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"Diese Regierung nimmt nicht mehr Einfluss auf den ORF als frühere"

Von Peter Grubmüller   22.März 2019

Eines wollte Armin Wolf gleich zu Beginn klären: "Ich bin nicht katholisch – und ich würde nie einem Verein beitreten, der keine Frauen aufnimmt." Der Hörsaal 1 an der Linzer Johannes Kepler Universität (JKU) stand Kopf, Frauen aus den hinteren Reihe applaudierten donnernd. Vorne saßen vor allem Mitglieder der katholisch-akademischen Studentenverbindung Austro-Danubia und der Katholischen Hochschulgemeinde. Die beiden Organisationen hatten zum gestrigen Gespräch des ZiB2-Journalisten mit Moderatorin und "Welt der Frauen"-Chefredakteurin Christine Haiden geladen.

Nein, von mächtigen Menschen lasse sich Wolf nicht einschüchtern. Die einzige Angst, die ihn umtreibe, sei jene, sich zu blamieren. Wochen vor seinem Interview mit Russlands Präsident Wladimir Putin im Juni 2018 habe Wolf Blut und Wasser geschwitzt, bis er mit einem ehemaligen Studienkollegen und anerkannten Russland-Experten jedes zu erwartende Detail des Gesprächs im Kreml durchgegangen sei. Und dann habe er Putin in 54 Minuten immerhin elf Mal unterbrochen, was von russischen Medien als "rüpelhaft" bewertet wurde.

"Die FPÖ hasst viele Medien"

Wolf wollte als Kind Pfarrer werden, später Politologe und Nachfolger seines Innsbrucker Professors Anton Pelinka. Beim Landesstudio Tirol habe er nur angeheuert, um sich sein Studium zu finanzieren. 30 Jahre später ist der 52-Jährige der bekannteste TV-Journalist der Republik, der es wissen muss, wenn er sagt, dass die aktuelle Regierung nicht mehr Einfluss auf den ORF nehme als frühere. Auch die SPÖ habe das jahrelang versucht, die ÖVP in früheren Konstellationen um nichts zaghafter. "Nur bei der FPÖ ist das anders, sie hasst den ORF", sagt Wolf, "aber die FPÖ hasst viele Medien."

Wie es vom kleineren Koalitionspartner heißt, soll die ORF-Gebühr ab 2022 Geschichte sein, danach werde der Sender aus dem Bundesbudget finanziert. "Eine Finanzierung aus dem Budget würde aus dem öffentlich-rechtlichen ORF tatsächlich einen Staatsfunk machen", sagt Wolf. Der Sender müsse fortan sämtliche Ausgaben und Inhalte mit dem Finanzminister verhandeln. Wolf: "Medienminister Gernot Blümel (ÖVP, Anm.) ist 36. Er hat nicht einmal einen Fernseher, im fehlt jeder emotionale Zugang zum ORF." Wolf gehe mit keinem Politiker auf ein Bier – auch weil er keinen Alkohol trinkt. Mit sieben, acht Leuten aus der ersten politischen Reihe sei er per Du, "aber nur, weil ich die seit Jahrzehnten kenne". In jedem Interview sei es seine Aufgabe, Gegenposition einzunehmen, unabhängig von der Partei.

Ob die aktuelle Regierung unter einem Bildungsproblem leide, wollte ein Zuhörer wissen, auch weil Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Vizekanzler HC Strache (FPÖ) keine Akademiker seien. "Nein", sagte Wolf, "eine akademische Ausbildung qualifiziert nicht zu einem politischen Amt. Und die Grundidee einer Demokratie ist, dass sich jeder beteiligen darf." Und ob vor der Wahl von US-Präsident Donald Trump der Journalismus versagt habe? Wolf: "Nicht der Journalismus, die Wähler haben versagt." Auch das ist Demokratie.

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