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Gabalier "kann weder singen noch stimmt die Sprache"

Von Helmut Atteneder   27.Jänner 2018

Sie singt "Atemlos" und ist dabei so perfekt, so schön, so makellos, so sympathisch und so fröhlich. Hunderttausende folgen ihr, singen und klatschen mit ihrer skandalfreien Heldin, werfen Kusshändchen, offensichtlich im Kollektiv überwältigt von Glückshormonen. Helene Fischer, 33 Jahre alt, ist ihre Heldin. Eine - bevorzugt halbnackt erscheinende - Bühnen-Halbgöttin. Ihre Lieder kennen sie im Schlaf: "Herzbeben lass uns leben, wir wollen was erleben, Herzbeben, vorwärts Herz, lass es beben, beben." Ein belangloser Text, aber er geht "rein". In der Dusche, im Auto, beim Bügeln. Und beim Erdäpfelschälen.

Fischer ist die ungekrönte Königin einer Branche, die zwar oft als banal belächelt wird, deren Umsatz- und Fanzahlen aber Musikern anderer Genres das Herz auch beben lassen. Die Helene Fischers, Andrea Bergs, Vanessa Mais, Florian Silbereisens, Andreas Gabaliers, Hansi Hinterseers und Nik P.s dieser Welt haben eines gemein: Ein perfekt poliertes Image, eine geniale Marketingstrategie.

Frohnaturen

Sie scheinen immer fröhlich zu sein, die Melodien ihrer Lieder sind eingängig, und die gut drei Minuten Text behandeln ekstatische, verletzte oder aufflammende Gefühle. Von Herzschmerz, unvergesslichen Liebesnächten und von Heimat. Wobei letzter Begriff bei manchen – etwa Andreas Gabalier – gern auch einmal ungeniert bei den "guten alten Zeiten" anstreift. Die Fans klatschen trotzdem.

Ein monetärer Erfolgsgarant scheinen Lieder zu sein, die mit der Zahl 1000 zu tun haben. Mit "1000er"-Klassikern der Schlagerbranche wie "Du hast mich tausendmal belogen, du hast mich tausendmal verletzt" (Andrea Berg), "Tausendmal berührt, tausendmal ist nix passiert" (Klaus Lage Band), "Ich hab’ in einer Nacht tausendmal an dich gedacht, das habe ich sonst nicht gemacht" (Tony Marschall) oder Roland Kaisers "Ich hab dich tausendmal geliebt, hab mit dir die Leidenschaft erfunden", wurden Millionen verdient.

In der Numerologie steht die Zahl 1000 unter anderem für himmlische Seligkeit – passend zum Gefühl, das die Schlagerstars bei ihren Fans vornehmlich auslösen – und beim Blick auf den Kontostand.

Atemlos machende Umsätze

Fischer und Konsorten füllen Konzerthallen und Stadien mühelos, und bescheren der heimischen Musikbranche atemlos machende Umsatzzahlen. Rund ein Drittel des Jahresumsatzes von 1100 Millionen Euro entfallen auf die Schlagerbranche.

Von der finanziellen Erlösung träumt auch der Nachwuchs, der auf die Schlagerbühne drängt: "Ich verschweige, wo ich wohne, weil es schon vorgekommen ist, dass eine Oma mit ihrem Buam vor meiner Tür gestanden ist und gesagt hat: ,Mei, der Bua singt so schön. Hättn‘S ned a Liadl für ihn?’", sagt Hanneliese Kreissl-Wurth. Die im Raum Wels Lebende ist eine Art Ikone des Schlagertextens. Florian Silbereisen, Roberto Blanco, Marianne und Michael oder die Seer haben unter vielen anderen ihre Lieder nach Versen der 69-Jährigen gesungen.

Auf den Weg nach oben singen sich derzeit Sängerinnen wie Melissa Naschenweng ("Net mit mir") oder die semi-erotisch performende Schlagerpunkerin Hanna aus Tirol ("Des is Hoamat").

Sie alle wünschen sich eine Karriere, wie sie Andrea Berg hingelegt hat. 15 Millionen Tonträger hat Berg bisher verkauft. Morgen wird der Schlagerstar 52 Jahre alt. Wir wünschen einen feinen Tag. Möge auch die Nacht jede Sünde wert sein.

 

hanneliese kreissl-wurth
Hanneliese Kreissl-Wurth  

4 Fragen an... Hanneliese Kreissl-Wurth, Schlagertexterin

Die 69-Jährige hat bereits mehr als 200 Schlagertexte geschrieben, darunter „Steirermen san very good“ der Stoakogler. Sie wohnt im Raum Wels („Mehr sage ich nicht, wegen der Groupies, die immer wieder vor der Haustür stehen.“)

1. Frau Kreissl-Wurth, was braucht ein Schlagertext, um Hitpotenzial zu generieren?

Ich schreibe über alles, was uns bewegt: Liebe, Enttäuschung, Heimat, Friede, Freude, Eierkuchen. Ich drücke mich aber auch vor schwierigen Themen wie Integration nicht. Wichtig ist, dass sich der Text ordentlich reimt. Hinter dem Text sollte mehr stehen als aufeinander gereimte Belanglosigkeiten. Ohne Gefühl geht es nicht. Mit dir allein, lass uns glücklich sein – das geht ja gar nicht!

2. Warum ist der Schlager nach wie vor ein Dauerbrenner in den Hitparaden?

Hinter den Stars wie Helene Fischer, Florian Silbereisen und Andrea Berg stehen geniale Marketingstrategien. Und das Publikum hat sich nicht geändert. Gehen Sie in ein Livekonzert, dann sehen Sie, wie glücklich die Leute sind, wenn von der heilen Welt gesungen wird.

3. Haben Sie, was die Interpreten betrifft, eine Schmerzgrenze?

Mit viel Geld durch Sponsoren schaffen es auch Leute, die nichts können. Der Herr Gabalier ist ein gutes Beispiel dafür. Der kann weder singen noch stimmt die Sprache. Das ist ein Mix aus Möchtegern-Steirisch und Schönbrunn-Wienerisch.

4. Aber er füllt bei seinen Konzerten das Münchner Olympiastadion.

Ja. Vielleicht, weil er mit dem Unterkörper wackeln kann.

 

Schlager, Hits und Moneten

40 Millionen Euro setzt die heimische Musikbranche mit österreichischem und deutschem Schlagerliedgut jährlich um. Es ist dies gut ein Drittel des Gesamtumsatzes.

111,90 Euro kosten die teuersten Karten für die fünf Konzerte von Helene Fischer vom 13. bis 18. Februar in der Wiener Stadthalle. Alle fünf Konzerte sind so gut wie ausverkauft. Am 11. Juli kommt die 33-Jährige dann wieder nach Wien – und wird das Ernst-Happel-Stadion füllen.

Ewige Bestenliste Singles

Die Top 3 aller Singles, die in der österreichischen Hitparade seit Mai 1964 klassiert sind (nach Wochen).

1. „I sing a Liad für di“ Andreas Gabalier 132
2. „Geboren, um zu leben“ Unheilig 91
3. „Atemlos durch die Nacht“ Helene Fischer 90

Ewige Bestenliste Alben

1. Andrea Berg „Best of“ 669
2. ABBA „Gold Greatest Hits“ 371
3. Helene Fischer „Best of“ 335

Quelle: austriancharts.at

669 Wochen: Am 21. Oktober 2001 stieg Andrea Berg mit ihrem Best-of-Album in die Österreichischen Charts ein – um dort mit kleinen Unterbrechungen für 669 Wochen zu bleiben. Höchste Position war der fünfte Rang. In Deutschland war das Album 349 Wochen in den Charts, in der Schweiz dagegen nur smarte 27 Wochen. Auf dem Album waren Titel wie „Du hast mich 1000 Mal belogen“ und „Geh doch, wenn du sie willst“.

 

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26. April 2024