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Stadt, Land, Bus

Von Claudia Riedler   31.August 2019

Busse verbinden alle größeren Städte im Baltikum – sie erweisen sich als ideales Fortbewegungsmittel für eine Kennenlernreise durch Estland, Lettland und Litauen. Ein Mix aus viel Natur und den drei Hauptstädten – das war unser erklärtes Ziel, mit dem auch der Nachwuchs einverstanden war.

Nur einmal haben wir uns für drei Tage ein Auto gemietet. Nach der Landung in Tallinn wollten wir gleich weiter in den Lahemaa-Nationalpark, rund eine Autostunde von der estnischen Hauptstadt entfernt. Hier kann man gut abschalten und den Alltag loslassen.

Stadt, Land, Bus

Der Nationalpark ist 725 Quadratkilometer groß und zu einem Drittel mit Wasser bedeckt. Der Rest ist Wald und Sumpf. Schon während der Fahrt dorthin fährt der Stresslevel herunter. Ein perfekter Start in den Urlaub. Neben würziger Waldluft hat man stes auch eine Brise Meer in der Nase. Waldbaden für Fortgeschrittene. Alles ist grün. Angeblich bewohnen Bären, Wölfe, Elche und Schwarzstörche den Nationalpark. Keiner von ihnen lässt sich blicken, dafür findet man Schwammerl und Heidelbeeren. Vieles erinnert an Südschweden. Die Esten fühlen sich nicht wie Balten, heißt es. Fremd klingt für unsere Ohren auch ihre Sprache, die der finnisch-ugrischen Sprachfamilie angehört. Lettisch und Litauisch sind indogermanische Sprachen – Englisch ist zumindest unter den jungen Leuten im Baltikum weit verbreitet.

Im Nationalpark bleibt das Auto stehen. Der "Lahemaa" lässt sich gut zu Fuß und mit dem Fahrrad erkunden. Wir entdecken ein Moor, kleine Fischerorte, Badestrände und viel, viel Wald. Außerdem kulturell Bedeutsames: Das Herrenhaus Palmse ist nur einer von mehreren Gutshöfen im Nationalpark. Es könnte genauso gut in einer englischen Grafschaft liegen. Sehr gediegen.

Stadt, Land, Bus
Schwarzhäupterhaus in der Altstadt von Riga – hier ist auch die Touristeninformation untergebracht

Die Abwechslung macht’s und so fahren wir nach Tallinn retour, eine moderne Stadt mit nordischem Flair. 400.000 der 1,3 Millionen Esten leben hier. Die wichtigsten Sehenswürdigkeiten lassen sich bequem zu Fuß erreichen: Ein Bummel durch die Altstadt gehört unbedingt dazu, außerdem der Domberg. Hier stellen Stadtführer häufig die scherzhaft gemeinte Frage: Warum hinkt Tallinn? Weil die Stadt ein kurzes und ein langes Bein hat. Die beiden Straßen, die Ober- und Unterstadt verbinden, heißen "Lühike jalg" (kurzes Bein) und "Pikk jalg" (langes Bein). Wer’s moderner mag, schlendert durch das Rotermannviertel. Industriebauten des 19. Jahrhunderts wurden und werden hier in hippe Geschäfts- und Gourmetlokale umgewandelt. Zu empfehlen ist auch ein Spaziergang zum Schloss Kadriorg, Sitz des Präsidenten, der an eleganten Holzvillen und Lokalen vorbei führt.

Ein Tipp für alle, die noch ein Land "mitnehmen" wollen: Täglich fahren Fähren in etwa zwei Stunden nach Helsinki – und am Abend wieder retour nach Tallinn.

Kurzweilige Busfahrt nach Riga

Für uns geht es mit dem Fernbus weiter in die Hauptstadt Lettlands nach Riga. Eine rund viereinhalb Stunden lange Fahrt, die dank Bord-Entertainment samt deutschsprachigen Videofilmen auch für den Nachwuchs sehr kurzweilig ist. Gebucht werden die günstigen Fahrten bequem im Internet ein paar Tage davor (Tallinn–Riga kostet etwa 18 Euro/Person).

Riga liegt am Fluss Daugava. Die Altstadt ist die Hauptattraktion für Touristen. Hier wird besichtigt, gegessen und lautstark gefeiert. Bekannt ist Riga auch als europäische Hauptstadt des Jugendstils. Einheimische und Touristen vermischen sich am Zentralmarkt, wo man Fisch, Fleisch, Gemüse und Obst kaufen kann. Der Markt ist in ehemaligen Hangars für Zeppeline, die in Riga gebaut wurden, untergebracht. Die Hallen liegen gleich neben dem Busbahnhof. Von dort führt uns der Weg abermals in die Natur. Der öffentliche Bus bringt uns nach Sigulda östlich von Riga. Im Gauja-Nationalpark leihen wir ein Kanu und paddeln den gleichnamigen Fluss abwärts. Der Nationalpark ist mit 920 Quadratkilometern der größte der drei baltischen Länder. Hier kann man nicht nur Kanufahren, sondern auch Radeln, Wandern und Reiten. Ein Platzerl, an dem man sich auch länger aufhalten könnte.

Stadt, Land, Bus
Radfahren am Strand – hier in Liepaja an der Ostseeküste

Für uns geht’s aber schon wieder weiter mit dem Fernbus (dieses Mal ohne Bord-Entertainment) von Riga nach Liepaja an der Ostseeküste – die drittgrößte Stadt Lettlands. Mit Fahrrädern erkunden wir die Stadt, die ihren Charme erst auf den zweiten Blick preisgibt. Durch den schön angelegten Park an der Meer

seite gelangen wir an den Strand. Weißer Sand, Wind und Wellen – eine wildromantische Fahrradfahrt entschädigt für die trostlos wirkenden Sowjetbauten und -ruinen. Man spürt den guten Willen der Touristiker, es braucht aber wohl noch ein bisschen Zeit.

Der nächste Fernbus bringt uns über die Grenze nach Litauen, genauer gesagt nach Klaipeda. Von hier setzen wir mit der Fähre über nach Smiltyne auf der Kurischen Nehrung. Die schmale, aber fast hundert Kilometer lange Landzunge trennt das Haff von der Ostsee. Etwa die Hälfte der Nehrung gehört zu Litauen, der andere Teil ist russisch und nur mit Visum zu bereisen.

Muss man gesehen haben

Dieser langgestreckte Sandkasten ist ein absolutes Muss für Baltikum-Besucher. Nicht umsonst ist die Kurische Nehrung Nationalpark und Weltkulturerbe der UNESCO. Alles hier ist auf Sand gebaut und gewachsen. Für einen ersten Eindruck marschieren wir einen Kilometer durch einen märchenhaften Wald bis zum Strand: wieder weißer Sand, Wellen und eiskaltes Wasser. Der Anblick gepaart mit der Mischung aus Wald- und Meeresluft lässt einen selig grinsen.

Eine Attraktion ganz in der Nähe unserer Unterkunft (Smiltynes Yachtklub, siehe Kasten) beglückt Jung und Alt. Das Meeresmuseum und vor allem die tolle Delfinshow erweisen sich als perfektes Regenprogramm. Doch schon bald erfreuen wir uns wieder am typischen Baltikumwetter: Sonne und rund 20 Grad.

Um mehr von der Nehrung zu erkunden, fahren wir wieder Bus (auch Radfahrer sieht man häufig): Knapp vor der russischen Grenze, in Nida, kann man eine der größten Dünen Europas besteigen: 52 Meter hoch. Im touristisch gut erschlossenen Nida steht auch ein Sommerhaus von Thomas Mann. Drei Sommer (1930-1932) verbrachte der deutsche Schriftsteller hier, heute ist es ein Museum. Schmuck aus Bernstein ist das beliebteste Souvenir für die Besucher.

Auf der Nehrung ließe es sich noch länger aushalten, uns bringt aber wieder ein Bus zur nächsten Station unserer Reise, der letzten. Vilnius, die Hauptstadt Litauens, versprüht viel Charme, anders als die nördlichen Hauptstädte des Baltikums. Einen Bummel durch die Innenstadt startet man am besten auf dem Platz vor der Kathedrale, wo auch der eindrucksvolle Glockenturm steht. Der Aussicht wegen steigen wir zum Burgberg auf und statten der "Republik Uz?upis", einem alternativen Künstlerviertel am Fluss Vilnia, einen Besuch ab. Am 1. April wird an diesem verrückten Ort der Nationalfeiertag gefeiert. Vielleicht kommen wir dann wieder – vieles gäbe es im Baltikum noch zu sehen. Das nächste Mal mit dem Fahrrad.

Stadt, Land, Bus
Natur pur im Viru-Moor, eine der Attraktionen im Lahemaa-Nationalpark

 

Ein bisschen anders

Öko-Hotel: Mitten im Wald des Lahemaa Nationalparks (östlich von Tallinn) hat ein Brite vor drei Jahren das Projekt-Kodu Retreat & Eco-Hostel eröffnet. Hier schläft man in Zelten, isst vegetarisch, kann im Fass oder in alten Wannen baden (ebenfalls mitten im Wald) und zweimal täglich Yoga (Bild) machen. projekt-kodu.ee

Direkt am Wasser: Im Yachtklub von Smiltyne (auf der Kurischen Nehrung, Litauen) wohnt man in kleinen, aber feinen Appartements mit Blick auf den Hafen und die Segelboote. Ein idealer Ausgangspunkt für die Entdeckung dieses sandigen Naturwunders.
smiltynesjachtklubas.lt
Für Katzenfans: Im Cat Café in Vilnius (Litauen) kann man nicht nur essen und trinken, sondern auch Katzen streicheln. 15 Katzen bevölkern das Kaffee. Ausgestattet mit Überschuhen darf man sich ihnen nähern. Mindestkonsumation: 5 Euro/Person. kaciukavine.lt

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