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Regentin, Mutter, Volksidol

Von Josef Achleitner   11.Februar 2017

  • Auch 300 Jahre nach ihrer Geburt ist Kaiserin Maria Theresia ganz vorne in der Rangliste der wichtigen Österreicher. Ihre Politik wirkt heute noch nach, ihr Leben war aber auch voller Schatten.

Kaiserin Maria Theresia

Ihre Ära ist schon zu Lebzeiten mythisch überhöht worden, im romantisch gestimmten 19. Jahrhundert steigerte sich die Verehrung noch mehr: die Mutter, die 16 Kinder geboren hat, die sich um den Nachwuchs auch gekümmert hat, die sich als Erzherzogin von Österreich, Königin von Böhmen und Ungarn, Herrscherin über eine Anzahl anderer Kronländer trotz böswilliger Attacken gegen die Männerwelt durchgesetzt und die Monarchie auf den Stand der Zeit gebracht habe – was heute noch nachwirke.

Da ist viel Wahres dran, das auch ohne Mythos noch hält. Die am 13. Mai 1717 als Tochter des Habsburger-Kaisers Karl VI. und dessen Gattin Elisabeth Christine von Braunschweig-Wolfenbüttel geborene Maria Theresia sollte erzogen werden wie alle Mädchen am Hof in Wien. Sie sollte durch Unterricht in Musik, Tanz, Reiten und Sprachen auf ein Leben als Ehefrau eines mindestens ebenbürtigen Sohnes aus einem Herrscherhaus vorbereitet werden.

Unvorbereitet auf den Thron

Mit höfischem Benimm und nobler Konversation sollte sie ihrem späteren Mann "das Leben so angenehm und kurzweilig wie möglich machen", wie die Kaiserin selbst einer ihrer Töchter in einem Brief riet. Technik, Militär oder gar Politik waren dem männlichen Nachwuchs vorbehalten.

Regentin, Mutter, Volksidol
Die 13-jährige Maria Theresia

Doch dieser kam im Kaiserhaus nicht. Karl versuchte, sich durch die sogenannte Pragmatische Sanktion abzusichern, die einerseits von allen Ländern der Krone anerkannte Grundlage eines gemeinsamen Staates war, andererseits seiner Linie auch bei Fehlen eines männlichen Nachfolgers die Regentschaft sichern sollte. Leopold Johann, der drei Jahre jüngere Bruder Maria Theresias, starb noch als Säugling. Der Vater starb 1740 an einer Pilzvergiftung, und die Pragmatische Sanktion sollte schlagend werden – die älteste Tochter Maria Theresia also Monarchin werden. Doch die Anerkennung des Hausgesetzes, um die Karl Jahrzehnte gekämpft hatte, war das Papier nicht wert, auf dem es geschrieben war. Die europäischen Mächte sahen das Reich der erst 23-jährigen neuen Regentin als leichte Beute.

Maria Theresia beklagte in einem Brief, den die Historikerin Katrin Unterreiner in ihrem Buch "Mythos und Wahrheit" zitiert, sie habe "damalhen die zur Beherrschung so weitschichtiger und verteilter Länder erforderliche Erfahr- und Känntnüss umb so weniger besitzen können, als meinem Herrn Vattern niemals gefällig ware, mich zur Erledigung weder der auswärtigen noch inneren Geschäfte beyzuziehen noch zu informieren; So sah ich mich von Geld, Trouppen und Rat entblößet".

Krieg gleich zu Beginn

Mit ihren vom Vater übernommenen Ratgebern völlig unzufrieden, war sie ein willkommenes Opfer vor allem von Preußens auf Expansion sinnenden König Friedrich II., der Anspruch auf das reiche Schlesien stellte und das Land auch gleich annektierte. Bayern, das die Pragmatische Sanktion nicht anerkannt hatte, schloss mit Preußen, Frankreich und Spanien ein antiösterreichisches Bündnis. Die Monarchin sah sich nicht nur mit einem Krieg um Schlesien, sondern mit einem Kampf um ihr gesamtes Erbe konfrontiert.

Ohne die militärische Unterstützung der Ungarn, die sie in einer flammenden Rede im Reichstag erreichte, hätte sie den Erbfolgekrieg nicht bestehen können. Der Großteil Schlesiens blieb jedoch verloren. Aber: Ihr Recht auf den Thron fand Anerkennung.

Regentin, Mutter, Volksidol
Karl Albrecht von Bayern machte Maria Theresia die Erbfolge streitig. Die Habsburgerin setzte sich durch, die Linzer Bürger sagten ihr „Lob und Danck“ für die Wiedereroberung der Landeshauptstadt.

Geschafft hatte Maria Theresia das mit ihrer bald sprichwörtlichen Nervenstärke, vor allem aber mit neuen Ratgebern und mit einem untrüglichen Gefühl für Menschenbeeinflussung. Um die Sympathien und die Anerkennung des Volkes zu bekommen, ließ sie Brot, Wein und Fleisch zu billigeren Preisen abgeben und stellte ihre Schönheit und ihren Charme zur Schau. Das und die gezielt gestreute Botschaft, dass sie unschuldig ihre Regentschaft unter so unglücklichen Umständen beginnen musste, erregte Mitgefühl und überzeugte auch Zweifler.

Zu Reformen gezwungen

Man nennt ihre Ära jene des "aufgeklärten Absolutismus". Für Maria Theresia waren die Ideen der vernunftbetonten Herrschaft, des Fortschrittsglaubens und der Toleranz jedoch keine persönlichen Anliegen, das blieb ihrem Sohn und Nachfolger Joseph II. und ihren neuen Beratern vorbehalten. Nach den langwierigen Erbfolgekriegen und dem Siebenjährigen Krieg an der Seite Frankreichs und Russlands sah sich die Monarchin genötigt, "die erforderliche Maass-Reguln zu ergreifen", da geschwächte Armeen und Schulden es notwendig gemacht hätten, die Verwaltung zu reformieren und die "Confusion" zu beenden.

Vorbild für die Reformen war der "böse Mann" Friedrich II., dessen erfolg- und ertragreiche Veränderungen in Schlesien ihr Berater Friedrich Wilhelm Graf Haugwitz studierte und mit dem Konzept einer Zentralisierung des Finanzwesens zurückkam, der gleich auch die Konzentration der Verwaltungen folgen sollte. In diesem und in anderen Reformpunkten trafen sich die Ideen der aufklärerisch gesinnten Berater und der dynastiebewussten Kaiserin. Die Zentralisierung ließ geregelte Einnahmen für den Staatshaushalt zu, beste Voraussetzungen für die Erhaltung der absolutistischen Monarchie.

Die fromme Katholikin nahm nicht nur dem Adelsstand und den privilegierten Städten Befugnisse, sondern auch der Kirche. Adel und Klerus hatten nun Steuern zu zahlen. Ganz oben – unter der Herrscherin – standen ein Staatsrat und eine Staatskanzlei. Die Justiz wurde der Krone unterstellt. Das erste Strafgesetzbuch ("Constitutio Criminalis Theresiana") für Österreich und Böhmen wurde erlassen. Neue Gewerbeberechtigungen, von der Leibeigenschaft befreite Bauern (verwirklicht erst unter Sohn Joseph II.) und eine allgemeine Schulpflicht sollten brave, erwerbstüchtige Steuerzahler bringen.

Ein imponierendes Programm in 40 Jahren Herrschaft für eine eigentlich sehr lebenslustige Frau, die trotz mancher Eskapaden ihres als Kaiser fungierenden Gatten Franz Stephan von Lothringen eine glückliche Ehe mit großer Kinderschar führte.

Ihren Kindern war eine Liebesheirat nicht vergönnt. Sie mussten möglichst Bourbonen heiraten, um Frankreich als Schutzmacht zu erhalten. Für Marie Antoinette am Hof in Versailles endete das während der Französischen Revolution tödlich.

Buchtipp

Katrin Unterreiner: "Mythos und Wahrheit – Maria Theresia", Styria, 192 Seiten, 24,90 Euro

Regentin, Mutter, Volksidol
Der Aus- und Umbau von Schloss Schönbrunn war ein Lieblingsprojekt.

Stationen im Leben von Maria Theresia

Lebensstationen

  • 13. Mai 1717: Als zweites Kind von Kaiser Karl VI. und Elisabeth Christine von Braunschweig-Wolfenbüttel wird Erzherzogin Maria Theresia Walburga Amalia Christina in Wien geboren. Ihr Vater hatte bereits 1713 die „Pragmatische Sanktion“ erlassen. Die bestimmte unter anderem, dass seine älteste Tochter im Falle des Fehlens eines männlichen Thronfolgers die Nachfolge antreten konnte.
  • 12. Februar 1736: In der Wiener Augustinerkirche wird Maria Theresia mit Franz Stephan von Lothringen vermählt. Wegen der europäischen Gleichgewichtspolitik musste der Gemahl auf seine Herzogtümer Lothringen und Bar verzichten.
  • 5. Februar 1737: An diesem Tag kam mit Maria Elisabeth das erste Kind des Paares zur Welt. Das Mädchen starb im Alter von drei Jahren an einer bis heute unbekannten Erkrankung. Maria Theresia schenkte 16 Kindern das Leben. Von den elf Töchtern und fünf Söhnen erreichten zehn das Erwachsenenalter.
  • 20. Oktober 1740: Mit dem Tod von Kaiser Karl VI. besteigt die 23-Jährige den Thron. Dies löst den bis 1748 dauernden Österreichischen Erbfolgekrieg mit weitreichenden Teilkonflikten aus.
  • 4. Oktober 1745: Franz Stephan, 1740 von Maria Theresia zum Mitregenten in den habsburgischen Erblanden ernannt, wird in der Frankfurter Bartholomäuskirche zum Kaiser des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation gekrönt. Maria Theresia, auch Königin von Ungarn und Böhmen, nannte sich von da an „Römische Kaiserin“, ließ sich aber nicht formal zu einer krönen.
  • 18. August 1765: „Ich verlor einen Gatten, einen Freund, den einzigen Gegenstand meiner Liebe“, schrieb Maria Theresia nach dem plötzlichen Tod von Franz Stephan in Innsbruck. Danach trug sie nur noch schwarze Witwentracht.
  • 6. Dezember 1774: Maria Theresia führt die generelle Unterrichtspflicht mit der Unterzeichnung der „Allgemeinen Schulordnung für die deutschen Normal-, Haupt und Trivialschulen in sämmtlichen Kayserlichen Königlichen Erbländern“ ein.
  • 29. November 1780: Im Morgenmantel ihres geliebten Gemahls stirbt Maria Theresia in der Wiener Hofburg an einer Lungenentzündung. Sie wird in der Kapuzinergruft im Doppelsarkophag an der Seite von Franz Stephan bestattet.

 

Maria Theresias Nachlass

Nachlass

Kaiserin Maria Theresia stieß Reformen an und legte den Grundstock für manche Dinge, die noch heute mehr oder weniger relevant sind. Klaus Buttinger ging auf Spurensuche.

Der Orden

Wie so vieles in der Habsburger-Monarchie hatte auch die Armee Reformbedarf. Zum sichtbaren Zeichen für einen Wandel wurde die Theresianische Militärakademie in Wiener Neustadt, für deren Gründung sich Leopold Graf Daun starkmachte. An der Militärakademie wurde eine neue Generation Offiziere ausgebildet. In der Schlacht bei Kolin 1757 zeigte sich deren Erfolg für die österreichische Armee. In Erinnerung daran stiftete die Kaiserin den Maria-Theresia-Orden. Graf Daun erhielt ihn als Erster.

Danach galt der Orden als höchste Tapferkeitsauszeichnung der Monarchie für Offiziere. Bis 1918 wurde er verliehen. 1986 starb sein letzter Träger, ein Marineflieger.

Der Schnaps

Bestimmte Bauernhöfe erhielten unter der Kaiserin ein gesondertes Recht zum Schnapsbrennen, das heute noch so genannte maria-theresianische oder Drei-Hektoliter-Brennrecht. Im Alkoholsteuergesetz ist es bis heute erlaubt, Schnaps zu einem ermäßigten Steuersatz herzustellen. Damit war einst auch ein Zukaufsrecht verbunden, das erlaubte, Früchte, die nicht auf dem Hof wuchsen, zuzukaufen und zu brennen.

Das Brennrecht ist an den Hof gebunden, das heißt, das Brenngerät muss auf dem Hof bleiben, sonst erlischt das Recht. Im Grundbuch ist es nicht eingetragen. Heute wird es vom Zollamt verwaltet, Basis dafür sind alte Finanzamtsunterlagen. In den meisten Fällen gibt es auf den Höfen keine Aufzeichnungen, die „Vererbung“ erfolgte mündlich.

Die Münze

„Maria Theresia von Gottes Gnaden, römische Kaiserin, Königin von Ungarn und Böhmen“, steht in Latein rund um das Brustbild der Kaiserin auf dem nach ihr benannten Taler. Seit 1765, dem Jahr, als ihr Mann starb, trägt das Bildnis auf der Münze den Witwenschleier. Die ersten Maria-Theresien-Taler wurden jedoch schon seit 1741 geprägt, anerkannt wurde er ab 1753. Nach rund 320 Millionen geprägten Münzen ist er seit 1858 kein offizielles Zahlungsmittel mehr. Gehandelt wird er sehr wohl noch – ob seines Sammler- und Silberwerts. 23,3 Gramm Silber stecken im Maria-Theresien-Taler, der bis heute und bei Bedarf von der Münze Österreich geprägt wird. Ein neuer Taler kostet nach derzeitigem Silberkurs 30 Euro für die höchste Qualität, die polierte Platte. Sammlerstücke in einwandfreiem Zustand sind bis zu 300 Euro wert.

Noch bis Ende des Zweiten Weltkriegs galt der Maria-Theresien-Taler als anerkanntes Zahlungsmittel in weiten Teilen Afrikas. Anfang des 19. Jahrhunderts war der Taler im Gebiet des heutigen Nigeria 4000 Kaurimuscheln wert. Für fünf „schwarze Taler“ bekam man eine Milchkuh, für zwölf einen Sklaven und für zwanzig ein Pferd.

Der Erdapfel

Die Kaiserin und ihr Sohn Joseph II. förderten den Erdäpfelanbau, der erstmals in der Habsburger-Monarchie für das Jahr 1620 nachgewiesen werden kann, allerdings hinter Klostermauern, im Stift Seitenstetten. Es heißt, die Kaiserin habe 1740 höchstselbst veranlasst, Erdäpfel auf Feldern bei Pyhrabruck im Waldviertel zur Ernährung des Volkes zu pflanzen.

Die Verrechnung der Knollen erleichterte sie überdies, indem sie das Maß- und Gewichtssystem vereinheitlichte.

 

Ausstellungen zum Thema

  • Habsburgs mächtigste Frau
    Die Ausstellung in der Österreichischen Nationalbibliothek stellt anhand von teils noch nie gezeigten Grafiken und Druckwerken Maria Theresia in ihren Facetten dar und fächert ein breites Panorama ihres Lebens und Nachlebens auf. Ihre politischen Erfolge und Krisen kommen dabei ebenso zur Sprache wie die kulturellen Errungenschaften ihrer Ära.
    Prunksaal der Nationalbibliothek in Wien, 17. 2.–5. 6., Di–So 10–18 Uhr, Do 10–21 Uhr, Eintritt: 7 Euro
  • Bündnisse und Feindschaften
    In Schloss Hof, das Maria Theresia erwarb, damit sich hier ihr Mann Kaiser Franz I. Stephan von der Last des Regierens erleichtere, steht am Beginn der Schau die sogenannte „Pragmatische Sanktion“, welche die weibliche Erbfolge und die Unteilbarkeit der habsburgischen Gebiete regelte. Erbfolgekriege, wechselnde Bündnisse, Glanz und Elend sind die Themen.
    Schloss Hof im Marchfeld, 15. 3.–29. 11., täglich 10–18 Uhr, Eintritt: 13 Euro (Erwachsene, inkl. Audioguide)
  • Modernisierung und Reformen
    Schloss Niederweiden stellt das ständische System und die enormen sozialen Unterschiede dar, um zu begreifen, welche tiefgreifenden Auswirkungen die Reformen Maria Theresias hatten. Mit der Erneuerung von Staat, Steuerwesen, Verwaltung, Schule, Universität und Militär setzte die Herrscherin wesentliche Schritte zur Modernisierung ihres Reiches.
    Schloss Niederweiden, Engelhartstetten, 15. 3.–29. 11., tägl. 10–18 Uhr, 9,50 Euro (inkl. Audioguide)
  • Familie und Vermächtnis
    Mit Maria Theresias Herkunftsfamilie, ihrer Ehe und der späteren Einsamkeit als Witwe setzt sich das Hofmobiliendepot Wien auseinander. Ebenfalls im Fokus steht ihre Heiratspolitik: Maria Theresia brachte 16 Kinder auf die Welt, wovon zehn das Erwachsenenalter erreichten. Bis auf eines wurden alle politisch gewinnbringend verehelicht.
    Hofmobiliendepot/Möbelmuseum Wien, 15. 3.–29. 11., tägl. 10–18 Uhr, 9,50 Euro (inkl. Audioguide)
  • Frauenpower und Lebensfreude
    Eine Prozession prächtiger Kutschen inklusive Gespanne wird in der Kaiserlichen Wagenburg Wien aufgebaut. Die Schau stellt Maria Theresias Lebensfreude, ihre ebenso opulenten wie publikumswirksamen Feste und ihre aus heutiger Sicht faszinierende Selbstdarstellung im Spannungsfeld zwischen weiblicher Identität und „männlicher“ Herrschermacht vor.
    Kaiserliche Wagenburg Wien, 15. 3.–29. 11., täglich 9–17 Uhr, 9,50 Euro (inkl. Audioguide)
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26. April 2024