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"Emotion ist die neue Währung der Information"

Von Helmut Atteneder   01.Juli 2017

Katharina Schell, stellvertretende Chefredakteurin der Austria Presseagentur, arbeitet an einem in Österreich einzigartigen Projekt: Bei "Source Check", das im Spätsommer startet, sollen die Quellen von "Fake News" aufgedeckt werden.

 

OÖNachrichten: Was ist eigentlich neu an "Fake News", Falschmeldungen gibt es seit der Steinzeit.

Schell: Ich sehe Fake News nicht als die Falschmeldung, die einem Medium aufgrund eines Fehlers passiert ist, sondern als eine bewusst gefälschte Nachricht. Fake News kommen von jemandem, der so tut, als wäre er ein Journalist oder ein Medium und der so tut, als wollte er eine Nachricht verbreiten – aber mit einer ganz klaren Täuschungsintention dahinter.

Also der Poster "besserwiss" zum Beispiel, der im Netz seine Privatmeinung abgibt und sich vom virtuellen Stammtisch 25.000 Likes holt, der ist damit nicht gemeint?

Das ist eigentlich nicht gemeint, aber es gibt einen Graubereich. Fake News wird es, wenn zum Beispiel ein Medium wie der Wochenblick in Oberösterreich mit einer ganz speziellen Agenda unter Anführungszeichen ein Medium betreibt, das so tut, als würde es journalistisch arbeiten, aber in Wirklichkeit Propaganda oder Lügengeschichten verbreitet.

Warum jetzt dieser Hype um Fake News – alles nur dem Herrn Trump geschuldet?

Ja, zum Teil natürlich. Ich traue mich zu wetten, dass kein Journalist vor drei Jahren in Österreich das Wort Fake News kannte. In den USA war da die Qualität enorm, da wurden wirklich viele gefälschte Nachrichten abgesetzt, da gab es viele angebliche Newssites, die in Wirklichkeit aber Wahlkampf gemacht haben. Vor allem natürlich für die Seite von Trump.

Ist vielen die Freude am Teilen und Liken und das damit verbundene Transportieren der eigenen Ansichten wichtiger als die Wahrheit?

Ein Schlüsselfaktor ist die Emotionalisierung. Die Emotion ist eine neue Währung in der Informationsverbreitung geworden, durch diese kleinen, süßen, schnuckeligen Emojis.

Wie schauen perfekte Fake News aus?

Man kann einen anderen Kontext herstellen, in dem man einen eigentlich nicht fragwürdigen Inhalt, etwa eine Kriminal-Meldung einer etablierten regionalen Zeitungsmarke, hernimmt und online stellt, und man schreibt dann darüber "Stoppt den Asylwahnsinn". Und schon habe ich eine völlig andere Aussage. Das ist eine Strategie der Desinformation. Zuspitzen und Dinge weglassen, nur ein halbes Zitat hernehmen.

Für seriöse Medien ist diese Entwicklung Fluch und Segen: Die Frage ist, wie man in der öffentlichen Meinung generell als seriös wahrgenommen werden kann?

Diese Situation kann eine Chance für ernsthaft betriebenen Journalismus sein, weil wir da draußen ganz viele Leser und User haben, die sagen, ich weiß überhaupt nicht mehr, was ich glauben kann. Wir dürfen jetzt aber auch nicht vermitteln: Hey, wir sind die coolen Faktenchecker, weil das haben wir ja schon immer gemacht. Wir müssen sagen, wir sind ein Beruf mit Prinzipien, mit Qualitätskriterien, und so arbeiten wir. Wir haben gerade eine Information bekommen, wir checken gerade, ob das stimmt.

Gibt es bei den Quellen übliche Verdächtige, bei denen man davon ausgehen kann, dass die abgesetzten Meldungen so nicht stimmen?

Es kommt schon einiges dazu bis zur Wahl am 15. Oktober. Man darf jetzt wirklich nicht so tun, als wäre das nur ein Problem rechter oder rechtspopulistischer Gruppen. Ich sage nur "Politiknews", das ist dezidiert SPÖ-nahe.

Sie arbeiten an einem Tool, das die Navigation durch unsichere Quellen erleichtert.

Wir wollen uns das Thema erst einmal vom Quellengesichtspunkt anschauen, mit einer Datenbank von Quellenporträts. Mit Informationen wie: Ist der Betreiber überhaupt offengelegt, sehe ich auf den ersten Blick, wer dahinter steckt? Wenn das nicht so ist, ist bei dieser Quelle automatisch Vorsicht geboten, weil sie zumindest gegen die Impressumspflicht verstößt.

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26. April 2024