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Wo nicht nur Hexen zaubern

Von Bernhard Lichtenberger   25.Jänner 2020

Züngelnde Flammen lecken am Boden des schwarzen Topfes, der an einer Kette vom eisernen Dreibein baumelt. Es ist 10 Uhr 61. So benennen zumindest die beiden Hexen jenen Zeitpunkt, an dem sie direkt an der Skipiste nach Söll zum ersten Mal den knallroten Deckel lüften. Dunstschwaden steigen empor. "Hexenwasser, wer mag Hexenwasser?", ruft die schwarzlippige Marianne, taucht den Schöpflöffel ins dampfende Gebräu und füllt die Häferl der kleinen Skifahrer, die sich um die Feuerschale scharen.

Was ein richtiger Zaubertrank werden will, benötigt einen Schuss Elixier. "Was darf es sein?", fragt Hexe Isabella am Tisch, der mit Zutaten bestens bestückt ist. "Ohrenschmalz? Hexenatemglobuli? Feenstaubextrakt? Skikantenöl?" Ein Bub zeigt auf ein Fläschchen. "Das ist der Katerverzögerer", sagt Isabella, "den brauchst du noch nicht – aber Teufelsspucke hab ich da." Dem Kleinen gefällt’s, und schon bekommt er mit einem "Hex-hex" ein paar Tropfen in seinen Trunk geträufelt.

Besen-Parkplatz Simonalm

Sonntag bis Donnerstag parken die Hexen ihre Besen vor der Simonalm. Das mehr als 400 Jahre alte Bauernhaus stand einst im nahen Brixental. Es wurde zerlegt und Brett für Brett am neuen Standort wieder aufgebaut. Mit den Damen, die zwar spitze Hüte, aber keine Warzen auf der Nase haben, können Hungrige mittags auch ein Hexenmahl im Dunkeln buchen.

Wo nicht nur Hexen zaubern
„Hexenwasser, wer mag Hexenwasser?“, ruft die Hexe bei der Simonalm.

Dafür ist es auf der Söller Seite der Skiwelt Wilder Kaiser Brixental mittwochs bis samstags trotz Sonnenuntergangs mit der Finsternis vorbei. Ab 18.30 Uhr erhellen Scheinwerfer das mit zehn Pistenkilometern größte Nachtskigebiet Österreichs. Um das unbeschreibliche, mit einem einwendigen Jauchzen einhergehende Gefühl zu kosten, als Erster seine Spuren auf einem frisch präparierten Hang zu hinterlassen, muss man nicht über magische Kräfte verfügen. Der Wink einer kundigen Einheimischen genügt. Sie rät, während der Pistensperre zwischen 16.15 und 18.30 Uhr auf der Stöcklalm mit ihren Stüberln einzukehren. Neben dem offenen Kamin der stimmigen Almhütte schmoren die Fleischspießchen in der heißen Fondue-Brühe, der Duft des geschmolzenen Käses, in den die Weißbrotstückchen getunkt werden, erfüllt den Raum. Und wer hätte gedacht, dass eine Runde in einen "Wenn-ich-nur-aufhörn-könnt"-Modus verfällt und über Pommes schwärmt, als schlürfe man die feinsten Austern. Als unschlagbares Dessert empfiehlt sich nun die jungfräuliche Piste. Die gibt sich dem hin, der ins Freie drängt, um 18.25 Uhr die Bretter anschnallt und damit fünf Minuten Vorsprung auf jene hat, die sich mit der Gondel erst wieder von Söll auf den Berg karren lassen müssen.

Die beleuchteten Strecken machen natürlich nur einen kleinen Teil der Skiwelt Wilder Kaiser Brixental aus, die mit 90 Aufstiegshilfen und 284 Pistenkilometern aufwartet, von denen 121 blau (leicht), 127 rot (mittel) und 36 schwarz (schwer) markiert sind. Beschneibar sind 229 Kilometer.

Die Schnee-Zauberer

Womit wir bei den nächsten Zauberern sind – jenen Tag und Nacht Werkenden, die Frau Holle spielen, wenn diese auslässt. Benjamin Kaufmann ist einer von ihnen. Als Betriebsleiter verantwortet er die Beschneiung für den Bereich Söll. Das technische Weiß ist ihm erst grün, wenn es effizient und sparsam erzeugt wird. Das funktioniert nicht nach der Formel "Pi mal Daumen". 

Wo nicht nur Hexen zaubern
HiTech im Pistenbully: Benjamin Kaufmann zeigt, wie im Drüberfahren die Schneehöhe gemessen wird.

Die bis zu 510 PS starken Pistenmaschinen sind mit einem GPS-System ausgestattet, das dem Fahrer auf einem Bildschirm in Farben die Schneehöhe anzeigt, die sich direkt unter ihm befindet. Dazu wurde das Gelände im Sommer abgetastet und aufgenommen. Das eingebaute Messgerät am Pistenbully ermittelt über die Differenz, wie dick der weiße Teppich ist. Damit ist sofort erkennbar, wo die Auflage üppiger oder dürftiger ausgefallen ist, wo eine Schneekanone angeworfen oder Überschüssiges verschoben werden soll. Das saisonale Schneeziel ist erreicht, wenn überall durchschnittlich 60 bis 70 Zentimeter liegen.

Magisch mutet die Kulisse an, die das Auf und Ab zwischen Going, Ellmau, Scheffau, Söll, Brixen im Thale und Westendorf begleitet – von den schroffen Zacken des Wilden Kaisers über die Loferer Steinberger bis zum Kitzbüheler Horn. Wem die Fernsicht hold ist, der blickt von der Hohen Salve auf 70 Dreitausender. Dort, auf 1829 Meter Höhe, steht mit der Johanneskapelle die höchstgelegene Wallfahrtskirche Österreichs. Obwohl sie Johannes dem Täufer und nicht Petrus geweiht ist, kann es nie schaden, in die Gebete die Bitten um Schneesegen und Kaiserwetter einzuschließen.

Wo nicht nur Hexen zaubern
Im Gipfelrestaurant Hohe Salve fahren auch die Schnapserl Ski.

Wo sich alles dreht

Nebenan dreht sich alles um Speis und Trank – und das ist durchaus wörtlich zu nehmen. "Umadum Stubn" heißt jener Teil des Gipfelrestaurants, der sich im Kreis bewegt. Essen mit Aussicht lautet die Devise: Der Magen labt sich an deftigen Tiroler Schmankerl, das Auge schmaust im Vorbeiziehen am alpinen Panorama. Je nach Einstellung dauert eine Umadum-Runde 25 bis 50 Minuten.

Möglichkeiten, den Einkehrschwung zu üben, gibt es in der SkiWelt zuhauf. 81 Hütten öffnen sich den Gästen, von der Hochbrixener Frankalm mit dem kecken Taferlspruch "Wir haben kein WLAN, wir haben Schnaps" bis zur bäuerlich geführten Aualm, von deren Decke Kuhglocken baumeln. Und da gibt es noch die urige Ellmauer Rübezahl-Alm, die sich vom Kuhstall zur Promistube gemausert hat, in deren Gästebuch Namen wie Fürst Albert von Monaco, die unweit residierenden Formel-1-Veteranen Gerhard Berger und "Strietzel" Stuck oder "Bergdoktor" Hans Sigl auftauchen.

Zauberhaftes Ambiente für Après-Ski der anderen Art findet der SkiWelt-Urlauber hinter dem Wilden Kaiser in der besungenen Perle Tirols, in Kufstein. Unterhalb der 800 Jahre alten Festung mit der größten Freiluftorgel der Welt wurde vor mehr als 600 Jahren ein Stollen in den Berg gehauen, um Eis zu lagern, das fürs Bierbrauen und zur Kühlung verderblicher Güter gebraucht wurde. Heute birgt der "Stollen 1930" eine geheimnisvoll anmutende Bar, in der Genussmenschen der Sinn nach Gin steht. Mit mehr als 1000 Sorten der Wacholder-Spirituose hat es der Stollen ins Guinness-Buch der Rekorde geschafft. Beim kommentierten Gin-Tasting (39,90 Euro für vier Gin-Tonics, 49,90 für sechs) wird dem Geschmacksreichtum vom "Dutch Courage" bis zum würzigen "Opihr" auf den Grund gegangen.

Wo nicht nur Hexen zaubern
Sinn mit Gin: die geheimnisvolle Kufsteiner Bar „Tunnel 1930“

Nach diesem ausgedehnten Aperitif empfiehlt sich der Wechsel in den anschließenden Gasthof "Auracher Löchl", um die "Unterlage" nachzuholen, zum Beispiel mit Tiroler Tapas in putzigen gusseisernen Pfannen, zu denen Schlutzkrapfen und geselchte Ripperl gehören.

Für den abendlichen Genussausflug sei ein Taxi ans Herz gelegt – und, falls nötig, tags darauf ein Pistenbesuch bei Hexe Isabella. Sie wissen schon: Katerverzögerer!

Wilder Kaiser Brixental

Familienwochen: Von 14. März bis 13. April fahren Kinder bis 15 Jahre gratis, wenn ein Elternteil einen Skipass mit einer Gültigkeitsdauer von mindestens drei Tagen kauft. skiwelt.at

Pistenbully: An der Mittelstation Söll werden einstündige Pistenraupen-Touren angeboten. skiwelt.at/pistenraupentour

Eiszeit: Bar, Sonnenlounge, Eisskulpturenschau, Hochzeitskirche, Restaurant mit Eistischen und Schneehotel machen das Alpeniglu-Dorf in Hochbrixen aus. alpeniglu.com

Unterkunft: Das 4-Sterne-Hotel Hochfilzer liegt im Zentrum von Ellmau, die rührige Chefin Ingrid hat Linzer Wurzeln. Halbpension mit ausgezeichnetem mehrgängigen Abendessen; der Wellnessbereich wurde um Sky-Sauna mit Kaiser-Blick erweitert; im Garten des nahen Schwesterbetriebs „Alpenpension Claudia“ ist das neue Baumhaus die Attraktion! hotel-hochfilzer.com

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27. April 2024