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Kopfhörer #33: Zuhause in der Muttersprache

Von Reinhold Gruber   21.Jänner 2021

Das Leben kann so schnell an einem vorüber gehen, heißt es in einem der drei Lieder der EP, mit der der in Aschach an der Donau mit seiner Familie lebende Musiker und Songwriter sein Innerstes nach außen kehrt. Mit den Mitteln der Musik drückt er aus, wie schwer ihm der Abschied gefallen ist. Exakt ein Jahr nach ihrem Tod dürfen nun alle an seinen Gedanken teilhaben.

Kraftvoll wie es seine Art ist, musikalisch Geschichten zu erzählen, schwingt über dem Auftakt-Song „Vorüber gehen“ die Erkenntnis, dass in der Schnelligkeit des Lebens zu viel Wichtiges an einem vorbei rast. Wenn sich dann der Tod eines geliebten Menschen in die eigene Lebenswelt einmischt, dann wird einem vieles erst richtig bewusst.

Axel Wolph trauert auf „MutterSprache“ um seine Mama. Sie ist vor einem Jahr, am 12. Jänner 2020 gestorben, hat sich nach jahrelangem Leiden an Alzheimer nun dorthin verabschiedet, wo sie für immer und ewig frei sein wird, wie ihr Sohn befindet. Denn er musste hautnah „den sukzessiven Verfall seiner einst so aktiven, attraktiven und liebevollen Mutter miterleben“, wie er sagt.

Ein Bild, ein Gedanke

An diesem Tag war er in Andalusien. Beeindruckt vom Sonnenuntergang hielt er mit dem Auto irgendwo am Strand an, machte mit seinem Handy genau ein Foto, auf dem er erst später erkannte, dass er auch einen Vogel ablichtete. Die Symbolkraft dieses Bildes sollte sich auch erst entwickeln. Die Parallelität der Ereignisse an diesem Tag - das Foto und der Tod der Mutter - ließen in Axel Wolph den (tröstlichen) Gedanken reifen, als wäre dieser Vogel seine Mutter, die jetzt endlich fliegen dürfe. Das besagte Bild ziert logischerweise das Cover der EP, die genau am ersten Todestag veröffentlicht wurde.

Seine Trauer verbirgt Axel Wolph nicht. „Bin traurig ohne dich, du fehlst mir, zu weit weg von hier“, singt er im sehr persönlichen „Du regnest“, in dem er viele Fragen aufwirft und Wünsche formuliert, die sich im Hier und Jetzt nicht mehr erfüllen lassen. Kein im Arm halten mehr. Keine Antworten auf drängende Fragen. Kein „es wird schon gehen“ mehr, was ihm seine Mutter offenkundig sehr oft als Empfehlung mit auf den Weg gegeben hat, wenn er sich sorgte.

Niemals war sie laut, aber war immer war sie da. Es ist eine versöhnliche Sichtweise im finalen „Immer da“. „Heute kann ich sagen, es war wunderschön, dir jeden Tag in die Augen zu sehen“, singt Axel Wolph da und irgendwie schwingt in diesen Worten das Gefühl mit, dass er den Abschied auch mit einem Lächeln betrachten kann. Oder wie er es ausdrückt: „Ich bin für diese Welt zu spät dran, aber ich weiß, dass sie die Songs trotzdem hören wird.“

Ausdruck einer Verbindung

Mit „MutterSprache“ hat er getan, was seine Mutter schon länger von ihm erhofft hatte. „Es war schon seit Jahren ein großer Wunsch meiner Mum, dass ich auch mal Songs schreibe, die sie sofort verstehen kann", erzählt der Songwriter. Jetzt ist das passiert, was man den Ausdruck einer lebenslangen innigen Verbindung zwischen einer Mutter und ihrem Kind beschreiben kann. Und nun können auch alle verstehen, was seine Mutter für ihn bedeutete. Der Weitgereiste, der in Wien und in Los Angeles Spuren hinterließ, um in Aschach an der Donau mit seiner Familie ein Zuhause zu finden, hat noch etwas anderes gefunden: Richtige Worte zur richtigen Zeit zur richtigen Musik. 

„MutterSprache“ ist mehr als nur eine Momentaufnahme eines Menschen, der die Endlichkeit des Lebens vor Augen geführt bekommt. Es ist gültig für alle, die durch Verlust erkennen müssen, dass das Leben manchmal eben viel zu schnell an einem vorbeizieht. Darum ist das Leben im Moment so wichtig. „MutterSprache“ erinnert auch daran.

Axel Wolph „MutterSprache EP1" (United Indies)

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05. Mai 2024