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Purzelbäume und tanzende Männer

Von Roswitha Fitzinger   21.März 2021

Man muss mit dem Finger auf der Landkarte nicht weit reisen, um auf der Suche nach kuriosen Ostertraditionen fündig zu werden.

Mädchenwassern in Ungarn

Ostern in Ungarn ist nichts für Figurbewusste und Wasserscheue. Zum einen werden viele deftige Köstlichkeiten und vor allem nach der Fastenzeit das erste große Stück Fleisch gemeinsam im Kreise der Familie verzehrt. Zum anderen rücken am Ostermontag die Männer zum "Husvetilocsolkodas", dem österlichen Mädchenwassern, aus. In Gruppen ziehen sie durch die Gemeinde und spüren in den Häusern die – mehr oder weniger – versteckten Mädchen auf, um sie mit Wasser zu übergießen. Nicht ohne sie vorher darum zu bitten und nicht ohne, dass die Weiblichkeit versucht, Reißaus zu nehmen. Dieses Ritual soll der Bewahrung ihrer Schönheit und Gesundheit dienen, so meint zumindest der Volksmund. Zum Dank werden die Übeltäter traditionell mit Schinken, Milchbrot, gekochten Eiern und einem Gläschen Pálinka bewirtet. Als Symbol des Lebens, des Blutes und der Liebe erhalten sie als Geschenk außerdem ein rohes Ei.

Polen und der nasse Montag

Nass werden kann man am Ostermontag auch in Polen. Wer keine unfreiwillige Dusche nehmen will, bleibt an diesem Tag besser daheim. Auf der Straße bespritzen Jugendliche jeden Passanten mit Wasser. Mit dem sogenannten "Smigus Dyngu" wird nach christlicher Überlieferung der Taufe von Mieszko I. im Jahr 966 gedacht, der den katholischen Glauben nach Polen gebracht haben soll. Andere sprechen von einem heidnischen Ritual, das eine symbolische Reinigung zu Frühlingsbeginn darstellt. So oder so, etwas Bewegung dürfte dem ein oder anderen wohl recht sein. Am Ostersonntag kommt bei den Polen ein opulentes Osterfrühstück auf den Tisch. Zelebriert wird es im Kreise der Familie und mit tags zuvor in der Kirche geweihten Speisen. In einem "Koszyk" genannten Körbchen werden bemalte Eier, Brot, Wurst, Salz und Meerrettich, außerdem ein Osterlamm aus Teig oder Schokolade vom Priester gesegnet.

Der "Glücks-Knack" in Bulgarien

Was das Eierpecken bei uns ist in Bulgarien der Eierkampf oder das Eier-Knacken. Dazu braucht es jede Menge Material. Das erste Osterei wird traditionell von der ältesten Frau im Haus gefärbt. Es muss – symbolisch für das Blut Christi – rot sein und soll besonders beschützende Kräfte besitzen. Wessen Ei am Ostersonntag beim Knacken der Eier, auch "Glücks-Knack" genannt, ganz bleibt, erfreut sich das ganze Jahr über bester Gesundheit. Das Gewinner-Ei wird nicht etwa verzehrt, sondern bis zum nächsten Osterfest im Kühlschrank aufbewahrt. Des Weiteren gibt es im christlich-orthodoxen Bulgarien auch die Tradition, die Eier an die Kirchenmauern zu werfen. Auch hier gilt: Wessen Ei nicht zerplatzt, dem ist Gesundheit und Erfolg beschieden.

Tanzende Briten

Bemalte und versteckte Ostereier – all das hat auch bei den Briten zu Ostern Tradition. Doch darüber hinaus haben die Insulaner auch Skurriles zu bieten – beginnend mit dem Karfreitag, dem "Good Friday", ein besonders guter Tag, um Petersilie zu pflanzen, die der Legende nach besonders gut das Böse bekämpft. Die vom Osterhasen versteckten Ostereier werden nicht nur gesucht, sondern in manchen Gegenden lässt man die gekochten Exemplare auch von einem Hügel rollen (Egg-Rolling). Das schnellste Ei gewinnt.

Tanzend wird der Frühling beim traditionellen "Morris Dance" begrüßt, außerdem in weißen Gewändern mit bunten Gürteln und weißen Fahnen in der Hand. In der kleinen Stadt Bacup in Lancashire im Nordwesten Englands wird alljährlich am Ostersonntag der "Nutter’s Dance" vollzogen. Bei diesem seit 1857 bestehenden Brauch tanzen seltsam gekleidete Menschen mit schwarz geschminkten Gesichtern und Glocken an den Beinen durch die Stadt. Angeführt von einem "Whiffler" samt Peitsche trachtet man die bösen Geister zu vertreiben. Mit einem Freudentanz anlässlich der Auferstehung Jesu läuten hingegen die Waliser aus Tenby Ostern ein. Dazu schlagen sie vor Sonnenaufgang drei Purzelbäume.

Heringsbegräbnis in Irland

Mit einem kuriosen Osterbrauch können auch die Iren aufwarten. Sie markieren das Ende der Fastenzeit mit einer rituellen Heringsbeerdigung. Nach 40 Tagen des Verzichts, in denen einst vor allem der Hering als Hauptnahrungsmittel auf den Tisch kam, muss der mickrige Armeleutefisch nun unter die Erde. Um diesen Tag zu feiern, befestigten die Metzger einen Hering an einer Holzstange und trugen diese gefolgt von der Dorfbevölkerung durch die Straßen des Dorfes. Während der Prozession wurde der Hering auf das Wüsteste beschimpft. Ende der skurrilen Prozession war es, den Hering ins Wasser zurückzuwerfen – und zu beerdigen. Auch heute werden die Bestattungen noch häufig von ortsansässigen Metzgern organisiert, und der Hering wird in der Wiese vergraben.

Orangen und Krimis in Norwegen

Kaum ein Fest wird in Norwegen gefeiert wie die Osterfeiertage, die bereits am Gründonnerstag beginnen und traditionell gern in der Natur begangen werden. Beim Skifahren etwa. Zu "Påske" wird außerdem die Skisaison abgeschlossen, die letzte Abfahrt des Winters, wenn es das Wetter zulässt, gerne im T-Shirt genossen. Als Proviant kommen Orangen in den Rucksack. 20 Millionen Stück verspeisen die Norweger traditionell zu Ostern als Symbol für die kommenden wärmeren Tage. Wer kann, fährt auf seine "hytte" in die Berge, wer nicht, genießt daheim einen Osterkrimi. Seit mehr als 30 Jahren sendet das norwegische Fernsehen traditionell zu Ostern einen besonders spannenden "påskekrim" für die Erwachsenen und für die Kinder davor ein Osterrätsel. Leseratten müssen sich nicht leid sehen, denn es ist dies auch die Zeit, in der in Norwegen die meisten Buch-Krimis veröffentlicht werden. God påske.

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