Lade Inhalte...
  • NEWSLETTER
  • ABO / EPAPER
  • Lade Login-Box ...
    Anmeldung
    Bitte E-Mail-Adresse eingeben
    Bitte geben Sie Ihre E-Mail-Adresse oder Ihren nachrichten.at Benutzernamen ein.

Kultur und Verwaltung unter einem Dach

Von Georg Wilbertz   28.August 2021

Zu den wesentlichen Aufgaben eines öffentlichen Gebäudes in der Stadt gehört es, seine Aufgabe und Funktion im Verhältnis zum Stadtraum zu definieren und zu repräsentieren.

Dabei gilt es, besonders für Kulturbauten, ein verlockendes räumliches Angebot zu gestalten, um die berüchtigte Schwellenangst potenzieller Besucherinnen und Besucher möglichst zu minimieren. Theater, Museen etc. sollen im Idealfall neugierig machen, die Menschen anziehen und zum Kulturgenuss einladen.

Kultur und Verwaltung unter einem Dach

Dreh- und Angelpunkt Foyer

Beim von den Architekturbüros Harmach ZT GmbH und Stögmüller Architekten ZT GmbH in Kooperation neu geschaffenen Foyer (Bild oben) des altehrwürdigen Stadttheaters Greif (seit 1904 wurde der Festsaal des Hotels Greif für öffentliche Aufführungen genutzt) im Zentrum von Wels ist diese Aufgabe weitestgehend gelungen.

In einer städtebaulich und architektonisch disparaten Umgebung lädt das helle, mit einem leichten Nostalgiehauch an die 1950er-Jahre erinnernde Foyer zum Besuch des Theaters ein. Das zurückhaltende Retroflair formuliert nicht nur eine Verbindung zur langen Geschichte des Hauses, sondern schafft einen angenehmen, unaufdringlichen Übergang zu den sanierten historischen Bauteilen (Theatersaal, Haupttreppenhaus). Deren gestalterische und räumliche Qualitäten sollten als Identifikationsanker für das Welser Publikum erhalten bleiben. Zugleich wurden sie technisch auf den neuesten, heutigen Anforderungen an Bühnentechnik und Akustik entsprechenden Stand gebracht.

Die Revitalisierung des Theatersaals mit rund 620 Plätzen ist jedoch nur ein Teil einer großen Um- und Neubaumaßnahme, die darüber hinaus einen kommunalen Verwaltungsneubau für circa 130 städtische Bedienstete umfasst. Beide Funktionsbereiche wurden in einem großen, außen durch Lamellenfassaden einheitlich gestalteten Baukomplex zusammengefasst. Dieser schließt nun die zuvor aufgelockert bebaute innerstädtische Blockrandbebauung und definiert eine einheitliche Straßenfront an der Welser Rainerstraße. Nur an einer Stelle wird die Fassade deutlich zurückgesetzt, um den Eingang zu betonen und die Besucherinnen und Besucher in das Gebäude "hineinzuziehen".

Auf den ersten Blick mögen die bauliche Koexistenz des Greiftheaters mit dem funktional ausgerichteten Verwaltungsgebäude sowie die gemeinsame Nutzung des Foyers problematisch erscheinen. Immerhin dient Letzteres tagsüber als Raum des städtischen Bürgerservice.

Aber es wäre zu kurzsichtig, darin eine Abwertung seiner kulturellen Rolle zu sehen. Hinsichtlich der öffentlichen Aufmerksamkeit werden sich vorteilhafte Synergien ergeben: Wer morgens für einen Verwaltungsakt das Gebäude betritt, wird zugleich auf den Theaterbetrieb aufmerksam gemacht, wobei die nobel designte Theaterbar im Foyer einen nicht unerheblichen Beitrag leisten dürfte.

Kultur und Verwaltung unter einem Dach
Rund 620 Plätze im Theatersaal

Nachhaltiger Pragmatismus

Technisch bemerkenswert ist nicht nur die energietechnische Optimierung aller baulichen Maßnahmen, die einen Gebäudekomplex mit bemerkenswert hohem Nachhaltigkeitsfaktor schuf. Der reflektierte Einsatz zeitgemäßer Gebäudetechnik diente darüber hinaus zur Schaffung bestmöglich belichteter und belüfteter Büroräume und Arbeitsplätze.

Mit dem Um- und Neubau des Greif-Komplexes geht man in Wels einen fast schon demonstrativ pragmatischen Weg. Man verzichtet auf einen nach außen repräsentativ in Szene gesetzten Kulturbau und revitalisiert den altbekannten, eingeführten Standort. Nicht nur dadurch, sondern auch durch die zurückhaltend angemessene Inszenierung von Eingang und Foyer wird das "neue" Greif-Theater zum selbstverständlichen Teil des Welser Stadtorganismus.

Daten

Planung: Harmach ZT GmbH (Wels), Stögmüller Architekten ZT GmbH (Linz)

Bauherr: Stadt Wels

Wettbewerb: EU-weiter Wettbewerb 2018

Planungszeit: 2018–2020 Fertigstellung: Oktober 2020

Bauweise/Konstruktion: Massivbau auf Stützenraster, Ausbau in Leichtbauweise

Ökologie/Nachhaltigkeit: HFKW-freie Dämmstoffe, 3-fach-Außenverglasung, Wärmerückgewinnung

copyright  2024
26. April 2024