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Das Geheimnis glücklicher Familien

Von Ulrike Griessl   08.März 2017

"In meine Eltern-Aktiv-Seminare kommen von Jahr zu Jahr mehr Frauen, die völlig am Ende sind, weil sie sich für ihre Familien abstrampeln, all ihre Energien für Kinder, Haushalt und Beruf aufwenden, aber dennoch nicht glücklich sind", erzählt Brigitte Einicher. Viele Mütter seien total erschöpft, die Väter unzufrieden und die Kinder unausgeglichen.

"Oft haben die Buben und Mädchen Verhaltens- und Lernprobleme in der Schule und zu Hause sitzen sie vor dem Computer, anstatt sich mit Freunden zu treffen und sich auszutoben", bedauert die 58-jährige Linzerin. Einicher hat viele Jahre einen Linzer Kindergarten geleitet, seit 16 Jahren hält sie Elternbildungs-Seminare für das Land Oberösterreich und die Kinderfreunde.

Zu hohe Ansprüche

Ihr Resümee aus dieser Zeit ist alles andere als erfreulich: "In unserer Gesellschaft entwickeln sich immer deutlicher zwei Extreme heraus: Die einen Eltern lassen ihren Nachwuchs vor den Computern verwahrlosen, die anderen behüten und fördern ihn extrem, so dass die Kinder nicht mehr Kinder sein können." Übermütig zu sein und sich einmal daneben zu benehmen, würden übereifrige Eltern nicht akzeptieren, selbst von Kindern im Vorschulalter würden viele erwarten, stets vernünftig und kontrolliert zu handeln. "Logisch, dass das nicht möglich ist", sagt Einicher.

Doch woran liegt es, dass Mütter und Väter oft überfordert sind und nicht mehr wissen, wie sie ihre Kinder entspannt großziehen können? Für die erfahrene Kinder- und Elternpädagogin ist die Antwort auf diese Frage klar: "Die Erwartungen unserer Gesellschaft an die Erwachsenenwelt sind ebenso überhöht, wie jene an die Kinder. Jeder möchte in sämtlichen Lebenbereichen Bestleistungen bringen, jedes Kind soll problemlos den höchsten Schulabschluss schaffen und nach außen hin wollen alle immer nur Glück und Harmonie ausstrahlen. Wie soll das funktionieren?" Einicher appelliert an überehrgeizige Eltern, ein Experiment zu starten: "Schraubt eure Ansprüche herunter, gönnt allen Familienmitgliedern mehr Ruhe und Freiräume für eigene Interessen." So einfach dieser Ratschlag klinge, so wirkungsvoll sei er, verspricht die Expertin.

Vor allem Müttern empfiehlt Einicher, dass sie sich von der vermeintlichen Pflicht, alles alleine schaffen zu müssen, befreien. "Wenn Mütter sich und ihre Lieben glücklich machen wollen, dann müssen sie anfangen, einen gesunden Egoismus zu entwickeln", sagt die Pädagogin. Dazu gehöre, dass sich Frauen zumindest einmal pro Woche eine Oase für sich selbst schaffen, eine Auszeit, in der sie einzig und allein an ihre eigenen Bedürfnisse denken.

Natürlich funktioniere das nur, wenn die Mütter keine Scheu davor haben, hin und wieder Hilfe bei der Aufsicht der Kinder anzunehmen. "Auch der Vater kann den Kindern einmal das Abendessen zubereiten und sie zu Bett bringen", sagt Einicher. Außerdem sei es keine Schande, Großeltern oder Freunde zu bitten, die Kinder einen Tag zu nehmen. "Frauen, die das ausprobieren, werden sehen, dass sie damit nicht nur sich selbst, sondern ihrer gesamten Familie Gutes tun", ist die Expertin überzeugt.

Die beste Burnout-Prophylaxe

Denn wenn die Mutter ausgeglichen und entspannt sei, dann seien es auch ihre Kinder und ihr Mann. Der Grund liegt laut Einicher auf der Hand: "Eine Frau, die sich nicht rund um die Uhr nur um alle anderen kümmert, sondern auch auf sich selbst achtet, hat mehr Freude am Leben und fährt nicht gleich aus der Haut, wenn die Kinder einmal trödeln oder eine schlechte Note nach Hause bringen."

Auch auf lange Sicht tun Mütter, die sich Oasen für sich selbst schaffen, ihrem Nachwuchs Gutes. "Eine bessere Burnout-Prophylaxe gibt es nicht", sagt Einicher. "Denn wenn Eltern ihren Kindern vorleben, dass Auszeiten okay sind, dann sind diese später stressresistenter."

Das Geheimnis glücklicher Familien: "Mütter mit gesundem Egoismus"

Brigitte Einicher, Kinderpädagogin und Familien-Coach beim Land OÖ. und den Kinderfreunden

 

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01. Mai 2024