Lade Inhalte...
  • NEWSLETTER
  • ABO / EPAPER
  • Lade Login-Box ...
    Anmeldung
    Bitte E-Mail-Adresse eingeben
    Bitte geben Sie Ihre E-Mail-Adresse oder Ihren nachrichten.at Benutzernamen ein.

Dem Genuss auf der Spur: Wo gutes Brot eine echte "Ofenbarung" ist

Von Karin Haas   26.September 2015

Es ist Mitternacht im Hause van Melle. Barbara, die Slow Food-Prinzessin Österreichs, hat vor einer Stunde ihr Sauerteig-Roggenbrot in den Ofen geschoben. Ihr Töchterchen, ein Teenie, wird wach und reibt sich die Augen. "Hier riecht es so nach daheim", sagt es und Mutter lächelt.

Dieses Heimat-Kuschel-Gefühl, das uns der Duft von frischem Brot beschert, ist selten geworden. Handwerklich hergestelltes Brot können sich in Zeiten von Tiefkühlteiglingen zum Diskontpreis die wenigsten Bäcker "leisten". Denn wirklich gutes Brot braucht Zeit.

Barbara van Melle hat sich deshalb auf die Suche gemacht. Zwölf Bäcker in ganz Österreich hat sie gefunden und ihnen außergewöhnliche Rezepte entlockt. Die können auch "nachgebacken" werden. "Es war gar nicht so einfach, sie auf Haushaltsmengen herunterzubrechen", sagt sie. So ganz nebenbei wurden viele Bäcker ihre Freude.

Da gibt es etwa Franz Brandl, den "Meister des Handgebäcks" aus Linz. Ihn ruft sie einfach "Franz", wie vorgestern in der Nacht des Genusses, als Barbara in der Bismarckstraße in Linz Brandl-Brotduft schnupperte.

Wie "Gerstl" Geschmack bringt

"Der Franz" steuerte für van Melles Buch das Eferdinger Kartoffelbrot bei. "Es bleibt durch die verkleisterte Stärke der Erdäpfel besonders lange frisch", sagt Brandl. "Verkleisterte Stärke" klingt nicht nett, aber hilft. Ebensowenig sollte man vor Fachausdrücken wie "den Teig führen" (nämlich ihm Zeit zu geben) und "Gerstl", (Zubereitung und Konservierung des Sauerteiges) keine Scheu haben. Im Buch wird alles genau erklärt.

Es muss ja nicht unbedingt das Steinmühlenbrot des Meister-Bäckers Helmut Gragger aus Ansfelden sein. Denn wer hat schon Getreide zur Hand, das, wie in Graggers Fall, wie früher in einer Steinmühle besonders langsam und schonend gemahlen wird?

Auch Graggers Brot nach Altamura-Art aus Hartweizenmehl, wie in Apulien gebräuchlich, ist eher etwas für das Bäckereiregal als die Brotbackstunde zu Hause. Doch Dinkelbrot mit Apfelsaft von Brandl und seinem Jung-Bäckermeister Paul Jungreithmayr ist einfach nachzubacken.

Eine feine Idee und auf Pauls Kreativität gewachsen sind auch die "Spitzbuam". Dabei wird Altbrot eingearbeitet. Dies nicht nur, um Verschwendung hintanzuhalten, sondern um die Würze des Altbrotes besonders intensiv zur Geltung zu bringen.

Was Barbara van Melle den "kleinen" Bäckern im Wettstreit mit den Industrie-Enzym-Säuerungsmittel-Rapidbackunternehmen rät? "Sucht euch eine Nische, lasst euch nicht hetzen und backt bedingungslos nur Top-Qualität", sagt sie.

Zeit gibt übrigens dem Brot nicht nur mehr Geschmack, sondern wirkt sich auch gesundheitlich positiv aus. "Brote aus lange geführten Teigen sind leichter verdaulich", sagt van Melle.

Brot liebt Leinen

Brot sollte übrigens immer in einem Leinensack aufbewahrt werden. Gutes Brot bleibt so mindestens fünf Tage gut und intensiviert sogar seinen Geschmack.

Den jungen Leuten will van Melle mit auf den Weg geben, doch auch eine Bäckerlehre zu erwägen. "Kreative Bäcker werden junge Wilde wie Köche werden", prognostiziert van Melle. Damit will die Genuss-Frau durchaus auch Mädchen ansprechen, auch wenn in ihrem Buch keine Bäckermeisterin vorkommt. Sie verspricht eine Fortsetzung mit Frauenbeteiligung. Vielleicht haben dann auch die "Eichler-Sisters" eine Chance, die die von ihrem Großvater gegründete gleichnamige Linzer Bäckerei übernommen haben.

 

Barbara van Melle; "Der Duft von frischem Brot - Österreichs beste Bäcker verraten ihre Rezepte", Brandstätter-Verlag, 208 Seiten, Fotos von Wolfgang Hummer, 29,90 Euro ISBN 978-3-85033-942-1

copyright  2024
26. April 2024