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Trump kritisiert May: Johnson wäre "großartiger Premier"

Von nachrichten.at/apa   13.Juli 2018

Trump vs. May

Im Gespräch mit der Boulevard-Zeitung "The Sun" drohte er ihr mit dem Scheitern eines möglichen Handelsabkommens zwischen Großbritannien und den USA. Auch Trumps Schmeichelei für einen der größten Rivalen Mays birgt politischen Zündstoff für die Fortsetzung seines Besuchs am Freitag.

Nach Angaben der "Sun" fand das Interview bereits am Mittwoch vor dem NATO-Gipfel in der US-Botschaft in Brüssel statt. Die Zeitung aus dem Medienimperium von Robert Murdoch, dem großer Einfluss auf Trumps Politik nachgesagt wird, veröffentlichte Ausschnitte des Gesprächs aber erst am Donnerstagabend - kurz nachdem May Trump im Blenheim Palace nahe Oxford zu einem festlichen Gala-Dinner empfangen hatte.

Der Zeitpunkt war wohl kaum zufällig gewählt: Bei dem Dinner sollte es darum gehen, Trump von einem baldigen Start der Verhandlungen über ein Handelsabkommen mit London für die Zeit nach dem EU-Austritt zu überzeugen. Mit der Aussicht auf Deals wie diesen hatte die britische Regierung Brexit-Gegner zu besänftigen versucht. In ihrer Begrüßungsrede äußerte sich May noch enthusiastisch über die "beispiellosen Möglichkeiten" eines solchen Abkommens.

Dass Trump ihr im Interview nun derart in die Parade fährt, schwächt die politisch ohnehin schwer angeschlagene Premierministerin zusätzlich. Erst am Montag waren Brexit-Minister David Davis und Außenminister Boris Johnson im Streit über die Strategie in den Verhandlungen mit Brüssel zurückgetreten. Mays Brexit-Pläne sehen unter anderem eine Freihandelszone und ein Zollabkommen mit der EU vor. Sie ist dringend darauf angewiesen, den Trump-Besuch als Erfolg zu verkaufen. Doch das dürfte nun schwierig werden.

Statt May den Rücken zu stärken, lobte Trump erneut ihren Widersacher Johnson, dessen Rücktritt er mit "großem Bedauern" zur Kenntnis genommen habe. Er wolle die beiden nicht gegeneinander ausspielen, betonte er zwar - doch dann folgte eine Aussage, die als volle Breitseite gegen May interpretiert werden kann. "Ich sage nur, ich denke, er wäre ein großartiger Premierminister."

Trump: Weicher Brexit gefährdet Handelsabkommen

Trump sagte, eine zu enge Bindung an die Europäische Union nach dem Brexit würde dazu führen, dass die USA bei einem Handelsabkommen mit Großbritannien doch wieder mit der EU verhandeln müssten. "Also wird es das Abkommen wahrscheinlich töten", fügte er mit Blick auf einen möglichen Deal Großbritanniens mit den USA hinzu. "Wir haben genug Schwierigkeiten mit der Europäischen Union, wir gehen gerade jetzt gegen die Europäische Union vor, weil sie beim Handel nicht fair mit den Vereinigten Staaten umgegangen sind."

Mays Brexit-Strategie kommentierte Trump mit den unverblümten Worten: "Ich hätte das sehr anders gemacht. Ich habe Theresa May tatsächlich gesagt, wie man das macht, aber sie hat nicht auf mich gehört." Stattdessen scheine May das Gegenteil getan zu haben. "Das ist in Ordnung, sie sollte verhandeln, wie sie es am besten kann." Bei der von May angestrebten Vereinbarung handle es sich aber nicht mehr um das, wofür die Briten im Referendum gestimmt hätten.

Trump griff auch Londons populären Bürgermeister Sadiq Khan erneut scharf an. Khan ist ein ausgesprochener Kritiker des US-Präsidenten und hatte sich gegen dessen Staatsbesuch ausgesprochen. "Ich denke, dass er einen sehr schlechten Job beim Terrorismus gemacht hat, einen sehr schlechten Job bei der Kriminalität", sagte Trump.
 

Reaktionen und Pressestimmen

Reaktionen und Pressestimmen

Die britische Premierministerin May will dem US-Präsidenten nach dessen heftiger Kritik ihre Brexit-Pläne erläutern. "Sie freut sich darauf, sich mit dem Präsidenten zusammenzusetzen und mit ihm das Weißbuch durchzugehen", sagte ein Sprecher der Regierungschefin am Freitag. Er bezog sich damit auf das gerade vorgestellte Weißbuch, in dem die britische Regierung ihre Vorstellungen über die künftigen Beziehungen zur Europäischen Union nach dem Brexit erläutert.

Die englische Zeitung "The Guardian" schrieb: "Donald Trump hat abermals die Etikette für Diplomatie zerfetzt, indem er nicht mit Blumen oder einer Flasche Wein auftaucht - sondern mit einer verbalen Granate."

Nach dem NATO-Gipfel hat der deutsche Ex-Außenminister Sigmar Gabriel Trump vorgeworfen, auf einen "Regimewechsel" in Deutschland abzuzielen. "Auf Amerika ist unter Trump kein Verlass. Er gibt dem nordkoreanischen Diktator eine Bestandsgarantie und will gleichzeitig in Deutschland einen Regimewechsel. Das können wir uns schwer bieten lassen", sagte der frühere SPD-Vorsitzende dem Magazin "Der Spiegel". 

Der frühere CIA-Chef John O. Brennan schrieb auf Twitter: "Trump wird als eine der desaströsesten Gestalten des 21. Jahrhunderts in die Geschichte eingehen." 

Trumps Angriffe auf Deutschland und andere europäische NATO-Verbündete stoßen auch in seiner eigenen Partei auf Kritik. "Das Bündnis, das 70 Jahre lang den Frieden bewahrt hat, wird ausgefranst", sagte der republikanische Gouverneur des US-Staats Ohio, John Kasich. Der Gouverneur war im Rennen um die Präsidentschaftskandidatur der Republikaner 2016 Trump unterlegen. Ob er 2020 noch einmal antreten wolle, ließ er am Donnerstag offen. "Ich weiß wirklich noch nicht, was ich tun werde."
 

Video: Trump in Großbritannien

Video: Trump in London

Hunderte Demonstranten in London

Mehrere hundert Menschen haben am Donnerstagabend in London lautstark gegen den Großbritannien-Besuch von Donald Trump demonstriert. "Donald Trump ist nicht willkommen", skandierten die Teilnehmer, die sich nahe der Residenz des US-Botschafters im Regent's Park versammelt hatten.

Die Demonstranten machten mit Trillerpfeifen, Megaphonen, Kochtöpfen Krach und schrien ihre Kritik an Trumps Politik heraus. "Wie viele Kinder hast Du heute in einen Käfig gesperrt?", riefen sie mit Blick auf den Umgang der US-Behörden mit Kindern illegal eingereister Migranten an der Grenze zu Mexiko. Die Demonstranten hielten kurz inne, um einem Tonmitschnitt von weinenden Kindern anzuhören.

Auf Schildern standen Parolen wie "Rassist", "Sperrt ihn ein" und "Hau ab". Als ein Hubschrauber abhob, um Trump zu einem Abendessen mit Premierministerin Theresa May und Wirtschaftsvertretern in Blenheim nahe Oxford zu bringen, buhte die Menge.

Der US-Präsident war am Donnerstag vom Brüsseler NATO-Gipfel kommend mit Ehefrau Melania in London eingetroffen. In der Botschafter-Residenz in London werden die Trumps die Nacht auf Freitag verbringen. Danach werden sie die britische Hauptstadt bereits wieder verlassen: Am Freitag wird May Trump auf ihrem Landsitz Chequers empfangen, anschließend ist ein Besuch bei Königin Elizabeth II. auf Schloss Windsor geplant. Von Freitagabend bis Sonntag werden die Trumps in Schottland sein - vermutlich in ihrem Luxus-Golfclub Turnberry.

Der Trump-Besuch wird von mehreren Demonstrationen begleitet. Die größte davon dürfte am Freitag am Londoner Trafalgar Square stattfinden, dort werden zehntausende Teilnehmer erwartet. Auch Londons Bürgermeister Sadiq Khan hat seine Teilnahme angekündigt. Er betonte, dass die Demonstration alles andere als antiamerikanisch sei. "Die meisten, die demonstrieren werden, lieben die USA, so wie ich", erklärte er. Aber eine besondere Beziehung zu unterhalten, bedeute auch, zu sagen, wenn "wichtige Werte in Gefahr" seien.

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