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Mozart-Entführung in die 20er-Jahre

Von Karin Schütze   18.November 2019

Eine Ohrfeige knallt. Diese Frauen lassen sich von dominanten Männern nichts gefallen. Sie sind selbstbestimmt, was Regisseur François De Carpentries in seiner in die 20er-Jahre verlegten Inszenierung von Mozarts „Entführung aus dem Serail“ unterstreicht: Als Filmemacherin war Konstanze 1911 mit ihrer Freundin Blonde in den Orient gereist, wie viele ihrer freiheitssuchenden Zeitgenossinnen. Jetzt, 13 Jahre später und sechs Jahre nach der Einführung des Frauenwahlrechts, erhält sie Post. Von jenem Mann, der die im Orient Überfallene gekauft hat: Bassa Selim. Sie erwartet ihn mit Blonde, nunmehr Frauenrechtlerin, im Wiener Café Central. Die Erinnerung holt sie ein.

Eine starke, junge Frau stand auch am Dirigentenpult: Mit 27 Jahren ist die Wienerin Katharina Müllner – seit zwei Jahren am Landestheater engagiert –, nur zwei Jahre älter als Mozart war, als er sein „Nationalsingspiel“ im Auftrag Josephs II. komponierte. Mit zielstrebigem Elan leitete sie das leichtfüßig musizierende Bruckner Orchester Linz und ein stimmiges Sänger-Ensemble. Sie wurde mit dem herzlichsten Premierenapplaus bedacht. Brigitte Geller ließ ihre Konstanze mit kraftvoll expressivem Sopran in den Zwiespalt ihrer Gefühle eintauchen. Ihrem Belmonte kehrt sie beim Wiedersehen verwirrt den Rücken zu. Lebendige Frische versprühte Theresa Grabner als Blonde mit geschmeidigem Sopran. Johannes Strauß überzeugte galant in seiner Gastrolle als unbeirrt Suchender. Matthäus Schmidlechner verlieh seinem Kameramann Pedrillo Charme, Michael Wagner gab den liebestoll brachialen Osmin. Hans Schöpflin war ein präsenter, würdevoller Selim.

Ein Hauch Nostalgie

Karin van Herckes liebevoll detailreiches Bühnenbild und Kostüme im Stil der 20er-Jahre verbreiten Nostalgie-Flair, klare Formen erinnern an den Bauhaus-Stil zum 100-jährigen Jubiläum. Stummfilm-Anklänge vermitteln die teils surrealen Videos von Aurélie Remy.

Obwohl die Verlegung des Geschehens in die 20er-Jahre in sich durchdacht und stimmig ist, lässt sie dennoch auch ein Gefühl von Distanz entstehen. Es fällt nicht ganz leicht, sich wirklich vom Geschehen angesprochen zu fühlen. In den kräftigen Schlussapplaus mischten sich vereinzelte Buhs.

Fazit: Ein nostalgisch inszenierter und vor allem musikalisch beglückender Abend.

"Die Entführung aus dem Serail": Singspiel von W. A. Mozart, Musiktheater Linz, 15. 11.

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26. April 2024