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Als sich Urfahr vor 100 Jahren mit Linz vereinte

Von M. Schäfl und M. Staudinger   11.April 2019

Beim Spaziergang über die Nibelungenbrücke scheint ein getrenntes Dasein von Linz und Urfahr heute unvorstellbar.

Das war nicht immer so. Nach jahrhundertelanger Rivalität der beiden Donau-Nachbarn wurde am 16. April 1919 ein Landesgesetz über die Vereinigung von Linz und Urfahr beschlossen.

Die Überlegungen waren nicht neu, denn bereits 1908 gab es erste Bestrebungen, die beiden Nachbarstädte zu fusionieren. Das Vorhaben scheiterte jedoch an unterschiedlichen Sichtweisen.

"Den Linzer Gemeinderat und den Gemeindeausschuß der Stadt Urfahr beschäftigte gestern eine Angelegenheit, die geeignet ist, auf die weitere Entwicklung der beiden Nachbarstädte nach jeder Richtung einen bestimmenden und, wie wir hoffen, fördernden Einfluß zu nehmen", verkündete die Tages-Post, die Vorgängerin der Oberösterreichischen Nachrichten, im Frühjahr 1919.

Doch blicken wir zunächst zurück: Die Linzer waren den Urfahranern zahlenmäßig, politisch und im Handel überlegen. Früh entstand eine Rivalität zwischen der landesfürstlich privilegierten Stadt Linz und der Fischer- und Schiffersiedlung Urfahr.

Urfahraner Brückenprotest

Im März 1497 schuf Kaiser Maximilian den nächsten Zankapfel, denn über Handel und Fischerei stritt man ohnehin häufig. Der Kaiser erteilte den Linzern die Bewilligung, eine Brücke über die Donau zu bauen. Die Urfahraner fürchteten um ihr Hauptgeschäft, das aus dem Überfahren der Donau bestand, diese Praxis gab "Urfahr" (von "Überfahrt") ja auch seinen Namen.

In den Folgejahren erholte sich Urfahrs Wirtschaft. Im Gegensatz zu Linz gab es jenseits der Donau aber keine Stadtmauer. Im Laufe der Bauernkriege und des Dreißigjährigen Krieges wurde Urfahr daher häufig Opfer marodierender Soldatentruppen.

Erst Anfang des 18. Jahrhunderts rappelte man sich erneut hoch, Gewerbebetriebe siedelten sich in Urfahr an, wobei Schifferei und der Tourismus immer noch die größten Einkünfte versprachen.

Ein Jahrhundert später erhielt Urfahr durch Kaiser Franz das Marktrecht. Der Schiffmeister Franz Rosenauer wurde 1808 zum ersten Marktrichter gewählt. Zusätzlich erhielten die stets benachteiligten Urfahraner 1817 das Recht, dass sie "das Jahr hindurch zwey Mal Jahrmärkte, jeder zwey Tage dauernd, abzuhalten berechtiget seyn sollen": die Geburtsstunde des Urfahraner Marktes. 1882 verlieh Kaiser Franz Joseph Urfahr das Stadtrecht. Die Wirtschaft florierte, und Urfahr befand sich im Aufschwung.

Hinsenkamp als letzter Stadtchef

Dann zog der Erste Weltkrieg ins Land. Wirtschaft und Infrastruktur wurden zerstört. Der Zustand der beiden Städte nach den Kriegsjahren war mit ein Grund, warum die beiden Nachbarn Linz und Urfahr (das kurz zuvor noch den Pöstlingberg eingemeindet hatte) doch zusammenfanden.

Am Sonntag, 1. Juni 1919, war es so weit: Die 15.000 Urfahraner wurden zu Linzern. Honoratioren beider Städte feierten das am Abend zuvor bei einem Abendessen im "Bergbahnhotel" am Pöstlingberg, dem heutigen Pöstlingberg-Schlössl. Der scheidende Urfahraner Bürgermeister Heinrich Hinsenkamp gab dabei in seiner Rede "dem Wunsche Ausdruck, dass der große Nachbar (Linz, Anm.) nie vergessen möge, wie Urfahr gepflegt und gehoben werden soll", wie die Tages-Post notierte. Der Linzer Kurzzeit-Bürgermeister Karl Sadleder (er regierte provisorisch zwischen November 1918 und 11. Juni 1919) hob die "geschichtliche Bedeutung der Vereinigung der Städte Linz und Urfahr" hervor.

Linz wuchs durch die Zusammenlegung auf 94.000 Einwohner und gewann 14 Quadratkilometer an Stadtgebiet dazu. Die 42 Quadratkilometer große Stadt war damals trotzdem noch nicht einmal halb so groß wie heute.

Urfahr war anfangs eher ein "Bauernstädtchen", denn hinter der Kreuzung Freistädter Straße/Leonfeldner Straße begannen bereits die Felder, man sprach von einem urfahrtypischen Dialekt, und wenn man über die Brücke nach Linz spazierte, "ging man in die Stadt", erinnert sich ein Zeitzeuge. Mit einem weinenden Auge dachten manche an die Zeit des eigenen Stadtrechts zurück.

"Endlich gleichwertig"

Der Pöstlingberg als Linzer Wahrzeichen, die Universität und das Versprechen, das neue Linzer Rathaus auf "ihrer" Seite zu erbauen, waren wirksame Pflaster auf der verletzten Urfahraner Seele, und so erklärte man anlässlich der 60-Jahr-Feier 1979 mit einem Augenzwinkern, dass man sich nun "endlich gleichwertig" fühle.

Heute, 100 Jahre später, sind die ehemals landesfürstliche Stadt und das Ex-Fischerdorf untrennbar miteinander verwoben. Der Wunsch der Tages-Post ging in Erfüllung.

 Als sich Urfahr vor 100 Jahren mit Linz vereinte
Auf dem Pöstlingberg feierten die Honoratioren Ende Mai 1919 die Fusion.

Wie Linz zwischen 1873 und 1938 wuchs

Wussten Sie, dass auch das heutige Hafenviertel, das Franckviertel und das Makartviertel lange Zeit nicht zu Linz gehörten? Das Gebiet war einst die Gemeinde Lustenau, die 1873 zu Linz kam. Auch Waldegg (Froschberg, Bindermichl, Spallerhof) wurde damals Teil von Linz. Beide Orte sträubten sich, es half allerdings nichts. „Seine Majestät der Kaiser hat mit Allerhöchster Entschließung (...) den Gesetzesentwürfen betreffend die Vereinigung der Gemeinden Lustenau und Waldegg mit der Landeshauptstadt Linz (...) die Sanktion ertheilt“, notierte die Linzer Tages-Post, die 1865 gegründete Vorgängerzeitung der OÖNachrichten, am 14. März 1873.

1915 folgte St. Peter im Osten der Stadt. 1919 kam mit Urfahr und Pöstlingberg ein Großteil der heutigen Gebiete nördlich der Donau zu Linz. Auch Kleinmünchen war einst eine eigene Gemeinde, bis sie 1923 zu Linz kam. Unter dem Nazi-Regime wurden – Ebelsberg im Süden und — St. Magdalena im Norden 1938 Linz zugeschlagen. 1939 musste Leonding schließlich noch das Keferfeld an Linz abtreten. Die Landeshauptstadt hatte damit ihre Ausdehnung von 96 km2 erreicht. Von den ursprünglichen Plänen, auch Leonding, Traun, Pasching, Asten und Puchenau sowie Teile von Gramastetten und Steyregg an Linz anzugliedern, ließen die Nationalsozialisten dann aber doch ab.

Freiwillig zu Linz wollten übrigens schon 1906 die Leondinger Stadtteile Gaumberg, Untergaumberg und Landwied. Leonding soll aber unannehmbare Forderungen gestellt haben, sodass die Angliederung an Linz scheiterte.

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