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Corona-Krise: "Angst und Unbehagen sind jetzt ganz normal"

Von Barbara Rohrhofer   14.März 2020

Der Kampf gegen das Coronavirus verändert unseren Alltag enorm: Schulen und Universitäten bleiben geschlossen, Krankenhäuser verhängen Besuchsverbote, Großveranstaltungen werden abgesagt, Länder riegeln sich ab und verfügen Ein- und Ausreiseverbote. Ängste sind bei vielen Menschen an der Tagesordnung. "Es ist ganz normal, wenn man jetzt verunsichert ist und ein gewisses Unbehagen verspürt", sagt Christina Mayr-Pieper, Leiterin der Klinischen Psychologie im Ordensklinikum Barmherzige Schwestern in Linz, im Interview mit den OÖNachrichten.

OÖN: Wir Menschen tun uns oftmals schon mit kleinsten Veränderungen sehr schwer. Jetzt müssen wir so vieles in unserem Leben schnell umstellen. Wie soll das funktionieren?

Christina Mayr-Pieper: Grundsätzlich sind wir von unserer Biologie so ausgestattet, dass wir uns in Krisensituationen schnell verändern und anpassen können. Auch haben wir die Fähigkeit, Neues zu lernen und Vertrauen zu entwickeln. Das sind wertvolle Fertigkeiten. Wenn viel Unbekanntes auf uns zukommt, brauchen wir aber natürlich eine bestimmte Zeit, um uns darauf einzustellen.

Haben Sie Tipps, wie das einfacher geht?

Wenn ich mich innerlich darauf einstelle, dass ich meine Verhaltensänderungen im Dienste der Gemeinschaft mache, dann muss ich mich nicht permanent eingeschränkt fühlen. Ganz nach der Devise: Wir leben jetzt so, damit wir einander schützen und möglichst gesund halten.

Viele sprechen von einer ,Entschleunigung’, die da passiert. Kann man das wirklich so nennen?

Was jetzt passiert, ist nicht entschleunigend, sondern beschleunigend. Vieles ist im Umbruch, alltägliche Dinge – wie beispielsweise die Kinderbetreuung – müssen neu organisiert werden. Viele Menschen fürchten um ihren Betrieb, um ihren Arbeitsplatz. Und es kann natürlich auch stressen, wenn der Terminkalender plötzlich leer ist.

Wie verkraften wir es, keinen Plan mehr zu haben? Büroalltag, Konzertbesuche, Feste und Wochenendtrips – alles gehört der Vergangenheit an.

Es wird ein bisschen dauern, bis wir feststellen, dass wir jetzt Dinge tun können, die wir schon lange tun sollten oder wollten. Und so abgedroschen es klingen mag. Jede Krise birgt auch eine Chance: Vielleicht können wir uns jetzt mehr unseren Beziehungen widmen, mehr Zeit mit den Kindern verbringen …

Wenn wir die Sozialkontakte minimieren, fehlt uns das. Kann tägliches Telefonieren mit den Großeltern beispielsweise die Besuche ersetzen?

Telefonieren kann den persönlichen Kontakt natürlich nicht ganz ersetzen. Aber man kann dadurch dem Gefühl der Einsamkeit durchaus entgegenwirken. Man sollte sich mit den betagten Verwandten fixe Termine zum Telefonieren ausmachen. Und ich bin mir sicher: Wenn die Menschen verstehen können, warum das jetzt so ist, können sie die veränderte Situation auch annehmen.

Allein das Wort Pandemie macht Angst. Ist das eine normale Reaktion?

Ja, denn Angst bringt uns im günstigsten Fall dazu, adäquat mit Krisen umzugehen. Natürlich sollten wir unser rationales Denken einsetzen und nicht panisch werden.

Welche Charaktereigenschaften oder Einstellungen zum Leben sind jetzt besonders hilfreich?

Es hilft keinesfalls, Dinge immer nur positiv zu sehen oder gar zu bagatellisieren. Ein gewisses Grundvertrauen ins Leben ist aber sicherlich von Vorteil. Damit meine ich die innere Überzeugung, auch schwierige Situationen und Herausforderungen erfolgreich bewältigen zu können.

Die Kinder sind ab der kommenden Woche zu Hause, viele Eltern auch, da sie von daheim aus arbeiten. Welche Verhaltensregeln schlagen Sie vor, damit man sich nicht auf die Nerven geht?

Man muss auf jeden Fall sofort klare Strukturen schaffen. Es sollte klar definierte Arbeits- oder Lernzeiten geben und Phasen der Freizeit. Diese Regeln können die Situation in nächster Zeit auf jeden Fall entspannen.

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26. April 2024