernd ist“, so Schwingenschlögel.

Und warum gibt es keine Kindergärtner? „Wir haben zur Zeit wieder einen Zivildiener hier bei uns in Schärding, den die Kids sehr mögen. Hauptgrund, warum Männer nicht Kindergärtner werden, ist sicherlich noch immer das niedrige Gehalt“, so Schwingenschlögl. Wertvoll wären männliche Bezugspersonen als Orientierungshilfe für die Kinder allemal.

 

"Wir haben im pädagogischen Bereich noch zu wenig Lobby"
Direktor Alois Altmann

„Wir haben im pädagogischen Bereich noch zu wenig Lobby“

Einen Schülermangel verzeichne die Bundesbildungsanstalt für Elementarpädagogik (BAfEP) Ried nicht, sagt Direktor Alois Altmann. „Wir haben sogar eine Warteliste und können nicht alle aufnehmen.“ 271 Schülerinnen und neun Schüler besuchen derzeit die Rieder Schule. Die Verteilung nach Bezirken sieht folgendermaßen aus: 92 aus Ried, 64 aus Grieskirchen, 60 aus Schärding, 30 aus Braunau, 27 aus Vöcklabruck, 7 aus anderen Bezirken. „Jedes Jahr werden 50, alle zwei Jahre 70 Absolventen fertig“, sagt Altmann.

Dass im Bezirk Braunau vereinzelt Mangel an Kindergartenpädagogen bestehe, sei Faktum, aber in erster Linie auf die periphere Lage und auf die Umstände – befristete bzw. Karenzverträge – zurückzuführen. Das Innviertel sei eine aufstrebende Region, die für viele junge Familien interessant sei. Daher verändere sich auch die demografische Kurve. Der BAfEP-Direktor sagt aber auch: „Eine funktionierende Kinderbetreuung ist das Rückgrat für eine florierende Wirtschaft.“ Mit eigener Kinderbetreuung sei die Firma Fill in Gurten Beispiel gebend. Da gebe es auch bei Unternehmen noch Aufholbedarf. Dass der Bedarf insgesamt nicht immer abgedeckt werden könne, liege auch daran, „dass wir im pädagogischen Bereich noch zu wenig Lobby haben.“
Gerüchte, wonach die Praxisausbildung der BAfEP-Absolventinnen gekürzt worden sei, dementiert Altmann: „Das stimmt nicht, die Stunden wurden nicht gekürzt. Aber es wurden zwei Wochen Praxis in die Ferienzeit verlegt, um den Unterricht zu entlasten – das sieht dann natürlich niemand.“

Dass Kindergartenpädagogik (zu) weiblich sei, sei leider Tatsache. Aktuell neun männliche Absolventen an der Schule und ein praktizierender Pädagoge im Bezirk Ried seien Beweis dafür: „Da müssen wir im Innviertel noch dazulernen.“

 

 

Junge Lehrer braucht das Land
Haberlander

3 Fragen an Christine Haberlander

Bildungs- Landesrätin (ÖVP)

Kindergartenpädagogen fehlen. Die zuständige Landesrätin über Maßnahmen dagegen.

Die „Basis“ ruft nach Hilfe: Kinderpädagogen fehlen! Vor allem die Rahmenbedingungen sollen geändert werden. Arbeitet die Politik daran?

„Wir spüren die Notwendigkeit, nach noch mehr Fachkräften in vielen Bereichen, auch im Elementarpädagogikbereich. Da immer mehr Familien das Angebot der Fremdbetreuung in Anspruch nehmen und somit die Gruppenzahlen steigen, steigt natürlich auch der Bedarf beim Personal.“ In Oberösterreich sei allerdings das Land nicht der Dienstgeber der pädagogischen Fach- und Hilfskräfte.

Im Innviertel gibt es nur eine Schule in Ried, die Kindergärtner ausbildet. Viele Bürgermeister aus Braunau fordern eine eigene. Utopie?

„Die Ausbildung an den BAfEPs fällt in die Bundeskompetenz. Dass sich die Ausbildung in Oberösterreich großer Beliebtheit erfreut, zeigt die Steigerungen der Schüleranzahl von 41 Prozent. Dies spricht für das positive Berufsbild, die guten Arbeitschancen und den guten Ruf der Ausbildung. Erfreulich ist die Bilanz bei facheinschlägigen Kolleglehrgängen – die Absolventen gehen mit überwiegender Mehrzahl in die Praxis.

Was muss passieren, damit der Mangel an Kindergarten-Pädagogen nicht noch drastischer wird?

Eine Steigerung des Ausbildungsangebotes bei Kolleglehrgängen spricht insbesondere auch Ältere an, die sich für dieses Berufsbild später entscheiden und sollte daher verstärkt angeboten werden.

 

 

Zahlen

  • 129 Kindergärten gibt es laut Kindertagesheimstatistik im Innviertel. Die meisten, 55, im Bezirk Braunau. In Ried 43, in Schärding 31.
  • 6418 Kinder besuchen diese Kindergärten, knapp 3000 davon im Bezirk Braunau.
  • 937 Betreuer arbeiten in den Kindergärten im Innviertel. Die Kindertagesheimstatistik unterscheidet nicht zw. Fach- & Hilfskräften.
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08. Mai 2024