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Wie Wähler bereits von Robotern manipuliert werden

Von Barbara Grech   21.Juni 2017

Plakate, Wahlhelfer, die Flyer und kleine Geschenke verteilen, TV-Diskussionen und Politiker auf Tuchfühlung mit den Wählern – das ganz normale Procedere des Wahlkampfs in den Monaten und Wochen vor der Wahl. Auch heute noch. Doch das Buhlen um die Wählerschaft hat sich in den vergangenen Jahren vermehrt ins Netz verlagert. Wurden zu Anfangszeiten der Digitalisierung Likes und Follower auf Facebook und Twitter gekauft, bedient man sich mittlerweile ausgereifterer Mittel. Heute sorgen andere Werkzeuge für die Bewerbung von Parteien und Verbreitung von Inhalten; sogenannte Social Bots.

Bots sind autonom agierende Computerprogramme, die vordefinierte Aufgaben selbständig erledigen. Dabei werden die kleinen Roboter-Programme auf Signalwörter programmiert. Schreibt zum Beispiel ein Nutzer auf Twitter, dass die Biermarke XY die beste der Welt sei, könnte ein Social-Bot von einer Konkurrenzfirma darauf reagieren und binnen Sekunden tausende Tweets mit der gegenteiligen Meinung absetzen. Damit würde nicht nur kurzerhand der erste Beitrag nahezu verschwinden, sondern auch der Twitter-Algorithmus glauben, dass es sich hier um ein relevantes Thema handelt, das den Usern angezeigt werden sollte. Die Twitter-Nutzer bekommen dann bevorzugt Inhalte mit demselben Tenor angezeigt und wissen nicht, dass sie von einem Roboter getäuscht wurden.

Nicht strafbar, sogar sehr günstig

Dass es sich hier um keine düstere Zukunftsvision handelt, sondern diese Praktiken längst Realität sind, zeigt der US-Wahlkampf, der durch den Einsatz von komplex aufgebauten Social-Bots entschieden worden sein soll. Einer Studie der Oxford-Universität zufolge hatten Bots einen massiven Anteil an der Online-Diskussion während der ersten TV-Debatte zwischen den beiden US-Präsidentschaftskandidaten Hillary Clinton und Donald Trump. Demnach war jeder dritte Unterstützer-Tweet von Trump automatisiert erstellt gewesen. Bei Hillary Clinton jeder vierte. Laut der Studie seien zudem ein Drittel der Twitter-Anhänger beider Kandidaten auch keine echten Menschen gewesen. Demnach habe die Online-Diskussion hauptsächlich zwischen Robotern stattgefunden, wodurch maßgeblich auf die Meinungsbildung der realen Wähler Einfluss genommen wurde.

Der Einsatz von Social-Bots ist nicht strafbar, aber dafür relativ günstig. Einer Studie der Konrad-Adenauer-Stiftung zufolge kostet eine Bot-Armee mit 10.000 Profilen 500 Dollar. Mit den nötigen Informationen befüllt, nehmen die Bots gezielt an öffentlichen Debatten teil und lenken Diskussionen in eine bestimmte Richtung.

Österreich schläft noch

In Deutschland wird im Laufe der anstehenden Wahlen der Einsatz von Social-Bots diskutiert. Die Union-Justizminister wollen im Zuge einer Änderung des Telemediengesetzes Facebook und Twitter verpflichten, Bots zu kennzeichnen, um Meinungsmissbrauch zu verhindern. „Bereits ein einzelner Social-Bot kann in sozialen Netzwerken Tag und Nacht tausendfach auf andere Beiträge reagieren – dies nicht selten mit Falschmeldungen oder Hassbotschaften“, erklärt Baden-Württembergs Justizminister Guido Wolf (CDU). „Werden ganze Bot-Armeen in den Meinungskampf geführt, stellt das eine ernsthafte Gefahr für die politische Willensbildung dar.“

Im Gegensatz zu Deutschland gibt es in Österreich keine öffentliche Debatte über den Einsatz von Social Bots im Wahlkampf. Als Nutzer kann man sich kaum davor schützen. Man sollte aber auf jeden Fall darauf achten, wessen Inhalte geteilt werden. Gibt es nur wenige Profilinformationen, gibt es nur wenige Follower, wird nur zu einem bestimmten Thema gepostet und binnen Sekunden auf einen Beitrag geantwortet? Wenn ja, dann schreiben Sie höchstwahrscheinlich mit einem Roboter.

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