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Schizophrenie: Behandlung unbedingt notwendig

09.Oktober 2019

Für Menschen, die an Schizophrenie leiden, verschwimmen Realität und Fiktion. Alltägliches wird als Verschwörung und Bedrohung empfunden. Wahnideen, Verfolgungsängste, Halluzinationen, Angst und Stimmen, die unablässig auf sie einreden, und der tägliche Kampf dagegen bestimmen das Leben der Betroffenen. Das Ich attackiert sich quasi selbst. Und dies kann lebensbedrohliche Ausmaße annehmen und zum Suizid führen – als radikaler Befreiungsversuch, um den quälenden psychotischen Erlebnissen ein Ende zu setzen, oder aus Selbsthass aufgrund der verlorenen Fähigkeit, das Leben zu meistern. Darauf wiesen Experten anlässlich des Welttages der mentalen Gesundheit hin.

Laut wissenschaftlichen Studien sei das Suizidrisiko bei Schizophrenen – etwa ein Prozent der Menschen sind von dieser Krankheit betroffen – im Vergleich zur Gesamtbevölkerung um das 8,5-Fache erhöht, sagte der Wiener Psychiater Nestor Kapusta bei einem Hintergrundgespräch in Wien.

Erhöhte Gewaltbereitschaft

Auf der anderen Seite kann bei Schizophrenie auch zeitweise eine erhöhte Gewaltbereitschaft auftreten. "Das Risiko, eine leichte Körperverletzung zu begehen, war in der Gruppe Schizophrenie-Kranker gegenüber der Allgemeinbevölkerung um das Doppelte höher, das Risiko für schwere Körperverletzungen um ein Vierfaches – und das Risiko für ein Tötungsdelikt um ein Achtfaches", sagte die Linzer Gerichtspsychiaterin Heide Kastner.

Mit einer Erkrankungshäufigkeit von einem Prozent ist jedenfalls das Risiko, Opfer eines psychotisch motivierten Gewalttäters zu werden, deutlich geringer als das Risiko, Opfer eines psychisch gesunden Täters zu werden. Deshalb hätte die generelle Mahnung vor der von Schizophrenie-Kranken ausgehenden Gefahr wenig alltagspraktische Relevanz.

Frühzeitige Diagnose und Therapie verringern sowohl das Suizid- als auch das Risiko für Gewaltausbrüche infolge mangelhafter Impulskontrolle und auftretender Wahnvorstellungen. "Schizophrenie ist heute zumeist gut behandelbar, wenn auch noch allzu häufig nicht heilbar", erläuterte Christoph Correll, Direktor der Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie an der Charité-Universitätsklinik in Berlin.

Behandel- aber kaum heilbar

Die Behandlung setze sich im Idealfall aus einer individuell abgestimmten Kombination von medikamentöser Behandlung, Psychotherapie und anderen therapeutischen Verfahren wie Ergotherapie, Soziotherapie etc. zusammen. Als Medikamente kommen Antipsychotika zum Einsatz, die die Botenstoffe in bestimmten Gehirnregionen so beeinflussen, dass vor allem die psychotischen Positiv-Symptome (zum Beispiel Halluzinationen, Wahnvorstellungen, Zerfahrenheit der Gedanken) gehemmt werden. "Der Therapieerfolg ist maßgeblich von der Dauer der unbehandelten Psychose abhängig. Je schneller nach Auftreten der ersten psychotischen Phase mit einer geeigneten Therapie begonnen wird, desto besser wirkt sich dies auf den weiteren Verlauf aus", betonte der Experte. Es gelte, Rückfälle in psychotische Phasen unbedingt zu verhindern – denn das Gehirn lerne nicht nur, "Ski zu fahren", sondern es "erlerne" auch Psychosen: Je mehr Rückfälle der Patient erleide, desto schneller entwickle er eine weitere psychotische Episode und desto schwerer komme er wieder daraus heraus. "Rückfälle produzieren mehr Symptome – und die Symptome produzieren wiederum mehr Rückfälle. Rückfälle verschlechtern auch das Ansprechen auf die medikamentöse Therapie enorm. Es steigt auch das Risiko für eine sekundäre Therapieresistenz wie auch für eine Verschlechterung der kognitiven Fähigkeiten", so Correll.

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