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„Ich bin einfach ein Arbeitsviech!“

Von Von Irene Gunnesch   11.Juli 2009

Eine wilde rote Mähne und Augen wie ein sibirischer Husky. Hell, klar, durchdringend, fixierend. Einmal flaschengrün, dann wieder stahlgrau schillernd, die Pupillen sich mitunter wie schwarze Schlitze in Katzenaugen zusammenziehend. Das ist das Erste, was man bei einem Gespräch mit Maria Moser wahrnimmt. Augen, denen nichts entgeht, die alle Eindrücke aufsaugen. Den bleiern schimmernden Attersee an diesem regnerischen Samstagmittag, das Glühen der Unwetter in den Wolken.

Trotz dieser permanenten Wachsamkeit und Achtsamkeit braucht sie aber die Inspiration von außen nicht für ihre Kunst. Maria Moser: „Auch das Ergebnis ist in den seltensten Augenblicken geplant. Der Arbeitsprozess bedeutet für mich Leben. Das Gestalten, das Kräfteauswerfen und das Bändigen dieser Kräfte.“

Wer Maria Moser beim Arbeiten zusieht, dem könnte sie vorkommen wie eine wild tanzende Hexe, die über ihren Bildgrund wirbelt: „Ich arbeite direkt auf der Leinwand. Steh’ mitten drinnen im Bild. Da spür ich das Ganze unmittelbarer, kann anders reagieren.“

Der körperliche Kraftakt an sich ist ihr immens wichtig, der Weg quasi das Ziel: „Ich bin einfach ein Arbeitsviech. Ich brauche dieses Tun. Und wenn sich das Bild über ein totales Chaos entwickelt, wo ich mit allen Kräften gefordert bin, dann geht es mir darum, diese Kräfte auch wieder einzusammeln, damit es im Bild passt. Wenn mir das dann am Ende gelungen ist, fühle ich eine ganz, ganz große Freude!“

Standbein in der Skulptur

Auf den oft zig Quadratmeter messenden Gemälden ist das keine leichte Aufgabe. Aber – wie sich auch anlässlich Mosers aktueller Ausstellung „Wellenbrecher“ in der Atterseehalle in Attersee am Attersee leicht feststellen lässt – eine virtuos bewältigte und unmittelbar beeindruckende.

Glühende Balken schieben sich einem entgegen, auch steinerne Bollwerke, die Widerständen trotzen. Und das alles in verblüffender Dreidimensionalität. Auch in verblüffender Vermittlung von Bewegung. Sie mache Raumgestaltungen in den Bildern, Räume, in die man mit den Augen hineingehen kann: „Ich habe ja immer auch ein Standbein in der Skulptur, hab eine Zeitlang große Skulpturen gemacht, mich aber für die Malerei entschieden. Beides in der gleichen Wertigkeit und Intensität fortzuführen, wäre für mich unmöglich gewesen.“

Ihre Bildkunst ist derzeit jedenfalls omnipräsent, denn heuer ist es ihr „passiert“, dass sie jeden Monat eine Ausstellung eröffnen muss. Moser zu den OÖN: „Einfach, weil ich konfus bin, und begeistert überall zusage.“ Stress sei es trotzdem nicht: „Ich arbeite immer wieder schubweise, und da hab ich dann sowieso immer mehr, als ich auf einmal zeigen kann!“ Wobei ihr das Ausstellen früher mehr Spaß gemacht habe. Heutzutage sei alles schon übersättigt, verwässert: „Jeder, der auch nur halbwegs einen Pinsel halten kann und irgendwas nachmalt, darf sich Künstler nennen!“.

Nun: Es gibt auch in Linz manche, die versuchen, Mosers Stil zu kopieren. Ärgert sie sich darüber? „Nein“, sagt die in ihrem 400 Jahre alten Elternhaus mitten in Frankenburg lebende Künstlerin, „so wen kann man nur ignorieren. Der stößt ohnehin bald an seine Grenzen, kapiert auch nicht, worum es geht. Da wäre jedes Wort Energieverschwendung.“

Gegen die Verwässerung

Auch wenn man es sich kaum vorstellen kann, aber für Maria Moser gibt es tatsächlich auch Phasen des Urlaubs. Erst vor kurzem ist sie aus Island zurückgekommen: „Island deswegen, weil mein Mann (Anm. d. Red.: der Künstler Heinz Göbel) diese Landschaften gerade so braucht.“ Doch auch sie benötige die Konfrontation mit Natur: „Ich suche da keine Motive, aber die Natur macht mich großzügiger. Ohne dieses Ausliefern an Natur läuft man Gefahr, kleinteilig zu werden, kleinteilig zu denken. Das möchte ich verhindern.“

Das Erkennen eigener Verletzlichkeit, Unsicherheit, habe sie in Island tief getroffen: „Da wird einem bewusst gemacht, was wir alles nicht brauchen in unserer Zivilisation. Eigentlich ist ja ohnehin jeder Mensch dann am glücklichsten, wenn er in der Natur sein kann, diese Kräfte spürt.“ Noch nie sei ihr das Zurückkommen so schwergefallen wie jetzt aus Island.

Existentielle Kräfte zu spüren, Urgewalt zu erleben, ermöglicht jetzt auch ein Besuch der Ausstellung in Attersee. Künstlerische Ergebnisse des „Arbeitsviechs“ Maria Moser, das der Kunst-Verwässerung seine „Wellenbrecher“ entgegensetzt. Atemberaubend radikal und reizvoll in einem.

Info: bis 16. August: Mo-Sa 15-19 Uhr, So/Fei 10-12, 16-19; www.atterseehalle.at
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